Ausgehend von seinen Erfahrungen mit einem mehr als unkonventionellen irischen Priester stellt Dirk Grosser das keltische Christentum als einen Weg vor, die Verbindung zum Wunder der Schöpfung zu stärken und den eigenen Glauben zu einer spürbaren Wirklichkeit werden zu lassen. In den inspirierenden Begegnungen mit seinem Gegenüber wird hier ein tief empfundenes und lebendiges Christentum erlebbar, welches ein authentisches Verhältnis zum Heiligen pflegt, das das grundsätzliche Gutsein der Welt in den Vordergrund rückt und uns alle zur Feier an der großen Tafel Gottes einlädt. Ein wundervolles Buch, das humorvoll und zugleich tiefgründig eine uralte und fast vergessene Tradition vorstellt, die uns heute noch viel zu sagen hat.

Autorentext
Dirk Grosser, geboren 1971, ist Autor diverser Bücher zu naturspirituellen Themen und den mystischen Zweigen der Weltreligionen. Zudem schreibt er für verschiedene spirituelle Magazine, gibt Meditations-Seminare und berät Menschen in spirituellen Krisen.

Leseprobe
Anfänge

Möge deine Welt grün sein

und vor Lebendigkeit schier bersten.

Mögest du dich fühlen wie ein Baum,

der seit Ewigkeiten seine Wurzeln in die dunkle Erde streckt,

auf die geflüsterten Geschichten des Landes lauscht

und dessen Äste sich darum ohne jede Angst und Scheu

in den Himmel ausbreiten können.

Wenn Seán seine Familie in Irland besucht, steht meist auch etwas Handwerkliches auf dem Programm. Seán nimmt sich irgendeinen Schmierzettel, berechnet flott die Dinge und dann wird munter drauflosgewerkelt, wobei keine Herausforderung zu groß scheint. Und so hörte ich schon oft frühmorgens Seán und seinen Bruder irgendwo hämmern, sägen und vor allem lachen. Ich schaute aus dem Fenster und sah sie entweder mit absurden Gerätschaften, die man auf einer Großbaustelle vermutet hätte, oder aber riesigen Bauteilen durch die Gegend laufen. Wenn ich fragte, ob ich helfen könne, sahen sie mich immer an, als hätte ich den Verstand verloren. Wahrscheinlich hatte sich die Kunde meines handwerklichen Ungeschicks schon weit über meine heimatlichen Gefilde hinaus verbreitet.

An einem fast sonnigen Morgen saß Seán ganz oben auf dem beinahe fertigen Holzgerüst des neuen Hauses, das sich sein Bruder baute, und hämmerte ein paar Balken zusammen, während Seamus herumbalancierte und wohl einfach die Aussicht genoss. Ich zog mich an, schnappte mir eine Tasse Tee und trat nach draußen. Zwei Männer, einer Mitte 60, der andere fast 70, die ohne jede Sicherung auf einem Holzgerüst herumturnten, das jedem deutschen Bauamt das Entsetzen gelehrt hätte.

"Wenn ich euch zwei schwarze Hüte besorge, könntet ihr auf eurer Scheune glatt als Amish durchgehen", rief ich hinauf. "Interesse?"

"Ach, die würden mich noch schneller rausschmeißen als die Katholiken", meinte Seán. "Calvin und ich - das wird nichts mehr in diesem Leben!" Seamus lachte sich kaputt, versenkte aber trotzdem fachmännisch einen Nagel nach dem anderen. Seán packte indes sein Werkzeug ein und kletterte gewandt wie eine Bergziege von den Dachbalken herunter.

"Komm mit, ich will dir etwas zeigen", sagte er.

Wir packten ein paar Sandwiches und eine Thermoskanne Tee ein, sprangen in seine Ludenkarre und machten uns auf den Weg.

"Wohin fahren wir?"

"Zum Anfang", raunte er mit verstellter Stimme, die sich gut für einen Trailer zu irgendeinem drittklassigen Mystery-Thriller geeignet hätte.

Nach etwa 40 Kilometern auf lächerlich engen Straßen, die links und rechts von kleinen Steinmäuerchen begrenzt waren, hielt er plötzlich an. Ich war froh, dass wir endlich da waren, denn sein Fahrstil war nicht unbedingt dazu angetan, mich zu entspannen.

"Da sind wir", sagte er und schwang sich aus seinem Ledersitz. Ich stieg aus und sah ... nichts. Wobei "nichts" nicht ganz richtig ist. Felder waren natürlich vorhanden, ein paar Sträucher und Bäume, die allgegenwärtigen Steinmauern. "Äh ...", machte ich, doch Seán winkte mich schon weiter: "Ein paar Meter zu Fuß."

Wir latschten eine Weile über feuchte Wiesen, quetschten uns durch einen halb verfallenen Weidezaun und standen plötzlich auf einem Feld, in dessen Mitte ein beeindruckender Steinkreis zu sehen war. Einige Steine standen aufrecht, andere lagen am Boden, umgestürzt durch jahrhundertelange Bodenerosion, Seewind und die Arbeit ganzer Generationen fleißiger Wühlmäuse.

Eines muss man den Iren lassen: Sie machen kein großes Getue um ihre Kulturschätze! In Deutschland wäre dieser Steinkreis bestimmt von einem Sicherheitszaun umgeben gewesen, es hätte Infotafeln und eine kleine Holzhütte für den offiziellen Aufseher gegeben, der einem Eintrittsgeld abknöpfen würde. Hier jedoch lag dieser geschichtsträchtige Ort verlassen auf einem Feld, das irgendeinem Bauern gehörte, der mit seinem Trecker einfach immer einen kleinen Schlenker um die Steine fahren musste und sich nicht viel dabei dachte.

Die groß

Titel
Am Sonntag geht Gott angeln
Untertitel
Die Weisheit des keltischen Christentums
EAN
9783532600528
Format
E-Book (epub)
Hersteller
Herausgeber
Veröffentlichung
02.09.2019
Digitaler Kopierschutz
frei
Anzahl Seiten
208
Features
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet
Lesemotiv