München 1914: Während die Bevölkerung wie im Taumel das hundertjährige Bestehen des königlichen Leibregiments feiert, wird am Isarufer die Leiche eines jungen Mannes gefunden. Die Todesumstände gelten als "pikant", und die Behörden würden den Fall am liebsten unter den Teppich kehren. Doch der junge Kommissär Reitmeyer macht sich gegen den Willen seiner Vorgesetzten auf die Suche nach dem Mörder. Seine Ermittlungen führen ihn von den Arbeitervierteln bis in die Villen der Großbürger. Und in das berühmt-berüchtigte Café Neptun, Vergnügungsort der Offiziere. Ausgerechnet dort stößt er auf eine heiße Spur.
Weil er per Gesetz nicht gegen das Militär ermitteln darf, drängt der Polizeipräsident persönlich Kommissär Reitmeyer, seine Ermittlungen in einem Mordfall einzuschränken. Da macht Reitmeyer eine ungeheuerliche Entdeckung, die nicht nur ihn selbst zum Abschuss freigibt - unmittelbar vor Kriegsausbruch könnte sie das ganze Land in den Untergang stürzen ...

Angelika Felenda hat Geschichte und Germanistik studiert und arbeitet als literarische Übersetzerin in München.


Autorentext
Angelika Felenda hat Geschichte und Germanistik studiert und arbeitet als literarische Übersetzerin in München.

Klappentext
Babylon München: Angelika Felenda lässt ihren Kommissär Reitmeyer in den bewegten 1910er- und 1920er-Jahren ermitteln. Die Fälle ereignen sich im Umfeld geschichtsträchtiger Ereignisse vom Ersten Weltkrieg bis zum Hitler-Putsch.

Leseprobe
2

»Herr Kommissär Herr Kommissär?«

Es klopfte ein paar Mal. Reitmeyer rührte sich nicht. In ihm war Stille. Gespannte Konzentration. Dann ein Rascheln, hauchzart, ein seidiges Flirren die Streicher ein Körper, ein riesiger Vogel, der sein Gefieder rückt, bevor er sich schwerelos ins Blau erhebt. Fächelnde Celli, schmiegsame Flöten, samtdunkler Bass. Dann immer schneller und schneller, seine Finger greifen wie rasend Achtel, Sechzehntel, Zweiunddreißigstel, prestissimo, immer höher schwingt er sich hinauf, mit ihm die Bläser, die Hörner und Tuben, alles Holz, alles Blech, jagen dahin in trunkenem Taumel, im Rausch der Musik Doch plötzlich ein Becken, scharf wie ein Schnitt, ein Horn wie ein Schrei. Der Dirigent senkt die Arme, schlägt mit dem Taktstock ans Pult, immer heftiger, niemand gehorcht. Quietschende Töne, scharrende Bögen, dann Stimmen Kommandos Motorengeheul ein Klopfen

»Herr Kommissär?«

Mit einem Ruck fuhr Reitmeyer hoch und wischte dabei einen Stapel Papiere zu Boden. »Scheiß, verreckter«, murmelte er und ließ sich in seinen Stuhl zurücksinken. Benommen starrte er einen Moment lang auf die Aktenberge, die sich auf seinem Schreibtisch türmten, dann auf Brunner, der in der Tür stand. Wie lange hatte er geschlafen? Kurzer Blick auf die Uhr, bloß ein paar Minuten. Aber während dieser kurzen Zeit die ganze Ouvertüre zum Thannhäuser gespielt. Im Nationaltheater, als erste Geige, mit Mottl am Pult.

»Der reinste Eiskeller hier drin.« Brunner schüttelte den Kopf und schlurfte, ein Bein schwerfällig nachziehend, durchs Büro. Seitdem ihm bei einer Arbeiterdemonstration ein ausschlagendes Pferd die Kniescheibe zertrümmert hatte und er im Außerdienst nicht mehr einsetzbar war, ging er im Präsidium »auf Streife«. Ihm entging keine Unpünktlichkeit, keine Knitterfalte in der Uniform, kein nachlässig geputzter Schuh. Jeglicher Schlendrian war ihm nur Ausdruck der drohenden Gefahr, dass alle Unordnung, aller Aufruhr, das ganze Chaos von der Straße in die Amtsstuben hereinschwappte.

»Und das Fenster sperrangelweit aufreißen! Dabei ham wir Schafskälte. Mit Einbruch von Bodenfrost heut Nacht!«

»Ich hab halt frische Luft gebraucht«, erwiderte Reitmeyer und bückte sich, um die auf dem Boden liegenden Papiere aufzuheben. »Was ist denn das für ein Lärm da draußen?«

»Die Bereitschaft rückt aus. Ein Streik in Sendling.« Brunner schloss das Fenster. »Die Anwohner fühlen sich belästigt. Streikposten raufen sich mit Leuten, die zur Arbeit wollen. Jetzt hams doch ihren Tarif.«

Reitmeyer stöhnte auf. »Wer weiß denn, um was es bei dem Streik überhaupt geht. Und Tariflöhne gelten auch nicht für alle.«

»Trotzdem, das ist noch lang kein Grund zum Rumkrakeelen und Rumraufen.« Brunner warf einen Blick auf die Aktenberge. »Sitzen S wieder seit aller Herrgottsfrüh da? Immer noch an der Arbeit für n Klotz?« Brunner wusste Bescheid. Reitmeyer sollte »Material« zusammenstellen für Klotz, den Oberinspektor, der nächste Woche mit dem Polizeipräsidenten zu einer Konferenz nach Berlin fahren wollte. Bloß ein paar Zahlen, nur ein paar Fakten, hatte es geheißen, um den Herrn in Berlin unsere Arbeit zu illustrieren. Aber es hatte nicht lange gedauert, bis ihm schließlich aufgegangen war, dass er möglichst geschliffen einen ganzen Vortrag ausformulieren sollte. Mit dem Klotz in Berlin glänzen wollte.

»Sind S immer noch n

Titel
Der eiserne Sommer
Untertitel
Kriminalroman
EAN
9783518739327
ISBN
978-3-518-73932-7
Format
E-Book (epub)
Hersteller
Herausgeber
Veröffentlichung
18.08.2014
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Anzahl Seiten
360
Jahr
2014
Untertitel
Deutsch
Features
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet
Auflage
Originalausgabe
Lesemotiv