Emily Fridlund wuchs in Minnesota auf und lebt derzeit in der Finger Lakes Region des Staates New York. Ihre Prosa erschien in zahlreichen Zeitschriften; eine Sammlung ihrer Kurzgeschichten wird im Jahr 2017 in den USA erscheinen. Ihr erster Roman 'Eine Geschichte der Wölfe' war in den USA nicht nur bei den Independent Booksellers ein Liebling und großer Erfolge, sondern auch bei Barnes & Noble. Seit Erscheinen wurden allein dort über 60.000 Hardcover verkauft.
Autorentext
Emily Fridlund wuchs in Minnesota auf und lebt derzeit in der Finger Lakes Region des Staates New York. Ihre Prosa erschien in zahlreichen Zeitschriften; eine Sammlung ihrer Kurzgeschichten wird im Jahr 2017 in den USA erscheinen. Ihr erster Roman "Eine Geschichte der Wölfe" war in den USA nicht nur bei den Independent Booksellers ein Liebling und großer Erfolge, sondern auch bei Barnes & Noble. Seit Erscheinen wurden allein dort über 60.000 Hardcover verkauft.
Leseprobe
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Papierstapel, die herumgegeben wurden. Das war die Highschool. Sie liefen einen Gang hinunter, von Tisch zu Tisch, und kamen dann nach einer langsamen Schleife am Ende des Klassenzimmers einen anderen Gang wieder herauf. Die begabten und talentierten Kinder - die inzwischen zum Lateinklub und zur Forensikgruppe geworden waren - leckten ihre Finger an, um sich ihren Teil vom Stapel zu nehmen. Sie machten sich immer so an die Arbeit, wie die Schwimmer aus dem Schwimmkurs ihre Bahnen zogen, atmeten durch die Mundwinkel, nagten an ihren Bleistiften. Die Hockeyspieler mussten angestupst werden, damit sie aufwachten, wenn der Stapel in ihrer Reihe ankam, mussten mit tiefer Ehrfurcht behandelt werden - sonst würden wir die Bezirksmeisterschaft verlieren. Wieder einmal. Sie erwachten gerade lange genug aus ihrem Schlummer, um sich ein Blatt zu nehmen und den Rest weiterzureichen, lange genug, um offene Chipstüten in ihre Münder zu leeren, sich das Salz von den Lippen zu wischen und zu ihren Träumen von Ruhm und Ehre zurückzukehren. Wovon sollten Hockeyspieler sonst träumen? Wir lebten in ihrer Welt. Das wurde mir mit fünfzehn klar. Sie waren es, die sie ins Dasein träumten. Sie brachten die Lehrer dazu, ihnen ihre leeren Arbeitsblätter zu verzeihen, sie brachten die Cheerleader dazu, vor den Spielen ihre Namen zu schreien, sie brachten die Eisbearbeitungsmaschinen dazu, die Welt, so weit das Auge reichte, mit perfekten, ununterbrochenen Streifen aus gefrierendem Wasser zu überziehen. Wir waren dieses Jahr in einem neuen Gebäude, in einem größeren Klassenzimmer mit blassen Backsteinwänden, aber draußen war alles, wie es seit unserer Kindheit immer gewesen war. Der Winter kam zurück wie ein Bumerang.
Draußen: 1,20 Meter tiefer Schnee, mit einer schimmernden Kruste versiegelt.
Drinnen: Europäische Geschichte, amerikanische Gemeinschaftskunde, Trigonometrie, Englisch.
Biologie kam immer zuletzt dran. Sie wurde von Liz Lundgren, unserer alten Sportlehrerin aus der achten Klasse, unterrichtet, die zum Ende des Schultags in ihrem Polartec-Parka und ihrer Schneehose im Tarnfleckmuster von der Middle School herübergestapft kam. Ms Lundgren hatte einen Tick. Wenn sie sich über etwas aufregte oder für etwas begeisterte, fing sie augenblicklich an zu flüstern. Sie glaubte, dann würden wir besser zuhören; sie glaubte, wir würden uns für Protisten und Pilze interessieren; sie glaubte, wir würden uns mehr anstrengen, Meiose zu verstehen, wenn wir nicht jedes Wort mitbekamen. »Ohne ausreichend Wasser und Wärme ... die Sporen ... in großen Mengen bewegen«, murmelte sie, und es war, als würde sie irgendein obskures Gerücht weitergeben, das schon so oft erzählt worden war, dass es für uns jede Bedeutung verloren hatte.
In diesem Unterrichtsfach konnte man immer die Uhr ticken hören. Durch jedes der Fenster sah man, wie der Schnee in Böen davongeweht wurde und am nächsten Tag in Form von haushohen Haufen zurückkehrte. Als wir mit der Evolution beinahe durch waren, ließ ein später Schneesturm einen langen Pappelast mit einem eisigen Wumpff abstürzen. Durchs Fenster sah ich, wie er zu Boden fiel und ein kleines blaues Auto, das soeben von dem Lebensmittelladen gegenüber der Schule wegfuhr, knapp verfehlte. Ms Lundgren schrieb gerade in quietschender Schreibschrift die Vor- und Nachteile der natürlichen Auslese an die Tafel. Das Fenster beschlug, als ich mich zu ihm vorbeugte. Ich lehnte mich zurück. Jemand in einem riesigen Kapuzenparka stieg aus dem blauen Auto, zerrte den Ast von der Straße, stieg wieder ein. Dann fuhr der Honda in einem großen Bogen um ihn herum und zermalmte dabei ein paar kleinere Zweige unter seinen Reifen.
Einige Minuten später kam die Sonne heraus: Sie schien so hell, dass wir alle überwältigt waren. Trotzdem waren wir nicht überrascht, als der Schultag wegen der eisigen Winde eine halbe Stunde früher endete. Ich legte den Weg von der Bu