Nur fünf Zentimeter ist Mäxchen Pichelsteiner groß, der von allen nur der kleine Mann genannt wird. Nachts schläft er bequem in einer Streichholzschachtel, tagsüber tritt er mit Professor Jokus von Pokus im Zirkus auf. Als Artist wird Mäxchen weltberühmt und bekommt verlockende Angebote von den größten Zirkussen der Welt. Aber eines Tages ist er plötzlich weg. Die Polizei ist ratlos: Wurde der kleine Mann von einer internationalen Verbrecherbande entführt?

Erich Kästner, 1899 in Dresden geboren, ist bis heute einer der meistgelesenen und beliebtesten deutschen Autoren. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden seine Bücher verbrannt, sein Werk erschien nunmehr in der Schweiz im Atrium Verlag. Für seine Bücher wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Hans-Christian-Andersen-Preis und der Georg-Büchner-Preis. Erich Kästner starb 1974 in München.

Kai Würbs wurde 1970 geboren. Nach einigen beruflichen Umwegen hat er sich seinen großen Traum erfüllt: Er studierte Illustration an der HAW, Hamburg, und wurde innerhalb kürzester Zeit zu einem der gefragtesten deutschen Illustratoren. Er lebt mit seiner Familie in Hamburg.

Autorentext
Erich Kästner, 1899 in Dresden geboren, begründete gleich mit zwei seiner ersten Bücher seinen Weltruhm: Herz auf Taille (1928) und Emil und die Detektive (1929). Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden seine Bücher verbrannt, sein Werk erschien nunmehr in der Schweiz im Atrium Verlag. Erich Kästner erhielt zahlreiche literarische Auszeichnungen, u.a. den Georg-Büchner-Preis. Er starb 1974 in München.

Leseprobe
Das vierte Kapitel

Der kleine Mann will Dompteur werden / Sind Löwen denn keine Katzen? / Abenteuer mit Hackfleisch und Peitsche / Mäxchen im Zahnputzglas / Bericht von einem außergewöhnlichen Fußballspiel / Der Jokus springt durch einen brennenden Reifen.

Als der Zirkus Stilke wieder einmal in Mailand gastierte, sagte Mäxchen am dritten Tage ganz aufgeregt: "Jokus, hör zu, die Hotelkatze hat Junge. Vier Stück. Sie sind acht Wochen alt und hüpfen im Zimmer 228 von den Sesseln auf den Tisch, und wenn sie oben sind, hüpfen sie wieder herunter."

"Na ja", meinte der Professor, "ich halte das für ganz vernünftig. Sie können doch nicht dauernd auf dem Tisch bleiben!"

Doch der kleine Mann hatte heute keinen Sinn für Späße. "Das Stubenmädchen hat sie mir gezeigt", erzählte er eifrig. "Sie sind gestreift und sehen aus wie viel zu kleine Tiger."

"Haben sie dich gekratzt?"

"Überhaupt nicht!", versicherte der Junge. "Wir waren sogar sehr nett zueinander. Sie haben geschnurrt und ich hab sie mit ein bisschen Hackfleisch gefüttert."

Der Professor musterte ihn von der Seite. Dann fragte er: "Was hast du vor? Hm? Was führst du im Schilde? Heraus mit der Sprache!"

Mäxchen holte tief Luft und erklärte nach einer Pause: "Ich werde sie dressieren und im Zirkus vorführen."

"Wen? Das Stubenmädchen?"

"Nein!", rief der Junge erbost. "Die Kätzchen!"

Jokus von Pokus setzte sich verblüfft auf den Stuhl und schwieg zwei bis drei Minuten. Schließlich schüttelte er den Kopf, seufzte und sagte: "Katzen kann man nicht dressieren. Ich dachte, du wüsstest das."

Mäxchen lächelte siegesgewiss. Dann fragte er: "Sind die Löwen keine Katzen?"

"Doch, doch. Sie gehören zu den Raubkatzen. Da hast du recht."

"Und die Tiger? Und die Leoparden?"

"Das sind auch Raub- und Großkatzen. Da hast du schon wieder recht."

"Setzen sie sich, wenn der Dompteur es will, auf hohe Podeste? Springen sie durch Reifen?"

"Sogar durch brennende Reifen", ergänzte der Professor.

Der Junge rieb sich vergnügt die Hände. "Da hast du's!", rief er triumphierend. "Wenn man so riesige Katzen dressieren kann, dann kann man doch Kätzchen erst recht dressieren!"

"Nein", sagte der Professor energisch, "das kann man eben nicht!"

"Und warum nicht?"

"Ich habe keine Ahnung."

"Aber ich weiß den Grund", erklärte Mäxchen stolz.

"Nun?"

"Weil es noch kein Mensch versucht hat!"

"Und du willst es versuchen?"

"Jawohl! Ich habe schon einen Namen für die Nummer! Auf den Plakaten wird stehen 'Mäxchen und seine vier Kätzchen, der atemraubende erstmalige Dressurakt!'. Vielleicht erscheine ich mit einer schwarzen Maske! Und eine Peitsche zum Knallen brauche ich außerdem. Aber die habe ich schon. Ich nehme die Peitsche von meiner alten Spielzeugkutsche."

"Na, dann viel Spaß, junger Freund!", sagte der Herr von Pokus und schlug die Zeitung auf.

Schon am nächsten Morgen stellte das Stubenmädchen vier niedrige Fußbänke ins Zimmer 228 . Die vier kleinen Katzen schnupperten neugierig an den Bänkchen herum, trollten sich aber bald wieder in ihren Korb zurück und rollten sich faul zusammen.

Dann erschien der Etagenkellner. In der linken Hand trug er einen Teller mit Schabefleisch, in der rechten Hand hielt er Mäxchen. Und dieser hielt in der rechten Hand die lackierte Spielzeugpeitsche und in der linken einen spitzen Zahnstocher. "Zum Abwehren der Raubtiere", erklärte er. "Falls sie den Dompteur angreifen sollten. Und fürs Aufspießen vom Futter."

"Soll ich hierbleiben?", fragte der Kellner freundlich.

"Nein, bitte nicht", sagte der kleine Mann. "Das erschwert die Dressur. Es lenkt die Tiere ab."

Der Kellner ging also wieder.

Der Dompteur war mit seinen vier Opfern allei
Titel
Der kleine Mann
Illustrator
EAN
9783037921401
Format
E-Book (epub)
Altersempfehlung
ab 6 Jahre
Veröffentlichung
01.10.2018
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Dateigrösse
11.78 MB
Anzahl Seiten
208
Features
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet
Auflage
1. Auflage