Autorentext
Über die Autorin Birgitta Eichhorn lebt und arbeitet in Landau an der Isar. Bisher sind von ihr erschienen: "Der Kaufmann von Straubing", eine Kriminalgeschichte, die den Leser in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges entführt. "Das Kräuterweib vom Wachsenden Felsen" kam 2010 in die Buchhandlungen; der abenteuerliche Roman aus der Zeit Ludwigs des Reichen handelt hauptsächlich in Landshut. Die Bücher sind über den Buchhandel erhältlich. Bitte besuchen Sie die Autorin auch auf ihrer Internet- Seite unter www.birgitta-eichhorn.net
Klappentext
Aus Rache stiehlt Käthe das Neugeborene der Gräfin von Leonsberg, schiebt es der eigenen Schwiegertochter Magdalena unter und behauptet, diese habe zeitgleich mit der Gräfin Zwillinge geboren. Das Wissen über die wahre Abstammung beider Kinder wird mit Käthe begraben. Jahre später nimmt die kinderlose Gräfin die halb verhungerten Knaben auf. Sie wachsen als gräfliche Erben heran. Der Kampf um zwei geheimnisvolle Reliquien, deren Besitzanspruch sowohl von Papst Alexander als auch vom Templerorden behauptet wird, führt zwei Tempelritter nach Leonsberg. Einer von ihnen kann das Geheimnis von der Abstammung der Erben von Leonsberg enthüllen. Es kommt zur dramatischen Konfrontation. Wird sich der uralte Fluch, der auf den Leonsbergern lastet, nun erfüllen?
Leseprobe
Psalm 18,4 Lobpreisend rufe ich zum Herrn; so werde ich befreit von meinen Feinden. Kapitel I Im Heiligen Land, anno 1144 Der einsame Reiter konnte seine Verfolger hören. Er musste um alles in der Welt die Felsen erreichen, die sich nur ein paar hundert Schritte entfernt vor ihm, wie von Riesenhand hingeschleudert, auftürmten. Dort befanden sich Höhlen, soweit er sich erinnerte, die so verzweigt waren, dass ihn seine Verfolger niemals mehr finden würden. Aber seine Kräfte schwanden wegen einer Pfeilverletzung, die er sich am Vortag zugezogen hatte, zusehends dahin, genauso wie die seines zuschandengerittenen Pferdes. Der kleine schwarze Araberhengst stolperte immer wieder und es war absehbar, wann er zusammenbrechen musste. Allah, hilf deinem treuen Diener! Nur noch bis zu den Felsen, dann bist du von mir erlöst, flüsterte der Mann seinem Pferd zu und trieb es noch einmal an. Die vor Hitze flimmernde Luft ließ die Felsen näher erscheinen als sie es in Wirklichkeit waren. Die Entfernung wollte sich einfach nicht verringern. Da stolperte der Hengst erneut und konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Er brach zusammen, schleuderte seinen Reiter dabei einige Schritte weit zur Seite und blieb schwer atmend im heißen Sand liegen. Ein Schmerzensschrei entfuhr dem Mann, da sich die Pfeilspitze, die in seinem rechten Oberschenkel steckte, durch den Sturz weiter in sein Fleisch gebohrt hatte. Allah erlöse dich von deinen Qualen!, flehte er, bevor er sich mühsam erhob, seinem Pferd einen letzten Blick zuwarf und, so gut es mit seiner Beinverletzung ging, zu laufen begann. Die Schreie, mit denen seine Verfolger ihre Pferde antrieben, wurden immer lauter, aber er wagte es nicht, auch nur einen Blick zurückzuwerfen. Ich muss es schaffen, ich muss!, keuchte er. Minuten später gelangte er in den Schatten der ersten Felsen und der nahe, finstere Höhleneingang versprach Sicherheit, vielleicht Wasser und vor allem die lang ersehnte Ruhe nach der tagelangen Verfolgungsjagd. Als die Dunkelheit der Höhle ihn aufnahm, tastete er sich stolpernd an der kühlen Wand entlang, bis ihn vollkommene Stille umgab. Da, bestimmt hat sich der Ungläubige in die Höhle geflüchtet!, rief einer der vier Tempelritter, die den Sarazenen verfolgt hatten. Er sprang von seinem Pferd und wollte mit gezogenem Schwert in die Höhle stürmen, als ihn ein scharfer Befehl seines Vorgesetzten davon abhielt. Bleibt hier! Seid Ihr wahnsinnig? Ihr wisst nicht, welche Überraschung Euch da drin erwartet. Ihr kennt die Sarazenen noch nicht. Wir gehen nicht ohne Deckung hinein, habt Ihr verstanden? Womöglich ist es ein Treffpunkt für weitere Krieger und Ihr lauft denen direkt in die Krummschwerter! Aber da sind große Blutstropfen im Sand! Der wird's nicht mehr lange machen, wenn er so viel Blut verloren hat!, meinte ein anderer. Inzwischen waren alle von ihren Pferden gestiegen und musterten die Umgebung. Keine weiteren Spuren im Sand zu sehen, sieht aus, als ob wir alleine wären, brummte einer der Templer. Seht doch, hier am Eingang, diese seltsamen Zeichen im Fels! Tatsächlich waren verschiedene Tiere, ein Pferd, ein Fisch, ein Löwe, eine Schlange und ein Falke in den Stein geritzt. Auf der anderen Seite des Eingangs konnte man einen Baum, eine Blume und ein Kreuz erkennen. Auch andere, für die Ritter nicht zu definierende Zeichen waren vorhanden. Das sind wahrscheinlich Schriftzeichen, aber ich kann sie nicht lesen, murmelte der Anführer des kleinen Trupps mit gerunzelter Stirn. Los, holen wir uns den Kerl jetzt!, schlug einer der jüngeren Ritter vor. Ich nehme eine Fackel mit. Er machte sich an den Packtaschen seines Pferdes zu schaffen und zog eine kurze, dicke Fackel daraus hervor. Ein anderer holte aus einem Lederbeutel Feuerstein und Zunder. Einige Augenblicke später brannte die Fackel und die vier Templer betraten mit gezückten Schwertern die Höhle. Der Boden des Stollens, der offensichtlich einst wohl von Menschenhand erweitert worden war, bestand aus feinstem Sand. Die Fußspuren des Flüchtigen waren klar zu erkennen; außerdem wiesen die Blutstropfen den Weg. Nach einer Weile gabelte sich der Stollen und die Spur führte nach links. Aufs Äußerste angespannt, folgten die Templer hintereinander dem Fackelträger. Hier ist er anscheinend gefallen, flüsterte einer und deutete im flackernden Licht auf eine entsprechende Mulde im Sand. Schweigend schlichen sie weiter. Plötzlich erweiterte sich der Stollen zu einer riesigen Höhle, deren Grenzen man nur erahnen konnte. Im selben Moment, in dem sie die Höhle betraten, ertönte ein Furcht erregender Schrei und einer der Templer brach zusammen. Ein langer Dolch hatte seinen Hals durchbohrt. Dann taumelte der Sarazene aus dem Dunkel in den kleinen Lichtkreis der Fackel und ging auf die Ritter los. Aber nach wenigen Schwertstreichen fiel ihm sein Krummschwert aus der Hand und kaum hatte er Allahu akbar gerufen, machte einer der Tempelritter ein schnelles Ende, indem er ihm den Kopf abschlug. Dann war nur das schwere Atmen der Männer in der Totenstille der Höhle zu vernehmen. Nach einer Weile begann einer der Ritter das Vaterunser zu beten und die anderen beiden fielen nach und nach ein. Was kann das da hinten sein, was so seltsam glitzert?, fragte der Anführer, nachdem die Andacht beendet war. Sie schritten vorsichtig durch die Höhle und staunend standen sie alsbald vor einem einfachen steinernen, christlichen Altar, der jedoch von seinem Sockel geworfen worden und in zwei Teile zerbrochen war. Anscheinend hatten die Sarazenen hier mutwillig eine heilige christliche Stätte zerstört. Im Sand vor dem Altar lagen ein silbernes Kreuz, sieben silberne Behältnisse für Schriftrollen und eine Lanzenspitze mit abgebrochenem Schaft. Einige Schritte weiter erkannten die Tempelritter mit Grau…