'Diese Geschichte verfolgt mich', so Albert Damblon, 'da sie mich vor allzu leichtfertigem Reden über den dreifaltigen Gott bewahrt'. In diesem Sinne und im Wissen darum, dass jegliche Antworten neue Fragen hervorbringen, bleiben seine Annäherungen an Gott, das 'Geheimnis des Lebens', tastende, den Zweifel nicht verscheuchende Versuche. Wie stets tut er das, indem er Geschichten erzählt, Geschichten aus der Zeit vor und während seiner 40 Priesterjahre. Das Ergebnis ist kein 'gestrenges, dogmatisches Lehrgebäude', aber lebenssatte Reflexion.

Albert Damblon, Dr. theol., geboren 1947 in Aachen; 1979-1984 Pfarrer in der Eifel; 1980-1995 Dozent für Homiletik am Priesterseminar Aachen, 1985-1995 Dozent für Homiletik am Studienhaus Lantershofen; gleichzeitig seit 1984 Pfarrer in Mönchengladbach, von 2003 bis 2013 Propst der Münsterbasilika in Mönchengladbach.

"Diese Geschichte verfolgt mich", so Albert Damblon, "da sie mich vor allzu leichtfertigem Reden über den dreifaltigen Gott bewahrt". In diesem Sinne und im Wissen darum, dass jegliche Antworten neue Fragen hervorbringen, bleiben seine Annäherungen an Gott, das "Geheimnis des Lebens", tastende, den Zweifel nicht verscheuchende Versuche. Wie stets tut er das, indem er Geschichten erzählt, Geschichten aus der Zeit vor und während seiner 40 Priesterjahre. Das Ergebnis ist kein "gestrenges, dogmatisches Lehrgebäude", aber lebenssatte Reflexion.

Autorentext
Albert Damblon, Dr. theol., geboren 1947 in Aachen; 1979-1984 Pfarrer in der Eifel; 1980-1995 Dozent für Homiletik am Priesterseminar Aachen, 1985-1995 Dozent für Homiletik am Studienhaus Lantershofen; gleichzeitig seit 1984 Pfarrer in Mönchengladbach, von 2003 bis 2013 Propst der Münsterbasilika in Mönchengladbach.

Leseprobe
Kriegsfolgen

Der Krieg war noch nicht lange vorbei. Vielleicht lag er zehn, elf oder zwölf Jahre zurück. Ich war acht, neun oder zehn Jahre alt. Meine Mutter hatte einen Wunsch. Sie wollte unbedingt einmal nach Malmedy. Als Aachener hatte ich den Namen der belgischen Kleinstadt öfters gehört. Sie liegt jenseits des Hohen Venns. Dort sprechen die meisten Einwohner Französisch, nur wenige Deutsch. Von daher galt das Städtchen für mich als Ausland. In Malmedy waren der Krieg und die Grausamkeit der deutschen Besatzung unvergessen, und uns Deutschen fehlte dort nicht nur die Sprache, mit Vergebung konnten wir genauso wenig rechnen. Nachbarschaftlichen Respekt hatte Deutschland schon zu Kriegsbeginn verloren.

In der Stadt angekommen, suchte meine Mutter sofort eine bestimmte Adresse. Wie sie daran gekommen war, wusste ich nicht. Viele Straßen gab es im Zentrum nicht. Auf jeden Fall hing der Wunsch meiner Mutter nicht an der Stadt, sondern an der Straße und einer bestimmten Hausnummer. Sie musste gefunden werden. Vorher wollte sie nicht zurückfahren. Stotternd fragte sie sich durch und fand ihr Ziel, die rue la vaulx, eher eine Gasse, die von geduckten, schmalen Häusern gesäumt wurde. Mit zwei Stockwerken und manchmal mit einer Dachgaube zwängte sich ein Haus an das andere. Ohne Frage, sie waren in Ordnung und wirkten durch eine Schieferabdeckung sauber. Langsam zählte meine Mutter die Hausnummern ab. Dichte Gardinen und trübe, ungeputzte Scheiben verhinderten den Blick in das Wohnzimmer. Plötzlich blieb meine Mutter vor einem Häuschen stehen. Sie hatte auf dem Klingelschild einen Namen gelesen: "Hier ist es." "Was ist hier?", fragte ich naiv. "Hier wohnt Eugen!" "Du meinst, hier war Eugen zu Hause?", ergänzte mein Vater. "Genau!" Ich hörte nur Eugen. Ihn kannte ich nicht. Zu Hause war nie von ihm gesprochen worden. Ein Nachname fiel nicht. Ob Eugens Eltern noch leben, überlegte meine Mutter, ohne den Klingelknopf zu drücken. Mein Vater und ich standen mitten auf der Straße und beobachteten die Szene. Hinter den Tüllgardinen schien sich nichts zu rühren. Die schweren Vorhänge hingen ruhig, und Gummibäume rankten sich hoch. Alles blieb still. "Es scheint keiner zu Hause zu sein", meinte mein Vater. "Ich wollte sowieso nicht klingeln." Ich verstand Mutter nicht. Zuerst wollte sie unbedingt nach Malmedy, dann fand sie, was sie suchte. Aber das reichte ihr.

Jahrzehnte später stöberte ich im Fotoalbum meiner Mutter. Sie hatte es mir überlassen in der Hoffnung, dass ich die Schwarz-Weiß-Bilder einmal sortieren würde. Es gab viel zu entdecken, spannend jedoch wurde es, als mir ein Bild auffiel, auf dessen Rückseite mit Bleistift der Name "Eugen" gekritzelt war. Der Eugen meiner Kindheitserinnerung? Ich wurde neugierig. Das Foto zeigte einen jungen Mann in Uniform, die ich von belgischen Zöllnern an der Grenze kannte. Vermutlich hatte man Eugen während seines Dienstes in der belgischen Armee fotografiert. Seine Spuren hatte sie damals in Malmedy gesucht. Jugendlich stolz hat er das rechte Bein vorgestreckt, mit dem linken steht er auf festem Grund. Sein Blick wandert in den Himmel, ohne sich darin zu verlieren. Die typische Schirmmütze spendet seinen Augen Schatten. Der junge Mann weiß, was er will. Für sein Vaterland Belgien hatte er zu kämpfen. Seine Geschichte ist weitergegangen, so wie die Weltgeschichte weitergegangen ist. Ein, zwei oder drei Jahre nach dem Foto brach der Zweite Weltkrieg aus. Belgien wurde von der deutschen Wehrmacht überrollt.

Ein paar Fotos weiter entdeckte ich eine junge Frau im Arm eines Soldaten. Es war meine Mutter, die zu Beginn des Krieges 19 Jahre alt war. Sie strahlte ihren Partner an. Mir schien, dass sie glücklich war. Das Liebespaar wollte im Moment seines Glücks den Krieg vergessen. Von Bombern und Panzern sah man nichts. Krieg war tatsächlich irgendwo anders. Ich hatte den deutschen Sold
Titel
Gottesflüsterer
Untertitel
Annäherung an ein Geheimnis
EAN
9783429062385
ISBN
978-3-429-06238-5
Format
E-Book (epub)
Hersteller
Herausgeber
Veröffentlichung
31.08.2015
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Anzahl Seiten
144
Jahr
2015
Untertitel
Deutsch
Lesemotiv