Elvis Costello, geboren 1954 in London als Declan Patrick MacManus, gehört zu den größten und vielseitigsten Musikern der Popgeschichte. Die Bandbreite der Stilrichtungen seiner dreißig Alben, deren jüngstes 2013 erschien, ist legendär. Sie reicht von New Wave und Punk-Rock über Folk und Country bis Jazz. Elvis Costello ist Grammy-Gewinner und wurde in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Der produktive Songschreiber und Autor kritischer Liedtexte förderte als Produzent Musiker und Bands diverser Genres, darunter 'The Pogues', deren Bassistin Cait O'Riordan er 1986 heiratete. Heute lebt Costello zusammen mit der Jazzmusikerin Diana Krall, mit der er seit 2003 verheiratet ist, und den 2006 geborenen gemeinsamen Zwillingen, in New York und Vancouver.
»Mit guten Manieren und schlechtem Atem kommt man nirgendwo hin.« Getreu dieser Devise sang Elvis Costello in seinem Protestsong gegen Margaret Thatcher, er werde auf ihrem Grab stehen und darauf herumtrampeln. Bei seinem legendären Auftritt bei Saturday Night Live stellte er sich der Zensur von Bands wie den Sex Pistols im Radio entgegen. Bis heute nimmt Costello bei seiner Kritik an politischen Missständen und jeder Form von Nationalismus nie ein Blatt vor den Mund. In den dreißig Alben, mit denen der Brite seit 1977 Erfolge feiert, erfand sich der eigenwillige Künstler immer wieder neu. Seine rauen Anfänge lagen zwischen Rock, New Wave und Punk - und schon damals erreichte er ein Millionenpublikum. Mit »She«, aufgenommen für die romantische Komödie »Notting Hill«, rührte er die Herzen aller Liebenden. Über alle Hinwendungen zu so unterschiedlichen Stilrichtungen wie Country, Folk, Motown, Jazz, Ska und Klassik hinweg begeistert Costello seine Fans - und ist dabei in Deutschland gerade mit seinen jüngsten Alben besonders erfolgreich. Elvis Costellos Buch erklärt die Hintergründe seiner legendären Songtexte und berührt durch seine Poesie.
Vorwort
»Meine höchste Berufung ist es zu provozieren.« Elvis Costello
Autorentext
Elvis Costello, geboren 1954 in London als Declan Patrick MacManus, gehört zu den größten und vielseitigsten Musikern der Popgeschichte. Die Bandbreite der Stilrichtungen seiner dreißig Alben, deren jüngstes 2013 erschien, ist legendär. Sie reicht von New Wave und Punk-Rock über Folk und Country bis Jazz. Elvis Costello ist Grammy-Gewinner und wurde in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Der produktive Songschreiber und Autor kritischer Liedtexte förderte als Produzent Musiker und Bands diverser Genres, darunter "The Pogues", deren Bassistin Cait O'Riordan er 1986 heiratete. Heute lebt Costello zusammen mit der Jazzmusikerin Diana Krall, mit der er seit 2003 verheiratet ist, und den 2006 geborenen gemeinsamen Zwillingen, in New York und Vancouver.
Leseprobe
1
A WHITE BOY IN THE HAMMERSMITH PALAIS
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EIN WEISSER JUNGE IM HAMMERSMITH PALAIS
Abb. 1
Ich glaube, ich habe den ersten Besuch eines Tanzlokals meiner Leidenschaft fürs Catchen zu verdanken.
In meiner Kindheit verging kaum eine Woche ohne folgendes Gespräch mit einem Fremden:
»Bist du mit dem verwandt?«
»Wie bitte?«
Im Nachhinein betrachtet, hätte ich lieber überhaupt nie etwas sagen sollen.
»Na, du weißt schon, bist du mit dem Catcher verwandt?«
Meine Mutter brachte vielleicht gerade noch ein müdes Lachen zustande, als wollte sie sagen: »Ähm, das habe ich in meinem ganzen Leben noch nie gehört.«
Ich kam mir einfach nur bescheuert vor.
Obwohl ich tatsächlich den Verdacht hatte, ich könnte ein entfernter Verwandter von Mick McManus sein, einem Proficatcher, dessen Kämpfe jeden Samstagnachmittag im Fernsehen übertragen wurden. In den frühen 1960er-Jahren gab es bei den Wettkämpfen noch nicht die Pyroeffekte der heutigen Spektakel, nur gut eingeölte Entertainer wie Jackie Pallo oder Johnny Kwango, die sich in einem engen Boxring Raufereien mit schweißüberströmten Muskelpaketen lieferten, sie durch die Luft schleuderten und manchmal auch aus dem Ring herauskatapultierten.
Mick McManus schrieb sich wie der Name meines Daddys, bevor der ein »a« hinzufügte, weil »MacManus« in Druckbuchstaben irgendwie schicker und besser aussah.
Ich kam dahinter, dass wir beide obendrein dieselbe untersetzte Figur wie der Typ in dem Film The Man You Love to Hate von Erich von Stroheim hatten. Auch mein schwarzes Haar war vergleichbar mit Pomade festgeklebt.
Später stellte sich heraus, dass man Mick, genau wie mich, nur durch Kitzeln zum Aufgeben zwingen konnte. Spät in seiner Laufbahn kassierte er eine beispiellose Niederlage, weil sein Gegner diese hinterhältige Taktik anwandte, worauf der Meister dem Ring empört den Rücken kehrte.
Um 1961 übte ich meine Spezialtechnik »Fliegende Schere« vor dem Fernseher und sackte dann immer so zusammen, als sei ich von einem Vorderarmschlag niedergestreckt worden. Schließlich wurde es den Nachbarn unter uns zu bunt, dass ich ständig von den Möbeln heruntersprang; und außerdem wollte meine Mutter die Wohnung aufräumen. Deshalb überredete sie meinen Dad, mich samstagnachmittags mit zur Arbeit ins Hammersmith Palais zu nehmen.
Das war der Arbeitsplatz meines Vaters. Sein Büro. Seine Fabrik.
Es war ein altes Straßenbahndepot, das zu einem Tanzpalast umgebaut worden war, eingeklemmt zwischen der Kneipe The Laurie Arms und einer Ladenzeile ganz in der Nähe vom Hammersmith Broadway.
Während andere Väter abends um halb sechs nach Hause kamen, machte sich mein Vater erst abends um sechs zur Arbeit fertig, oder, wie in diesem Fall, samstagnachmittags. Mein Dad war Sänger im Joe Loss Orchestra.
Die Wände des Palais sahen aus, als seien sie mit dunklem Samtstoff überzogen, doch wenn man mit der Hand darüberfuhr, rieselte es wie Staub herab. Es roch ziemlich merkwürdig und fühlte sich komisch an. Nicht gerade ein Ort für Kinder.
Abb. 2
Heute kann man sich kaum noch vorstellen, dass ein Etablissement wie dieses für so wenige Gäste schon nachmittags öffnete, doch wenn das Joe Loss Orchestra auf der Drehbühne allmählich sichtbar wurde, konnte man schon vergessen, dass es draußen noch hell war.
Auf der Galerie war ich sicher und konnte auf die Tanzfläche schauen. Ich bekam eine Flasche Limonade und eine Packung Chips in die Hand gedrückt und die strikte Anweisung, mit niemandem zu reden.
Das Publikum war so seltsam wie spärlich. Als ich darauf hinwies, dass zwei ältere Damen miteinander tanzten, hieß es, das wären »alte Jungfern«.
Da war eine Mutter, die ihrer kleinen Tochter Tanzschritte beibrachte und sie dabei manchmal