Sie kletterten zusammen im Himalaja und Karakorum, im Yosemite-Nationalpark und in den Dolomiten, in Patagonien und der Antarktis - die sympathischen Brüder Alexander Huber und Thomas Huber, auch als 'Huberbuam' weltbekannt, gehören mit ihren extremen Routen seit mehr als 25 Jahren zu den Protagonisten der vertikalen Revolution. Doch was die wenigsten wissen: Schon als Kinder waren sie nicht nur Komplizen am Berg, sondern ebenso Rivalen. Feinsinnig lotet der Band aus, wie nahe sie sich einerseits stehen: Denn sie sind sowohl Brüder als auch Freunde, Nachbarn und eingespielte Trainingspartner. Und wie dennoch der Erfolg des einen den Ehrgeiz des anderen immer wieder herausfordert. Ein fesselnder Bericht über zwei außergewöhnliche Kletterer, ihre eindrucksvollsten Begehungen und gemeinsamen Höhen und Tiefen.

François Carrel, Bergsteiger und Journalist, befasst sich seit über 15 Jahren mit alpinen Themen und legt dabei besonderes Augenmerk auf den Himalaja. Neben Reportagen in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichte er u.a. eine Biografie über den französischen Bergsteiger Pierre Béghin. In seinem Band über die 'Huberbuam' geht er dem Erfolgsgeheimnis der beiden Brüder auf den Grund. Der Autor lebt in Grenoble.

Autorentext

François Carrel, Bergsteiger und Journalist, befasst sich seit über 15 Jahren mit alpinen Themen und legt dabei besonderes Augenmerk auf den Himalaja. Neben Reportagen in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlichte er u.a. eine Biografie über den französischen Bergsteiger Pierre Béghin. In seinem Band über die "Huberbuam" geht er dem Erfolgsgeheimnis der beiden Brüder auf den Grund. Der Autor lebt in Grenoble.



Leseprobe

Der Tag ist kaum angebrochen an diesem Sommermorgen des Jahres 1952. Thomas Huber, ein Bauernjunge aus dem Chiemgau, radelt wie ein Verrückter nach Süden, Richtung Berge. Er ist 13 Jahre alt und hat den Kopf voller Träume. Vom Hügel nahe seines Heimatdorfs Palling aus hat er schon oft die Chiemgauer Alpen betrachtet - die erste Gebirgsgruppe, die sich am Horizont abzeichnet. Es sind vierzig Kilometer bis dorthin, aber das ist ihm herzlich egal. Vor ein paar Wochen hat ein Cousin ihn zu einer Hüttenübernachtung mitsamt einer ersten einfachen Gipfelbesteigung mitgenommen. Seitdem hat Thomas Feuer gefangen, er sehnt sich nach den Bergen. Die Leute aus dem Dorf halten ihn für verrückt: Jeden Abend übt er in den maroden Felsen des alten Pallinger Steinbruchs das Klettern, immer mit dem Risiko, sich dabei den Hals zu brechen. Seine Eltern, strenge und traditionsgebundene Bauern, schimpfen mit ihm.

An diesem Morgen lässt er den elterlichen Hof, der jetzt schon schwer auf den Schultern des Heranwachsenden lastet, einfach mal hinter sich. Er hat nur eine Schwester, und so fällt ihm die Aufgabe zu, den Betrieb weiterzuführen. Er weiß schon, dass er keine höhere Schule besuchen kann und erst recht nicht, wie er es sich eigentlich erträumt hätte, Musik studieren wird - er, der so gern singt und voller Eifer mehrere Stunden am Tag Geige spielt. An diesem Morgen macht er sich einfach davon. Er tritt in die Pedale, als sei der Leibhaftige hinter ihm her, nur ist er magnetisch angezogen von der Hörndlwand, einem der schönsten Kletterberge in den Chiemgauer Alpen. Thomas hat kein Topo zur Planung und Orientierung, er hat keine Ausrüstung und keinerlei technisches Know-how - er hat nur die verrückte Zuversicht, dass er klettern kann, schließlich ist er ja die Wände im Steinbruch hochgekommen. Ihn treibt ein unbändiges Verlangen.

