Wie erfuhren psychisch kranke Männer, ihre Angehörigen und Ärzte seelisches Leiden im Kontext von Männlichkeit? Dieser Frage geht Christoph Schwamm für die Jahre 1948 bis 1993 nach, indem er zeitgenössische medizinische Fachliteratur und knapp 700 Patientenakten aus den psychiatrischen Universitätskliniken Heidelberg und Gießen auswertet. Dabei kommt Schwamm zu überraschenden Ergebnissen. Egal ob in Bezug auf Therapiebereitschaft, Selbstheilung oder die Beziehung zum sozialen Umfeld: Entgegen dem geläufigen Bild vom gefühlsfernen Patriarchen hätten zahlreiche Männer schon seit den 1950er Jahren gerne auf die vermeintlichen männlichen Privilegien verzichtet, die Ihnen den Zugang zu Hilfe erschwerten und sie auf diese Weise sogar erst krank machen konnten. Diese Wünsche wurden jedoch in großen Teilen durch Eltern, Partner und Arbeitgeber konterkariert, deren Interessen durch eine repressive Psychiatrie gestützt wurden. Die Ergebnisse werfen auch ein neues Licht auf die gegenwärtige Diskussion um die Schädlichkeit männlichen Gesundheitsverhaltens ("Toxic Masculinity").



Autorentext
Christoph Schwamm ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Patientengeschichte der Psychiatrie, die Geschlechtergeschichte, die Geschichte der Pflege und die Geschichte der ärztlichen Standesorganisationen.
Titel
Irre Typen?
Untertitel
Männlichkeit und Krankheitserfahrung von Psychiatriepatienten in der Bundesrepublik, 19481993
EAN
9783515121491
Format
E-Book (pdf)
Veröffentlichung
27.11.2018
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Dateigrösse
1.32 MB
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