Muho wurde 1968 als Olaf Nölke in Berlin geboren. Er studierte Philosophie, Japanologie und Physik an der Freien Universität Berlin. Während seines Studiums ging er für ein Jahr nach Japan, sechs Monate davon verbrachte er in dem buddhistischen Kloster Antaiji. Später wurde er dort als Mönch ordiniert und 2001 von seinem Lehrer als eigenständiger Zen-Meister anerkannt. Nach seiner Ernennung lebte Muho zunächst als Obdachloser in Ôsaka und leitete dort eine Zen-Gruppe. Nach dem Tod seines Meisters wurde er zu dessen Nachfolger in Antaiji berufen, wo er viele Jahre tätig war. Heute lebt er mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Ôsaka.
Vorwort
»Das Leben hat mich auf einen besonderen Weg geschickt. Die Erkenntnisse, die ich in einem japanischen Zen-Kloster gesammelt habe, möchte ich mit anderen teilen.«Abt Muho
Autorentext
Muho wurde 1968 als Olaf Nölke in Berlin geboren. Er studierte Philosophie, Japanologie und Physik an der Freien Universität Berlin. Während seines Studiums ging er für ein Jahr nach Japan, sechs Monate davon verbrachte er in dem buddhistischen Kloster Antaiji. Später wurde er dort als Mönch ordiniert und 2001 von seinem Lehrer als eigenständiger Zen-Meister anerkannt. Nach seiner Ernennung lebte Muho zunächst als Obdachloser in Ôsaka und leitete dort eine Zen-Gruppe. Nach dem Tod seines Meisters wurde er zu dessen Nachfolger in Antaiji berufen, wo er viele Jahre tätig war. Heute lebt er mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Ôsaka.
Leseprobe
Die Hälfte des Lebens
Geburt, Krankheit, Alter, Tod -
vertrödel sie nicht, deine kurze Zeit hier!
Sawaki Kodo
Jeder Mensch stirbt. Selbst ein Kind weiß das schon, doch so mancher scheint es auch im hohen Alter noch nicht akzeptieren zu können.
Wir machen uns Sorgen um das, was nach dem Tod kommen könnte, und vergessen dabei, das Leben zu leben, solange wir es haben. Gibt es ein Leben nach dem Tod? Wer kann das wissen? Aber wenn es so weit ist, werden wir es schon herausfinden. Früher oder später werden wir alle in den Besitz der Antwort kommen. Wir können also gespannt sein!
Die beste Nachricht für das Hier und Jetzt aber lautet: Es gibt ein Leben vor dem Tod.
Selbst wenn es, wie viele Buddhisten glauben, ein Leben nach dem Tod geben sollte, dann wäre ja auch das nur ein weiteres Leben vor dem Tod. Und wenn es ein Leben nach dem Tod gibt, dann muss es auch einen Tod nach dem nächsten Leben geben.
Wenn wir daher die Tage dieses Lebens damit verbringen, über ein Leben nach dem Tod zu phantasieren, von dem wir noch nicht einmal sicher sein können, ob wir es erleben werden, werden wir dann nicht auch das nächste Leben (falls es das tatsächlich geben sollte) vergeuden mit Tagträumereien über das übernächste Leben? Es ist so wie mit einem, der nie etwas zustande bringt, weil er sich ständig sagt: »Noch ist nicht aller Tage Abend. Wenn ich auch heute nicht mehr alles schaffe - morgen ist auch noch ein Tag. Und wenn es in diesem Leben nicht mehr passieren sollte, dann warte ich eben auf das nächste.«
Wir kennen es alle aus eigener Erfahrung: Wenn aus morgen heute wird, verschiebt man das ungelebte Leben einfach um einen weiteren Tag in die Zukunft. Und immer so weiter.
Doch der einzige Tag, den ich wirklich leben kann, ist der heutige. Da hilft mir auch kein nächstes oder übernächstes Leben. Das Leben, das ich heute nicht lebe, wird ewig ungelebt bleiben. Das Leben, das ich in diesem Augenblick lebe, ist das einzige Leben. Es gibt allein das Jetzt. Nur wenn ich diesen Tag so lebe, als wäre er mein letzter, werde ich auch den nächsten zu leben wissen.
Und doch, der Tod ist immer da. Ich sterbe, Sie sterben, jeder stirbt. Und das nicht irgendwann, sondern bereits jetzt, in diesem Moment.
Ob wir es wollen oder nicht, das Sterben hat bereits begonnen, und es existiert kein einziger Augenblick, der uns nicht mit dem Tod konfrontieren würde.
Wie wir über den Tod nachdenken, spiegelt oft die Einstellung wider, die wir gegenüber dem Leben einnehmen. Wie schön könnte doch alles sein, sagen manche, gäbe es nur das Altern nicht, die Krankheit, den Tod. Die Medien machen es uns leicht, ans ewige Leben zu glauben. Jeder Tag verspricht eine neue Erfahrung, jedes Erlebnis wird zum aufregenden Event, und wer sich richtig ernährt, wer joggt und natürlich nicht raucht oder trinkt, wird für immer jung bleiben.
Doch je mehr ein Mensch das Leben bejaht, desto mehr wird er sich vor dem Tod fürchten. Unsere Tage sind gezählt, auch wenn viele versuchen, das Unabwendbare so lange zu ignorieren wie nur möglich. »Ich habe keine Angst vor dem Sterben. Ich möchte nur nicht dabei sein, wenn's passiert.« Wahrscheinlich wird es nicht einmal Woody Allen gelingen, damit durchzukommen.
Im Alltag ist der Tod oft unsichtbar. Wir verbannen ihn auf die Intensivstationen der Krankenhäuser oder in die Zimmer der Pflegeheime, die wir an den Rand der Städte bauen. In den Nachrichten erreicht uns das Sterben im Sekundentakt: Hundert Tote in China, zwanzig in der Türkei, drei oder vier auf der Autobahn. Unfälle, Attentate, Naturkatastrophen. Die Toten füllen die täglichen Schlagzeilen, aber das betrifft uns nicht. Die anderen sterben, nicht wir. Damit können wir leben.
Anders verhält es sich, wenn ein uns naher Mensch stirbt. Sein Tod geht unter die Haut. Wir fühlen uns, als klaffte ein