Die britische Autorin Alexandra Jones wurde in Indien geboren, wo ihre britischen Eltern die letzten Tage der Kolonialherrschaft erlebten und Indien und Pakistan unabhängig wurden. Auf britischer Seite setzte sie setzt sich für Pakistans Übergang zu einem eigenständigen Staat ein. Später kehrte sie mit ihrer Familie nach England zurück und lebt heute mit ihrem Mann und drei Söhnen in Devon. Sie ist Autorin von zahlreichen historischen Romanen, die in verschiedene Sprachen übersetzt wurden. Ebenfalls bei dotbooks erschienen sind ihre historischen Romane »Das Vermächtnis von Kilmorna House«, »Samsara - Eine Liebe am Ende der Welt«, »Indara - Über den goldenen Dächern von Siam«, »In den Weinbergen von Vinarosa« und »Die englische Ärztin«.
Autorentext
Die britische Autorin Alexandra Jones wurde in Indien geboren, wo ihre britischen Eltern die letzten Tage der Kolonialherrschaft erlebten und Indien und Pakistan unabhängig wurden. Auf britischer Seite setzte sie setzt sich für Pakistans Übergang zu einem eigenständigen Staat ein. Später kehrte sie mit ihrer Familie nach England zurück und lebt heute mit ihrem Mann und drei Söhnen in Devon. Sie ist Autorin von zahlreichen historischen Romanen, die in verschiedene Sprachen übersetzt wurden. Ebenfalls bei dotbooks erschienen sind ihre historischen Romane »Das Vermächtnis von Kilmorna House«, »Samsara - Eine Liebe am Ende der Welt«, »Indara - Über den goldenen Dächern von Siam«, »In den Weinbergen von Vinarosa« und »Die englische Ärztin«.
Leseprobe
Kapitel 1
Einen Monat später und weit entfernt von Whitehall blies Sir David Byngham die Wangen auf wie ein Vogel, der sich in der Kälte aufplustert. In der Wohnung brannte ein Meer von Kerzen. Es sah aus wie in einer russisch-orthodoxen Kirche und war so warm, dass Sir David sich kaum gewundert hätte, wenn Weihrauchduft durch die Zimmer geschwebt wäre. Er fühlte sich ein wenig schuldbewusst.
Er wandte dem knisternden Kaminfeuer im anmutigen Salon seiner Wohnung in der Rue Royale in Paris den Rücken zu, rieb sich die kalten Hände und dankte seinem Schöpfer, dass er seinen Platz nicht mit Jules tauschen musste. Jules war Drehorgelspieler und stand auch heute, wie so oft, in Erwartung großzügiger Almosen der Reichen mit seiner Orgel und dem Kapuzineräffchen Coco vor dem Haus. Wann immer Jules mit seiner Orgel vor der Wohnung in der Rue Royale auftauchte, gab Sir David ihm Geld.
»Soll ich uns Tee bestellen, Papa?«
Joanne betrat den Salon, nachdem sie sich im eiskalten Vestibül hastig ihrer Pelze entledigt hatte. Ihr junges Gesicht glühte. Der Wind draußen pfiff so schneidend kalt, dass sie trotz ihrer dicken Kleidung bis ins Mark durchgefroren war. Sir David betrachtete seine Tochter. Mit ihrem üppigen, bronzegoldenen Haar und ihren bernsteinfarbenen Augen erinnerte sie an ein seltenes, katzenähnliches Lebewesen. Sie war ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten.
Sir David stieß einen wehmütigen Seufzer aus.
»Ja bitte, mein Liebes.«
Nachdem Joanne dem Dienstmädchen Bescheid gesagt hatte und in den Salon zurückgekehrt war, blickte Sir David seine einzige Tochter mit einer Mischung aus Trauer und Melancholie an. Welch schönes Kind! Welch hübsches Mädchen! Joannes Erscheinung zog alle Blicke auf sich, wohin sie auch kam.
Eigentlich wäre es Sir David lieber gewesen, Joanne im heimatlichen Irland zurückzulassen, doch seine Tochter hatte ihn wortreich davon überzeugt, dass es sich unter der Aufsicht einiger Bediensteter in Byngham House im wilden County Wicklow auch nicht sicherer lebte als in Paris. Die Anwesenheit ihres Vaters, so argumentierte sie, war verlässlicher als die jedes anderen Menschen. Und es war wie immer: Wenn Joanne einmal einen Entschluss gefasst hatte, wusste Sir David ihr nichts mehr entgegenzusetzen. Er selbst aber wusste, wie verwundbar sie in dieser aufgewühlten, unruhigen Stadt war!
Seine heutige Begegnung mit Jules kam ihm in den Sinn. Welke Blätter waren wie besessene Derwische über den Bürgersteig getanzt und hatten sich in den Toreinfahrten mit menschlichen Hinterlassenschaften und Müll vermischt. Jules' Lachen hatte gebrochen und hohl geklungen, sein weit geöffneter, zahnloser Mund verzerrte sein Gesicht zur Grimasse. Sir David erinnerte sich, wie missbilligend Jules seine Tochter angesehen hatte, als sie ihre zarte weiße Hand aus dem Muff gezogen und dem Äffchen eine Münze in die ausgestreckte Pfote gelegt hatte.
Coco biss mit seinen scharfen spitzen Zähnen auf den Rand der Münze, um sie auf Echtheit zu prüfen. Für Jules stellten die beiden Ausländer nichts anderes dar als die Aussicht auf einen warmen Geldsegen. Und Sir David hatte die Gereiztheit des alten Mannes bemerkt. Hinter der vorgeschützten Biederkeit des braunhäutigen, alten Mannes spürte Sir David eine unterschwellige Feindseligkeit. Jules gehörte der untersten sozialen Schicht an. Sein Gesicht spiegelte die Enttäuschungen seines Lebens wider. Alle Unbilden der Witterung hatten sich tief eingegraben, Regen und Frost hatten es verhärtet, und der stetig wechselnde Wind des Schicksals hatte Spuren hinterlassen wie in hartem Felsgestein. Jules war zu einem Symbol der Ärmsten und Ausgestoßenen von Paris geworden, denen reiche Briten zuwider waren. Dabei spielte es keine Rolle, dass sie sich mit ein paar Münzen freikauften, ehe sie weiterschlenderten und den menschlichen Abschaum schnell wieder vergaßen.
»Oho, Jules! Sie tun dem armen C