Hollyhill 1964/65: Jocie Brooke hat eigentlich geglaubt, dass nach den dramatischen Ereignissen des Sommers 1964 sie nichts mehr würde umhauen können. Aber das war noch gar nichts im Vergleich dazu, was jetzt auf sie, ihre Familie und die restlichen Bewohner von Hollyhill zukommt. Ihr Vater David nimmt endlich all seinen Mut zusammen und stellt Leigh die Frage aller Fragen. Doch dürfen die beiden wirklich auf ein Happy End hoffen? Denn es gibt jemanden, der ihre Hochzeit um jeden Preis verhindern will. Und der nichts unversucht lässt, um an sein Ziel zu gelangen. Als dann auch noch zwei Menschen in Hollyhill auftauchen, mit denen dort nun wirklich niemand gerechnet hat, ist irgendwann gar nichts mehr sicher. Wird er tatsächlich kommen: Jocies langersehnter Sommer des Glücks? Der fulminante Abschluss der Trilogie rund um die Familie Brooke.

Autorentext
Ann H. Gabhart hat bereits mit zehn Jahren ihre Liebe zum Schreiben entdeckt. Sie ist verheiratet, Mutter von drei Kindern und lebt auf einer Farm in Kentucky.

Leseprobe
1 Der Diamant war klein. Noch kleiner sogar, als er ihn in Erinnerung hatte. David Brooke saß an seinem Schreibtisch im hinteren Büro des Hollyhill Banner und starrte auf den Ring seiner Mutter. Im Vorzimmer hieb Zella auf ihre Schreibmaschine ein und hinter ihm spuckte die Druckerpresse die ersten Anzeigenseiten der nächsten Zeitungsausgabe aus. Das Poltern der Presse war ein gutes Geräusch. Es bedeutete, dass nichts kaputt war. Gott sei Dank, dass Wes wieder arbeiten und das launische Ding am Laufen halten konnte. Jocie versuchte, den Lärm zu übertönen, als sie Wes etwas zurief, dann lachte sie. David konnte nicht verstehen, was sie sagte, aber auch das war ein gutes Geräusch. Dass Jocie lachte, glücklich war und ganz sie selbst. Sie würde ihn auslachen, wenn sie sähe, wie er den Diamanten anstarrte und sich wünschte, der Stein wäre größer. Eigentlich sollte er an seinem Editorial arbeiten. Das hatte er als Grund dafür angegeben, dass er die Tür zum Büro geschlossen hatte. Aber über seinen Herausgebertext machte er sich eigentlich gar keine Gedanken. Er könnte mit Leichtigkeit ein paar Absätze über den neuen Weihnachtsschmuck zusammenschreiben, den der Stadtrat endlich genehmigt hatte und der gerade an den Straßenlaternen der Main Street aufgehängt worden war. Grüne Plastikkränze mit roten Beeren. Nachts im Schein der Laternen sahen sie beinahe hübsch aus. Und wenn er dann noch nicht genügend Wörter zusammenhätte, könnte er immer noch etwas über den Weihnachtsumzug hinzufügen, der am Samstag stattfinden würde. Mit dem Umzug sollte in Hollyhill die weihnachtliche Einkaufssaison 1964 eingeläutet werden. Die Geschäfte in der Main Street lockten mit Sonderangeboten und verteilten Pfefferminzstangen und Zuckerplätzchen, um die Einwohner der Stadt dazu zu bewegen, bei ihnen zu kaufen, anstatt nach Grundy oder Lexington zu fahren, um ihre Einkäufe dort in den großen Kaufhäusern zu tätigen. Wenigstens hatte die Stadt mit der Werbeaktion zum Geschenkekaufen bis nach Thanksgiving gewartet. Nicht alle hatten so lange gewartet. Zella hatte ihm letzte Woche berichtet, sie habe ihre Geschenke schon vor Wochen gekauft. Wochen! Dann hatte sie ihm diesen prüfenden Blick zugeworfen, unter dem er sich immer wie ein verlegener Zehnjähriger fühlte, und gefragt: Und was schenkst du Leigh? Als er etwas davon gestammelt hatte, dass ja noch genug Zeit zum Einkaufen sei, hatte sie die Augen noch etwas mehr zusammengekniffen und gesagt: Also wirklich, David. Manchmal glaube ich, du bist ein hoffnungsloser Fall. Du kannst nicht an Heiligabend losziehen und Leigh eine Schachtel dieser schrecklichen Pralinen kaufen, in die man den Finger stecken muss, um zu sehen, ob sie überhaupt essbar sind, und erwarten, dass sie sich freut. Immerhin geht ihr seit Monaten miteinander aus. Wenn gemeinsame Gemeindeveranstaltungen und Besuche im Grover's Grill als Ausgehen gelten können. Wir haben ein Picknick gemacht. David war wichtig gewesen, dass Zella den einzigen Versuch eines romantischen Rendezvous nicht vergaß. Klar. Zella hatte die Augen verdreht. Auf der