Die besondere Problematik bioethischer Entscheidungen liegt darin, dass über sie in pluralistischen Gesellschaften regelmäßig kein Konsens zu erzielen ist. Gleichzeitig erfordert die Rechtssicherheit in vielen Fällen, wie etwa der Stammzellforschung, der Transplantationsmedizin und der Sterbehilfe, eine Regelung auf überindividueller Ebene. Ein Handeln des Gesetzgebers ist gefragt, aber es gibt keine anerkannten Standards, anhand derer ein Gesetz erlassen werden könnte; ein Konsens über inhaltliche Fragen erscheint ausgeschlossen.

Gegenstand der Arbeit ist die Frage, wie verschiedene Staaten mit dem Dissens in bioethischen Fragen bei gleichzeitigem Regelungsbedürfnis der Materie umgehen. Dazu wird die prozedurale Bewältigung dieses Dissens-Dilemmas in Großbritannien und Japan untersucht. Anhand einer Analyse und Bewertung der Unterschiede im Umgang mit Dissens in verschiedenen Staaten wird ein eigenes Verfahren demokratisch legitimer Dissensbewältigung entwickelt.

Um zu klären, wie bioethische Entscheidungen eines Staates demokratisch legitim getroffen werden können, werden verschiedene Verfahrenselemente untersucht, die im Prozess der Rechtsetzung zur Legitimation der Entscheidungen beitragen können. Hierunter fallen etwa Verfahren der Bürger- und Expertenbeteiligung, aber auch Fragen der Regelungsdichte und der verdeckten oder offenen Delegation von Entscheidungsgewalt etwa an die Verwaltung oder die Richterschaft. Hier ist beispielhaft das in Japan praktizierte Verfahren der public comments zu nennen. Verfahren direkter Bürgerbeteiligung werden in jüngerer Zeit auch in Großbritannien verstärkt angewandt, beispielsweise bei der Entscheidungsfindung zum Thema Hybrid- und Chimärenforschung. Eine These der Arbeit ist, dass bei mangelndem gesellschaftlichen Konsens die Einbeziehung von Expertenkommissionen in den Rechtsetzungsprozess sowie die transparente Darlegung der entscheidungserheblichen Kriterienlegitimationssteigernd wirken, da sie auch den Meinungsbildungsprozess in der Bevölkerung beschleunigen und breite öffentliche Debatten über ethische Problematiken fördern. Hinsichtlich der Frage der Regelungsebene wird für die Notwendigkeit einer Festlegung der grundlegenden Rahmenvorschriften durch den Staat argumentiert. Die konkrete Ausgestaltung des Umgangs mit einer neuen Technologie sollte dann jedoch an unabhängige Instanzen, etwa nach dem Modell der britischen Human Fertilisation and Embryology Authority, delegiert werden.



Rechtsvergleich von zwei führenden Nationen der Biomedizinforschung (Japan und Großbritannien) Interessante und umsetzbare Ergebnisse für die Rechtsetzung in ethisch problemaischen Bereichen Erörterung der Notwendigkeit einer Festlegung der grundlegenden Rahmenvorschriften durch den Staat

Inhalt

Einführung.- Grundlagen.- Vergleich der Strategien der Dissensbewältigung.- Ausblick und eigener Ansatz.

Titel
Legitime Strategien der Dissensbewältigung in demokratischen Staaten
Untertitel
Ein Vergleich von Rechtsetzungsverfahren im Bereich der Biomedizin in Japan und Großbritannien
EAN
9783642239199
ISBN
978-3-642-23919-9
Format
E-Book (pdf)
Herausgeber
Veröffentlichung
19.07.2013
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Anzahl Seiten
551
Jahr
2013
Untertitel
Deutsch
Auflage
2013
Lesemotiv