Vor der Epoche des (hoch-)imperialistischen Zugriffs auf Afrika war eine Reise in das Binnenland des Kontinents für Europäer ein risikoreiches Unterfangen. Dennoch nahmen gebildete Reisende seit der Mitte des 18. Jahrhunderts die Unsicherheiten eines Vorstoßes in Nordost-, West- oder Südafrika auf sich, um der interessierten gelehrten Öffentlichkeit in ihrer Heimat darüber berichten zu können. Sie publizierten umfassende Reisenarrationen, die zur Erweiterung des Wissens auf unterschiedlichsten Feldern beitragen sollten. Dabei bildete die individuelle Reiseerfahrung mit ihren spezifischen Verunsicherungen einen »roten Faden«, an den vielfältige Erkenntnisse angeknüpft wurden. Anke Fischer-Kattner geht den Spuren nach, die präkoloniale Reisende in der Verarbeitung ihrer Erlebnisse zu Wissen schaffenden Publikationen hinterließen. Dabei zeigt sich schon in den veröffentlichten Texten, dass die reisenden Europäer ihre Erfahrungen nicht allein kontrollierten. Sozio-kulturelle Prägungen und Vorgängerpublikationen gaben den Reisenden Themen vor, die sie in ihren Darstellungen individuell variierten. Insbesondere drei ausführlich präsentierte Fallbeispiele von Reisen ins äthiopische Hochland machen dabei jedoch deutlich, dass auch die »Anderen« in der Narration nicht nur Projektionsfläche waren. Afrikanerinnen und Afrikaner erscheinen hier als Charaktere mit eigener Handlungsmacht. Archivalisch erhaltene Aufzeichnungen der Reisen bieten ergänzende Einblicke in die konkreten Prozesse, in denen die Reisenden Erfahrungen zu Wissen verarbeiteten. Über theoretisch reflektierte Lesarten der erhaltenen Spuren von Selbst-Ver(un)sicherung gelingen schließlich Annäherungen an die Leerstelle der vergangenen Begegnung mit Fremden.



Autorentext

Dr. Anke Fischer-Kattner ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Historischen Institut der Universität der Bundeswehr in München.



Zusammenfassung
This study analyzes the travelogues of European travelers to Africa and asks how the encounters between the Europeans and the strangers were then turned into knowledgeable publications. A trip to the depths of precolonial Africa was always a risky undertaking for Europeans. Yet many cultured travelers took on this risk in order to visit previously unknown territories. And then they published their comprehensive travelogues. The author of this volume takes a look at these many knowledge-creating travelogues and how they evolved. She shows that the travelogues combined very individual experiences of uncertainty with socially colored perceptions. These examples of trips to the Ethiopian Highlands show that the strangers in these travelogues were not just projection surfaces, but also remain characters of their own accord.
Titel
Spuren der Begegnung
Untertitel
Europäische Reiseberichte über Afrika 1760-1860
EAN
9783647360812
Format
E-Book (pdf)
Veröffentlichung
20.05.2015
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Dateigrösse
5.88 MB
Anzahl Seiten
573