Bald ist er am Fuß des Berges angelangt und begutachtet ihn. Oberhalb des Sockels verspricht ein etwa 200 Meter hoher vertikaler Kamin einen leichten Aufstieg zum Gipfel. Er überwindet also den Wandfuß und begibt sich kurz darauf in den Kamin. Ohne jede Angst, weder vor dem Abgrund, der sich nach und nach unter ihm auftut, noch vor den technisch anspruchsvollen Passagen, die ihn erwarten, klettert er free solo, ohne Seil und ohne Erfahrung. Ohne es zu wissen, ist er in den Redwitz-Kamin eingestiegen, eine klassische Klettertour im vierten Grad, 1912 durch den Münchener Alpinisten Willi von Redwitz eröffnet. Nach etwa einem Drittel des Kamins stößt Thomas auf einen Überhang. Unmöglich, hier weiterzukommen: Die ausgesetzte Passage ist zu anspruchsvoll für ihn. Doch die letzten Meter, die er bis zum Erreichen des Felsblocks geklettert ist, kommt er nicht wieder zurück, dafür reicht sein spärliches technisches Repertoire nicht aus. Ihn erfasst Panik. Wenn er hier stürzt, ist er tot. Wie in Trance, unter Adrenalin, gelingt ihm dann doch der Weg zurück, und er steht mit wild klopfendem Herzen am Fuß des Berges. »Ich weiß nicht, wie ich da runtergekommen bin«, erzählt Thomas Huber heute mit einem Lächeln.

Der wie durch ein Wunder glimpflich überstandene Misserfolg dämpft nicht etwa seine aufkeimende Leidenschaft, er bestärkt ihn in seinem Willen: Ich werde Bergsteiger. Auf der langen Fahrradfahrt zurück nach Hause beschließt er: »So geht das nicht. Ich muss das Klettern lernen, und zwar richtig.« Von seinen Eltern kann er keinerlei Unterstützung erwarten, sie wollen von dieser Marotte ihres Sohnes nichts hören. Erst drei Jahre später, mit 16, nachdem er die Schule verlassen musste, um auf dem Hof zu arbeiten, zahlt ihm seine Tante Katarina, die so gern reist und so neugierig und offen durch die Welt geht, die Mitgliedschaft bei der Alpenvereinssektion Traunstein. Ab da verbringt Thomas seine gesamte Freizeit in den Bergen und gehört bald zu den aktivsten Bergsteigern seiner Generation.

Dabei hat er niemals die Abenteuerlust, den Ehrgeiz und die Begeisterung verloren



Inhalt

Kapitel 1: Wie der Vater, so der Sohn Kapitel 2: Der Beginn der Seilschaft Kapitel 3: Alexanders Höhenflug Kapitel 4: Thomas, am Ende der Stille Kapitel 5: Salathé, frei Kapitel 6: Wiedersehen im Himalaja Kapitel 7: The Golden Age Kapitel 8: In Shivas Hand Kapitel 9: Alexanders große Wände Kapitel 10: Free Solo Kapitel 11: Die Huberbuam beim Speedklettern Kapitel 12: Die Seilschaft mit den drei Streifen Epilog: Zwei Brüder, eine Seilschaft Anhang Die Kletterskalen im Überblick Die vierzig wichtigsten Routen von Alexander und Thomas Huber (1984 bis heute) Timeline Bibliografie Danksagung Bildnachweis

Titel
Alexander und Thomas Huber
Untertitel
Zwei Brder, eine Seilschaft
EAN
9783492977906
ISBN
978-3-492-97790-6
Format
E-Book (epub)
Hersteller
Herausgeber
Veröffentlichung
13.10.2017
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Dateigrösse
4.83 MB
Anzahl Seiten
272
Jahr
2017
Untertitel
Deutsch
Features
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet