Bandi ist das Pseudonym des ersten literarischen Dissidenten aus Nordkorea. Sein Buch ist die Sammlung von sieben Geschichten, die in den Neunziger Jahren geschrieben wurden und erst jetzt unter riskanten Umständen aus dem Land gelangt sind. In schlichter Poesie und mit feinem Sinn für Humor erzählt der Autor von einem Leben, das vom totalitären Regime durchdrungen ist. Da ist der junge Bauer, dem die nötige Reisegenehmigung fehlt, um seine sterbende Mutter in einer nahen Provinz zu besuchen. Und die Ehe eines jungen Ingenieurs zerbricht an den vererblichen Hierarchien. Der Autor der Geschichten klagt an, macht keinen Hehl aus seiner Wut auf das Regime. 'Denunziation' ist ein einzigartiger Blick in ein abgeschottetes Land und ein so mutiges wie beeindruckendes Stück Literatur.

'Bandi', born in 1950, is a writer certified by the DPRK government and member of the Central Committee of the Joseon Writers Alliance. After witnessing the events of the 'arduous march' from the late 1980's through the 1990's, Bandi became a sharp critic of the North Korean regime which he blames for mass starvation and human suffering. In his work, Bandi records the suffering of common North Koreans who have no one they can commiserate with.

Vorwort
»Man denkt an Orwell und Kafka, nur existiert dieses Land wirklich.« L'Express

Autorentext

"Bandi", born in 1950, is a writer certified by the DPRK government and member of the Central Committee of the Joseon Writers Alliance. After witnessing the events of the "arduous march" from the late 1980's through the 1990's, Bandi became a sharp critic of the North Korean regime which he blames for mass starvation and human suffering. In his work, Bandi records the suffering of common North Koreans who have no one they can commiserate with.



Leseprobe
VORWORT

THOMAS REICHART
Leiter des ZDF-Studios Ostasien
in Peking

Nordkorea ist ein rätselhaftes Land, das sich vom Rest der Welt abschottet wie kaum ein anderes. Nachrichten und Bilder aus Nordkorea sind rar. Und das, was wir zu sehen bekommen, gibt nur noch mehr Rätsel auf: Ein junger Diktator, der durch rosafarbene Waisenheime stakst, gefolgt von einer Entourage von Hintersassen, die jedes seiner Worte notiert. Ein Diktator, der von einem Balkon am Kim-Il-Sung-Platz in Pjöngjang paradierenden Raketen zuwinkt und in seinen Reden die Welt mit Atomwaffen bedroht. Und im Fernsehen immer wieder dieselbe Nachrichtensprecherin in koreanischer Tracht, die Regimepropaganda verkündet im Duktus von Gewehrsalven.

Über den Alltag der Menschen in Nordkorea aber wissen wir nur wenig. Mich als Fernsehkorrespondenten lässt Pjöngjangs Führung nur ausnahmsweise ins Land. An meiner Seite habe ich dann stets zwei nordkoreanische Begleiter, die jeden meiner Schritte überwachen und mir nur das zeigen, was sie mir zeigen sollen. Rosafarbene Waisenheime zum Beispiel. Es ist eine Inszenierung für ein westliches Publikum, die selbst natürlich schon viel über Nordkorea erzählt. Denn gleichzeitig berichten die Vereinten Nationen, dass jedes dritte Kind unter fünf Jahren in Nordkorea chronisch mangelernährt und in seiner Entwicklung zurückgeblieben sei.

Bandis Kurzgeschichtensammlung »Denunziation« hat seit der ersten Veröffentlichung in Südkorea vielleicht genau deshalb so viel Interesse hervorgerufen, weil sie einen so raren und ungewohnten Einblick gibt in die Alltagswelt der Nordkoreaner. Das Buch wird im Westen von einem guten Dutzend renommierter Verlage herausgegeben und hat ein großes Presseecho ausgelöst. Dabei sind Text und Autor selbst zunächst einmal ein Rätsel. Bandi ist ein Pseudonym, das so viel heißt wie »Glühwürmchen«. Es beschreibt vielleicht ganz gut das Selbstverständnis Bandis, dessen Geschichten von einem düsteren Land erzählen, in dem jede menschliche Regung abseits der Parteilinie in einer Tragödie enden kann. Bandi beschreibt das Elend, das Aufbegehren und das Scheitern seiner Protagonisten wie jemand, der tief ins Dunkel blickt, um den Hoffnungsschimmer zu entdecken.

Wir wissen nicht, wer Bandi ist. Den Weg zur Veröffentlichung hat das Manuskript von einer Hilfsorganisation für nordkoreanische Flüchtlinge über eine international tätige Literaturagentin in den Westen gefunden. Nach Angaben dieser Hilfsorganisation sei Bandi ein Autor, der immer noch in Nordkorea lebe. Das Manuskript habe er über Jahre bei sich versteckt, es sei erst kürzlich über eine Verwandte und Do Hee-Yoon, den Vorsitzenden der Hilfsorganisation, aus Nordkorea herausgeschmuggelt worden. Ob diese Version stimmt, können wir nicht nachprüfen. Denn Doo Hee-Yoon hat erklärt, um die Identität des Autors geheim zu halten und zu schützen, habe er den größten Teil der biografischen Angaben verändert. Außerdem habe er im Text die Namen von Städten oder Regionen geändert, die Nordkoreas Behörden Hinweise geben könnten. Das alles sei zum Schutz des Autors und seiner Familie geschehen.

Angesichts der Ruchlosigkeit, mit der die Kim-Diktatur mit Kritikern umgeht, ist das verständlich. Letztlich sind Autor und Text aber damit auch für uns nicht identifizierbar. Es ist für mich trotz eigener Recherchen in Südkorea deshalb ungeklärt, wer Bandi tatsächlich ist, ob er wirklich in Nordkorea lebt oder lebte, woher das Manuskript stammt und wie es letztlich nach Südkorea kam. Vieles ist vorstellbar, sogar dass Bandi ein Konstrukt ist. Dieser Vorwurf jedenfalls wurde von Kritikern der Veröffentlichung in Südkorea erhoben. Bandis Geschichten sind dort unmittelbar politisch aufgeladen, werden einsortiert in die alles überragende Frage, wie sich der Süden gegenüber dem Norden verhalten solle, wie eine Vereinigung zu erreichen sei. Es gibt in Südkorea bei diesem Thema zwei große Lager: Die sogenannte »Sonnen

Titel
Denunziation
Untertitel
Erzhlungen aus Nordkorea
Autor
Übersetzer
EAN
9783492965910
ISBN
978-3-492-96591-0
Format
E-Book (epub)
Hersteller
Herausgeber
Veröffentlichung
02.05.2017
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Dateigrösse
1.49 MB
Anzahl Seiten
224
Jahr
2017
Untertitel
Deutsch
Features
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet