Einfühlsam und elegant erzählt Pulitzer-Preisträgerin Carol Shields die Geschichte einer Mutter, die gezwungen wird, alles Selbstverständliche hinter sich zu lassen und neue Wege einzuschlagen. Ihr Leben scheint perfekt und sie selbst unverwundbar. Reta Winters ist eine verwöhnte Frau, die alles hat: gute Freunde, eine liebevolle Familie und beruflichen Erfolg. Als ihre Tochter Norah eines Tages ihre vielversprechende Universitätslaufbahn abbricht, um an einer Straßenecke zu sitzen, das Wort 'Güte' auf einem Schild um den Hals, bricht für Reta eine Welt zusammen. Warum tut Norah so etwas? Was hatte sie, Reta, falsch gemacht? Zum ersten Mal empfindet sie das Gefühl von Verlust und beginnt unbeirrt nach dem wahren Grund für Norahs Entscheidung zu suchen. 'Die Geschichte der Reta Winters' erzählt von Menschlichkeit, Mut und Liebe und von der Kostbarkeit des Lebens.

Carol Shields, geboren 1935 in Oak Park, Illinois, übersiedelte 1957 nach Kanada und war dort Professorin für Anglistik an verschiedenen Universitäten. Sie gehört zu den renommiertesten Autorinnen ihres Landes. Sie veröffentlichte zahlreiche Romane und Kurzgeschichten, für 'Das Tagebuch der Daisy Goodwill', wochenlang auf Platz 1 der Bestsellerlisten in Amerika und England, wurde sie mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet, für 'Alles über Larry' mit dem Orange Prize. 2002 wurde ihr der Order of Canada verliehen. Zuletzt lebte sie mit ihrem Mann in Victoria, British Columbia, wo sie 2003 starb. Auf deutsch erschien 2005 ihr letzter, für mehrere Preise nominierter Roman 'Die Geschichte der Reta Winters'.

Autorentext
Carol Shields, geboren 1935 in Oak Park, Illinois, übersiedelte 1957 nach Kanada und war dort Professorin für Anglistik an verschiedenen Universitäten. Sie gehört zu den renommiertesten Autorinnen ihres Landes. Sie veröffentlichte zahlreiche Romane und Kurzgeschichten, für "Das Tagebuch der Daisy Goodwill", wochenlang auf Platz 1 der Bestsellerlisten in Amerika und England, wurde sie mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet, für "Alles über Larry" mit dem Orange Prize. 2002 wurde ihr der Order of Canada verliehen. Zuletzt lebte sie mit ihrem Mann in Victoria, British Columbia, wo sie 2003 starb. Auf deutsch erschien 2005 ihr letzter, für mehrere Preise nominierter Roman "Die Geschichte der Reta Winters".

Leseprobe
Bislang

Der Zufall will es, daß ich eine Zeit großen Unglücks und Verlustes durchmache. Mein Leben lang habe ich Leute sagen hören, daß sie sich in einem Zustand abgrundtiefen Schmerzes befinden, zerbrochen an Leib und Seele, aber ich habe nie verstanden, was sie meinten. Verlieren. Verloren haben. Ich hatte geglaubt, derlei düstere Heimsuchungen würden nur wenige Minuten oder Stunden anhalten, und zwischen den Anfällen würden sich diese betrübten Menschen, wie wir alle, mit der sinnvollen Eintönigkeit des Glückes befassen. Aber Glück ist nicht das, was ich mir vorstellte. Glück, das ist die glückverheißende Glasscheibe, die man im Kopf bewahrt. Sämtliche Listen und Tricks sind vonnöten, um sie festzuhalten, und ist sie einmal zerbrochen, muß man sich in eine andere Lebensform begeben.

In meinem neuen Leben - im Sommer des Jahres 2000 - bin ich bemüht, dankbar zu sein für das, was mir beschieden ist. Alle meine Bekannten raten mir zu dieser verdrießlichen Strategie, als glaubten sie wirklich, ein dramatischer Verlust ließe sich ausgleichen durch neuerliche Wertschätzung all dessen, was einem beschieden ist. Ich habe einen Ehemann, Tom, der mich liebt und mir treu ist, der auch sehr gut aussieht - ziemlich groß, schlank - und auf ansehnliche Weise die Haare verliert.

Wir bewohnen ein Haus, auf dem keine Hypothek mehr lastet, und unser Heim ist eingebettet in die fruchtbaren wogenden Hügel Ontarios, nur eine Autostunde nördlich von Toronto. Zwei von unseren drei Töchtern - Natalie, fünfzehn, und Christine, sechzehn - wohnen zu Hause. Sie sind intelligent, lebhaft, hübsch und liebenswert, doch auch sie haben teil an dem Verlust, ebenso wie Tom.

Und ich habe meine Schriftstellerei.

»Und du hast deine Schriftstellerei«, sagen die Freundinnen. Ein murmelnder Chor: Aber du hast deine Schriftstellerei, Reta. Keine ist so ungehobelt, darauf hinzuweisen, daß mein Kummer sich am Ende in Stoff für meine Schriftstellerei verwandeln wird, aber sie denken es vermutlich.

Und es ist wahr. Es ist wirklich ein eigenartiger und etwas anstößiger Trost, im Alter von dreiundvierzig Jahren - vierundvierzig im September - zu überblicken, was mir in den unglaublich kindlichen und sonnigen Tagen, bevor ich die Bedeutung von Gram erfuhr, zu schreiben und zu veröffentlichen gelang. »Meine Schriftstellerei«: eine sehr kleine Kompresse, um sie meinem beschädigten Ich aufzulegen, aber besser, so wurde mir eingeredet, als gar kein Trost.

Es ist Juni, im ersten Jahr des neuen Jahrhunderts, und hier folgt, was ich bislang in meinem Leben geschrieben habe. Meine Schulmädchen-Sonette aus den siebziger Jahren - Satinbeschuhter April, du durchschlüpfest die Zeit / Und gleitende Frühlingstage, didum, didum - rechne ich nicht dazu, auch nicht die vielleicht zwölf schmeichlerischen Buchrezensionen aus den frühen achtziger Jahren. Ich vertraue diese Liste nicht dem Bildschirm an, sondern meinem Bewußtsein, einem weitaus sichereren und leichter zugänglichen Computerprogramm:

  1. Eine Übersetzung von und Einführung in Danielle Westermans Gedichtband Isolation, April 1981, einen Monat bevor unsere Tochter Norah geboren wurde, eine Hausgeburt natürlich; eine Hebamme; man konnte beinahe die Gitarren im Hintergrund klimpern hören, nur bereiteten wir kein Festmahl aus der Plazenta, wie es einige von unseren Freunden damals zu tun pflegten. Mein Französisch stammte von meiner Quebecer Mutter und meine Bekanntschaft mit Danielle von der Universität von Toronto, wo sie zu meiner Studienzeit französische Zivilisation unterrichtete. Sie war eine miserable Lehrerin, unschlüssig und, glaube ich, voller Scheu vor den sonnengebräunten, gesunden Studierenden, die vor ihr im Hörsaal saßen, sich andächtig Notizen machten und ihren beschränkten Vorstadtbegriff von dem erweiterten, was das Wort Zivilisation bedeuten mochte. Sie war bereits eine anerkannte Verfasserin von kinetischer, straff gestrickter Pr
Titel
Die Geschichte der Reta Winters
Untertitel
Roman
EAN
9783492990714
Format
E-Book (epub)
Hersteller
Herausgeber
Veröffentlichung
04.12.2018
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Dateigrösse
3.52 MB
Anzahl Seiten
336
Features
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet