Der Diskurs 'familiale Altenfürsorge und Pflege' ist durch vermeintliche Gewissheiten gekennzeichnet, die angesichts des demografischen Wandels in krisenhafte Szenarien über die Grenzen der Belastbarkeit von Staat, Gesellschaft und Familie münden. Die vorliegende Veröffentlichung dekonstruiert diese Gewissheiten und weist nach, dass und wie der Diskurs Wahrheiten zum Generationen- und Geschlechterverhältnis und zur familialen Sorgearbeit generiert und konstituiert. Die Autorin plädiert darüber hinaus für einen prinzipiell anderen Interpretationsrahmen und zeigt anhand der Bindungs- und Anerkennungstheorie zwei Perspektiven auf, durch die Fürsorglichkeit und Solidarität als Ausdruck emotionaler Bindung und ethischer Praxis im Kontext der Pflege verstehbar werden, ohne Fragen der Generationen- und Geschlechtergerechtigkeit auszuklammern.



Eine Analyse des Diskurses

Vorwort
Eine Analyse des Diskurses

Autorentext
Dr. Anne-Christin Kunstmann ist Wissenschaftliche Angestellte an der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Bielefeld.

Zusammenfassung
Alte pflegebedürftige Menschen werden hauptsächlich in und von der Familie versorgt; Die Zukunft familialer Pflege ist unsicher; Die Pflege hilfebedü- tiger alter Menschen ist belastend; Pflegende benötigen Unterstützung; - nerhalb der Familie übernimmt primär eine weibliche Pflegeperson die Vers- gung und Pflege; Die Pflegebereitschaft sinkt ... Es sind diese, so oder ähnlich formulierte Gewissheiten, die den Diskurs zur familialen Altenfürsorge und Pflege in den letzten zwei Jahrzehnten do- nierten und auch derzeit dominieren. Als unstrittig galt und gilt erstens die quantitative Dimension der familialen Pflege im Vergleich zur institutionellen Versorgung alter pflegebedürftiger Menschen (z. B. Höhn 1995; Schneekloth/Potthoff/Piekara/Rosenbladt 1996; 1 Stat. Bundesamt 2001, 2003, 2005, 2008; Landtag NRW 2005 ). Bereits die frühen Kontroversen vor Einführung des Gesetzes zur sozialen 2 Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit im Jahr 1995 einigte die E- schätzung, dass die Familie als zentrale Institution im Hinblick auf die Sorge, Unterstützung, Hilfe für und Pflege von älteren Menschen anzusehen sei: Die Familie galt als der größte Pflegedienst der Nation (Höhn 1995; z. B. auch Landtag NRW 2005). Die im Kontext der Etablierung des Pflegeversicherun- gesetzes durchgeführten Studien widerlegten den Mythos von leichtfertig in - stitutionen abgeschobene, pflegebedürftige und/oder alte Menschen zusätzlich (z. B. Wahl/Wetzler 1998; Blinkert/Klie 1999; Schneekloth/Müller 1998; Stat. Bundesamt 2001). Nicht zuletzt durch die Einführung der Pflegeversicherung selbst wurde die Bedeutung der Familie im Hinblick auf die soziale Integration sowie die emotionale und instrumentelle Unterstützung älterer Menschen tra- parent. Es wird von einer eindeutigen Dominanz des familialen Hilfesystems in

Inhalt
Erkenntnisinteresse und methodisches Vorgehen.- Rekonstruktion des diskursiven Rahmens.- Familiale Altenfürsorge und Pflege: Ein Szenario der Risiken?.- Analyse relevanter Diskursstränge.- Pflege ohne Kontext Die Belastungen der Pflege und die belasteten Pflegenden.- Das Pflegeversicherungsgesetz Unbestimmtheit zwischen Retraditionalisierung und sozialpolitischem Bemühen.- Zwischen Marginalisierung, Funktionalisierung und Klientifizierung Der Status Angehöriger in der Altenhilfe.- Zwischen Lebensweltorientierung und Therapeutisierung Die Beratung pflegender Angehöriger.- Innerfamiliale Verbundenheit und Gerechtigkeit als Perspektiven auf die familiale Altenfürsorge und Pflege Ein Ausblick.- Innerfamiliale Verbundenheit als vernachlässigte Perspektive auf die familiale Altenfürsorge und Pflege.- Gerechtigkeit, Solidarität, Fürsorge und Anerkennung sozialpolitiktheoretische Perspektiven und ihre Bedeutung für eine andere Ordnung in der familialen Altenfürsorge und Pflege.
Titel
Familiale Verbundenheit und Gerechtigkeit
Untertitel
Fehlende Perspektiven auf die Pflege von Angehörigen - Eine Diskursanalyse
EAN
9783531922263
ISBN
978-3-531-92226-3
Format
E-Book (pdf)
Herausgeber
Veröffentlichung
12.01.2010
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Anzahl Seiten
486
Jahr
2010
Untertitel
Deutsch
Auflage
2010
Lesemotiv