Kuhwiese hinter eurem Haus. Das war für das arme Mädchen bestimmt der Höhepunkt des Jahres. Tabithas Baby konnte jeden Augenblick kommen. Wir mussten doch in der Nähe bleiben. Und wie alt ist Tabithas Baby jetzt? In der nächsten Woche wird es drei Monate. Genau. Zella hatte ihn angefunkelt. Leigh hat sich nicht beschwert. Sie sagt immer, sie mag unsere Runden im Park und die Basketballspiele der Hollyhill Tigers. Und mit Jocelyn einzukaufen oder auf Stephen Lee aufzupassen. Natürlich beklagt sie sich nicht. Dafür ist sie zu nett. Vielleicht netter, als ihr guttut. Aber ich sage dir, David, sie ist ein Schatz. Und es wird Zeit, dass du die Augen aufmachst und das erkennst. Sie hat etwas besonders Schönes zu Weihnachten verdient. Zella hatte ihm den Zeigefinger in die Brust gebohrt. Von dir. Du hast ja recht. Zella zuzustimmen, war manchmal die schnellste Methode, um sie von ihrem Kriegspfad abzubringen. Ich gehe nächste Woche einkaufen. Aber kein Strickset mit Mütze und Handschuhen oder so etwas. Etwas Romantisches. Zellas Miene hatte sich von streng zu verträumt gewandelt, so als würde sie im Geiste den letzten Liebesroman, den sie gelesen hatte, nach Ideen durchforsten. Ein Parfüm. Nicht das billige Zeug, sondern etwas, das in der Drogerie hinter der Theke steht. Chanel Nummer 5 vielleicht. Oder ein goldenes Medaillon. Ja, das wäre noch besser. Echtes Gold natürlich. Wie wäre es mit goldfarbenen Hausschuhen? Leigh hat neulich gesagt, der Boden in ihrer Wohnung sei immer so kalt, hatte David versucht, einen Scherz zu machen. Zella war nicht zu Scherzen aufgelegt gewesen. Sie hatte ihn entsetzt angeschaut. Du bist wirklich ein hoffnungsloser Fall. Ich weiß nicht, was Leigh an dir findet. Ich auch nicht, hatte David zugegeben. Aber Leigh fand etwas an ihm und darüber war er froh. Er wollte, dass sie weiterhin etwas an ihm fand, auch wenn er eigentlich zu alt für sie war und keine Ahnung von Romantik hatte. Das war der Grund, warum er jetzt auf den Ring starrte, den er zwischen Daumen und Zeigefinger hielt. Er wischte den Diamanten mit dem Ärmel seines Pullovers ab. Dadurch glänzte er ein bisschen mehr, aber größer wurde der Stein davon auch nicht. Als David den Ring vor sechs Jahren zum letzten Mal am Finger seiner Mutter gesehen hatte, war ihm der Stein nicht so klein vorgekommen. Er hatte gedacht, der Ring würde mit ihr begraben, aber nach der Trauerfeier hatte Gordon Hazelton ihm die Ringe seiner Mutter und ihre Uhr in einem kleinen braunen Umschlag übergeben und ihm gesagt, er solle sich erst nächste Woche Gedanken über die Bezahlung der Beerdigung machen. Als ob eine Woche etwas daran geändert hätte, wie viel Geld David auf dem Konto hatte. Geld. In der Bibel stand, dass Menschen sich keine Sorgen um Geld machen sollten. David hatte Predigten darüber gehalten, dass Christen dem Herrn vertrauen sollten, was ihre Bedürfnisse betraf. Und hatte Paulus nicht an Timotheus geschrieben, dass die Liebe zum Geld die Wurzel allen Übels sei? Nicht das Geld selbst, sondern die Liebe zum Geld. Genug Geld, um einen Mann und seine Familie vor dem Armenhaus zu bewahren, war gut. Ein Segen sogar. David warf einen Blick auf den Stapel Rechnungen, der auf der Ecke seines Schreibtischs lag. Krankenhaus- und Arztrechnungen. Es war erstaunlich, wie viel es gekostet hatte, Stephen Lee auf die Welt zu holen. Eine Rechnung von Garys Werkstatt, weil die Bremsen von Davids Wagen hatten repariert werden müssen. Und dann waren sie letzte Woche aufgestanden und hatten gesehen, dass der Kühlschrank in einer Pfütze stand. Wilson vom Haushaltswarengeschäft am Ende der Straße hatte gesagt, eine Reparatur lohne sich nicht und sei nicht für dreißig Dollar zu machen. In einem kurzen Gespräch hatte David sich von Wilson überreden lassen, einen neuen doppeltürigen Kühlschrank zu kaufen, anstatt zu warten, bis er ei…
Titel
Ein Sommer des Glücks
Übersetzer
EAN
9783868277593
ISBN
978-3-86827-759-3
Format
E-Book (epub)
Hersteller
Veröffentlichung
01.05.2017
Digitaler Kopierschutz
frei
Dateigrösse
0.65 MB
Anzahl Seiten
318
Jahr
2017
Untertitel
Deutsch
Auflage
1., Auflage
Lesemotiv