Elizabeth Haydon hat mit ihrer 'Rhapsody'-Saga, bestehend aus den Bänden 'Tochter des Windes', 'Tochter der Erde' und 'Tochter des Feuers', die internationale Fantasy-Szene im Sturm erobert. Die musikbegeisterte Autorin arbeitet nebenbei als Lektorin in einem Schulbuchverlag und reist auf den Spuren vergangener Kulturen um die Welt. Die Autorin lebt mit ihrer Familie an der Ostküste der USA.
Autorentext
Elizabeth Haydon hat mit ihrer "Rhapsody"-Saga, bestehend aus den Bänden "Tochter des Windes", "Tochter der Erde" und "Tochter des Feuers", die internationale Fantasy-Szene im Sturm erobert. Die musikbegeisterte Autorin arbeitet nebenbei als Lektorin in einem Schulbuchverlag und reist auf den Spuren vergangener Kulturen um die Welt. Die Autorin lebt mit ihrer Familie an der Ostküste der USA.
Leseprobe
Die Versunkene Insel
1139, Drittes Zeitalter
Der Schmerz verflüchtigte sich so schnell, wie er gekommen war. Gwydion spuckte den Straßenstaub aus, wälzte sich auf den Rücken und stöhnte laut auf. Als er den Himmel über sich sah, wurde ihm schlagartig bewusst, dass er nicht nur an einen anderen Ort, sondern auch in eine andere Tageszeit geraten war. Einen Augenblick zuvor war es noch früh am Morgen gewesen, jetzt ging es schon bald auf den Abend zu. Und er hatte nicht die geringste Ahnung, wo er sich befand.
Glücklicherweise war Gwydion mit einer praktischen Natur gesegnet. Er ließ den Blick schweifen, stand auf und überlegte, was zu tun war. Was immer mit ihm geschehen war, wie und warum, tat jetzt nichts zur Sache.
Die Luft schien hier dünner zu sein als an dem Ort, wo er herkam, und Gwydion ahnte, dass es eine Weile dauern würde, bis er sich an die Veränderung gewöhnt hätte. Er blickte sich um, entdeckte ein kleines Wäldchen in der Nähe und machte sich eilig auf den Weg dorthin.
Im Schutz der Bäume sank er zu Boden und schloss die Augen, die vor Anstrengung zu tränen angefangen hatten. Zuerst hechelte er in kurzen, flachen Zügen, zwang sich dann aber, langsamer und tiefer Luft zu holen. Als er wieder ruhig durchatmen konnte, tastete er nach den Dingen, die er auf dem Weg in die Stadt bei sich getragen hatte. Dolch und Beutel waren noch da, so auch der Apfel und der Wasserschlauch, den er nun öffnete und an die Lippen führte. Als er den Schlauch wieder verschloss, spürte er eine leichte Erschütterung im Boden, allem Anschein nach von einem Fuhrwerk verursacht, das herbeirollte.
Gwydion duckte sich tiefer. Eine wachsende Staubwolke kündigte die sich nähernde Gruppe an. Er sah drei Männer neben dem Karren gehen, der von zwei Kühen gezogen wurde, denen ein Kalb folgte. Der Karren war mit Getreidefässern und Bündeln Stroh bepackt und wurde von einem vierten Mann gelenkt. Die Männer trugen Kleider, wie Gwydion sie noch nie gesehen hatte, doch war er sich gewiss, dass es sich bei den vieren um Gesinde oder auch Bauern handelte.
Er lauschte angestrengt und versuchte, über das Rumpeln der Karrenräder hinweg etwas von der Unterhaltung aufzuschnappen. Mit brennenden Augen starrte er den Bauern auf die Lippen, die sich - wenngleich der viele Staub seine Sicht behinderte - merkwürdig deutlich bewegten. Plötzlich klarte sein Blick auf, ihm war, als könnte er erkennen, wie sich die Wörter in den Mündern der Männer bildeten. Jedenfalls hörte er sie, als wären sie an ihn gerichtet. Als er das Sprachmuster erfasste, schwirrte ihm der Kopf.
Sie sprachen Alt-Cymrisch. Unmöglich, dachte er. Alt-Cymrisch war eine tote Sprache. Davon machten nur noch einige religiöse Sekten im Rahmen weihevoller Zeremonien Gebrauch - oder Nachfahren in cymrischer Linie. Doch hier unterhielten sich Bauern in dieser Sprache, wie selbstverständlich und an einem ganz gewöhnlichen Tag auf dem Land. Unmöglich, es sei denn ...
Gwydion erschauderte. Serendair, das Land der Cymrer, war vor über tausend Jahren untergegangen, verschwunden in vulkanischem Feuer und dem tosenden Meer, das die Insel überflutet hatte.
Seine Vorfahren und auch die Ahnen von einigen seiner Freunde stammten von dieser Insel ab. Die Nachkommen derer, die sich damals hatten retten können, waren ein versprengtes Volk. Konnte es sein, dass sich hier eine Enklave gebildet hatte, in der es so zuging wie vor dreizehn Jahrhunderten?
Als das Fuhrwerk mitsamt seiner Staubwolke an ihm vorübergezogen war, reckte Gwydion den Hals aus dem Gebüsch, um ihm nachzuschauen. Er sah, wie es sich mühsam auf eine Anhöhe im Westen schleppte und dann hinter der Hügelkuppe verschwand. Er wartete, bis er sicher war, dass er den Männern unbemerkt folgen konnte, und schaute sich vorsichtshalber um, ob nicht noch andere Leute auf der Straße waren.
Auf dem Hügel angekommen, legte er eine Pause ein und blickte über sanf