Die vorliegende Untersuchung zur Soziologie im Dritten Reich und in der frühen Nachkriegszeit lässt sich von der Beobachtung leiten, dass die Interdependenz zwischen der außeruniversitären Professionalisierung der Soziologie und ihrer akademischen Institutionalisierung ein grundlegendes Prinzip ihrer Entstehung und Weiterentwicklung darstellt. Erweitert wird diese Grundannahme durch das Modell der "rekursiven
Kopplung", das heißt der Wechselwirkung zwischen der Verwissenschaftlichung der Politik und der Politisierung der Wissenschaft. Diese und andere Ansätze werden im Kontext nationalsozialistischer Politikfelder am Beispiel der soziologischen Ost- und Westforschung, der Agrarsoziologie, der Bevölkerungsforschung, des Einsatzes von sozialwissenschaftlichem Expertenwissen in der Siedlungspolitik und im NS-Auslandsgeheimdienst sowie der NS-Wissenschaftspolitik diskutiert.
Die Behandlung der Nachkriegssoziologie umfasst u. a. die Etablierung einer eigenständigen Flüchtlingssoziologie durch ehemalige "Reichssoziologen", deren maßgebliche Mitbegründung der modernen Sozialgeschichtsschreibung sowie dominierende Mitarbeit am Kleinen und Großen Brockhaus Ende der 40er und in den 50er Jahren als einflussreiche Meinungsführer. Es wird durchgängig die Bedeutung ihrer fachwissenschaftlichen Reputation - insbesondere für die westlichen Besatzungsmächte - im Aufbau der westdeutschen Soziologie diskutiert.




Über ein dunkles Kapitel der deutschen Sozialwissenschaft

Vorwort
Über ein dunkles Kapitel der deutschen Sozialwissenschaft

Autorentext
Dr. Carsten Klingemann ist apl. Professor am Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität Osnabrück.

Inhalt
Soziologie im Dritten Reich.- Soziologen in der Westforschung während des Nationalsozialismus.- Ostforschung und Soziologie während des Nationalsozialismus.- Agrarsoziologie und Agrarpolitik im Dritten Reich.- Wissenschaftsanspruch und Weltanschauung: Soziologie an der Universität Jena 1933 bis 1945.- Konzeption und Praxis sozialwissenschaftlicher Bevölkerungswissenschaft in ihren Beziehungen zu Raumforschung und Geopolitik im Dritten Reich.- Eine vergleichende Betrachtung der NS-Wissenschaftspolitik gegenüber Altertums- und Sozialwissenschaften.- Zur Soziologisierung des medizinischen Menschen- und Gesellschaftsbildes im Nationalsozialismus.- Franz Ronneberger: Sozialwissenschaft Publizistik Nachrichtendienst: Zum Verhältnis von Intelligence und Wissenschaft.- Soziologie in der frühen westdeutschen Nachkriegszeit.- Wissenschaftliches Engagement vor und nach 1945: Soziologie im Dritten Reich und in Westdeutschland.- Flüchtlingssoziologen als Politikberater in Westdeutschland. Die Erschließung eines Forschungsgebietes durch ehemalige Reichssoziologen.- Bevölkerungssoziologie im Nationalsozialismus und in der frühen Bundesrepublik: Zur Rolle Gunther Ipsens.- Symbiotische Verschmelzung: Volksgeschichte Soziologie Sozialgeschichte und ihre empirische Wende zum Sozialen unter nationalsozialistischen Vorzeichen.- Semantische Umbauten im Kleinen Brockhaus von 1949/50 und im Großen Brockhaus der fünfziger Jahre durch die Soziologen Hans Freyer, Gunther Ipsen und Wilhelm Emil Mühlmann.
Titel
Soziologie und Politik
Untertitel
Sozialwissenschaftliches Expertenwissen im Dritten Reich und in der frühen westdeutschen Nachkriegszeit
EAN
9783531915401
ISBN
978-3-531-91540-1
Format
E-Book (pdf)
Herausgeber
Veröffentlichung
16.09.2009
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Anzahl Seiten
418
Jahr
2009
Untertitel
Deutsch
Lesemotiv