Eine brutale Mordserie erschüttert eine abgelegene Benediktinerabtei. Als Commissario Luca Manaro fieberhaft nach einem Motiv für die grauenvollen Taten sucht, stoßen er und sein deutscher Kollege Lasse auf eingeschüchterte Mönche, einen alttestamentarisch-strengen Abt und eine Mauer des Schweigens. Je tiefer die Ermittler in die finsteren ...
Autorentext
Frauke Schuster Jahrgang 1958, wuchs in Ägypten auf und studierte Chemie an der Universität Regensburg. Neben der Liebe zum Orient und den Naturwissenschaften spielt die Schriftstellerei eine Hauptrolle in ihrem Leben. Bisher hat sie fünf Kriminalromane veröffentlicht, daneben verfasst sie Kurzkrimis auf Deutsch und Englisch. Ihre Kurzgeschichte »Quetschkorn und blaue Bohnen« wurde für den Kärntner Krimipreis 2008 nominiert. Frauke Schuster ist Mitglied der Autorenvereinigungen »Mörderische Schwestern« und »Das Syndikat«. www.fraukeschuster.de Foto: © privat
Leseprobe
Kapitel 1
Über dem uralten Pinienwald herrschten Finsternis und tiefste Stille, als sei die gesamte Welt dabei, in einem schwarzen Loch zu versinken. Nur vereinzelt brannte hinter den Fenstern des Klosters noch Licht; die winzigen hellen Flecken wirkten eigenartig verloren inmitten der schier allumfassenden Dunkelheit.
Das Auto, das sich auf der schmalen Asphaltstraße der Abbazia San Benedetto näherte, fuhr ohne Licht, als wolle es sich der allgemeinen Düsternis unterwerfen; oder hatte der Fahrer einfach vergessen, die Scheinwerfer einzuschalten? Ungewöhnlich langsam, fast im Schritttempo, bog es kurz vor der langen, mit Zypressen gesäumten Klosterzufahrt in einen Feldweg ein, rollte weiter bis zum Anfang der verschwiegenen Pineta, wo es unter den ersten Baumschirmen, die jegliches verbliebene Licht zu schlucken schienen, stehen blieb. Eine Gestalt, trotz der Lauheit der italienischen Sommernacht in eine dunkle Kapuzenjacke gehüllt, stieg aus, stapfte durch schwarzes Gras zur Mauer des Klostergartens. Hände tasteten die schmalen Backsteine ab, fanden Halt in Rissen und Spalten, und dann saß die Gestalt rittlings auf der Mauerkrone, starrte zu den gedrungenen Gebäuden mit den spärlichen Lichtflecken hinüber, malte sich aus, was in diesen beleuchteten Zimmern geschehen mochte. Sah, obwohl sie sie nicht wirklich sehen konnte, die Mönche im schwarzen Habit, wie sie sich über ihre Bücher beugten, sich zu den Texten, die sie studierten, Notizen machten, wie sie gelegentliche Blicke zu den Fenstern warfen und nur Schwärze wahrzunehmen vermochten. Das Dunkel, in dem die Zukunft verborgen lag. Eine schreckliche, grausame Zukunft, die dort drinnen, in der ruhigen Sicherheit der Zellen, niemand erahnen konnte ... Unverwandt, ohne zu blinzeln, starrte die Gestalt auf das Kloster, bis ihr vor Anstrengung die Augen tränten. Und plötzlich, wie so oft in ihrem Leben, überfiel sie das Gefühl, nicht allein zu sein, das Gefühl einer unsichtbaren Präsenz an ihrer Seite. Sie biss sich hart auf die Lippen, so fest, dass sich auf ihrer schmalen Unterlippe ein Blutstropfen zeigte, schwarz in der Nacht. Jetzt wusste die einsame Gestalt, was diese Empfindung bedeutete, dass sie kein Zeichen einer beginnenden Schizophrenie war, wie sie so lange befürchtet hatte! Nein, sie war keinesfalls psychisch krank; sie war vollständig gesund. So gesund, wie sie es für die Aufgabe, die sie sich zu erfüllen geschworen hatte, sein musste! Und in ihren Augen, deren Tränen unter der Kapuze glänzten wie dunkle Perlen, tanzten dämonische Feuer.
Heftiger, vom Meer aufkommender Wind rüttelte zornig an den Bäumen, als die einsame Gestalt zu ihrem Wagen zurückkehrte. Nur gelegentlich drang ein schwacher Schimmer des fahlen Mondlichts durch Lücken in der Wolkendecke, erhellte schwach das Gelände: den gepflasterten Vorhof des Klosters mit seinen Pinien und Zypressen, links hinten den dunklen Wald, die Pineta, der das angrenzende Sumpf- und Schilfgebiet der Pialassa Baiona verdeckte. Die Wipfel der höchsten Bäume schwankten im Sturm, dahinter lauerte tiefste Schwärze. Eine Schwärze, die an die Hölle gemahnte ... Ihr werdet eure Apokalypse bekommen, dachte die Gestalt, während sie noch einmal zum Kloster zurückblickte. Früher, als ihr denkt! Sie stieg in das Auto und fuhr nach Ravenna zurück.
Als der Wagen die Via Cimitero erreichte, hatte der Wind sich verstärkt, peitschte schwere, regenschwangere Wolken vor sich her. Die in ihre dunkle Jacke gehüllte Gestalt zog die Kapuze wieder über den Kopf, als erwarte sie im nächsten Moment einen Gewitterschauer. Das schmiedeeiserne Tor des Cimitero war abgesperrt, mit einem Vorhängeschloss gesichert. Mit einem raschen Blick ü
Autorentext
Frauke Schuster Jahrgang 1958, wuchs in Ägypten auf und studierte Chemie an der Universität Regensburg. Neben der Liebe zum Orient und den Naturwissenschaften spielt die Schriftstellerei eine Hauptrolle in ihrem Leben. Bisher hat sie fünf Kriminalromane veröffentlicht, daneben verfasst sie Kurzkrimis auf Deutsch und Englisch. Ihre Kurzgeschichte »Quetschkorn und blaue Bohnen« wurde für den Kärntner Krimipreis 2008 nominiert. Frauke Schuster ist Mitglied der Autorenvereinigungen »Mörderische Schwestern« und »Das Syndikat«. www.fraukeschuster.de Foto: © privat
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Kapitel 1
Über dem uralten Pinienwald herrschten Finsternis und tiefste Stille, als sei die gesamte Welt dabei, in einem schwarzen Loch zu versinken. Nur vereinzelt brannte hinter den Fenstern des Klosters noch Licht; die winzigen hellen Flecken wirkten eigenartig verloren inmitten der schier allumfassenden Dunkelheit.
Das Auto, das sich auf der schmalen Asphaltstraße der Abbazia San Benedetto näherte, fuhr ohne Licht, als wolle es sich der allgemeinen Düsternis unterwerfen; oder hatte der Fahrer einfach vergessen, die Scheinwerfer einzuschalten? Ungewöhnlich langsam, fast im Schritttempo, bog es kurz vor der langen, mit Zypressen gesäumten Klosterzufahrt in einen Feldweg ein, rollte weiter bis zum Anfang der verschwiegenen Pineta, wo es unter den ersten Baumschirmen, die jegliches verbliebene Licht zu schlucken schienen, stehen blieb. Eine Gestalt, trotz der Lauheit der italienischen Sommernacht in eine dunkle Kapuzenjacke gehüllt, stieg aus, stapfte durch schwarzes Gras zur Mauer des Klostergartens. Hände tasteten die schmalen Backsteine ab, fanden Halt in Rissen und Spalten, und dann saß die Gestalt rittlings auf der Mauerkrone, starrte zu den gedrungenen Gebäuden mit den spärlichen Lichtflecken hinüber, malte sich aus, was in diesen beleuchteten Zimmern geschehen mochte. Sah, obwohl sie sie nicht wirklich sehen konnte, die Mönche im schwarzen Habit, wie sie sich über ihre Bücher beugten, sich zu den Texten, die sie studierten, Notizen machten, wie sie gelegentliche Blicke zu den Fenstern warfen und nur Schwärze wahrzunehmen vermochten. Das Dunkel, in dem die Zukunft verborgen lag. Eine schreckliche, grausame Zukunft, die dort drinnen, in der ruhigen Sicherheit der Zellen, niemand erahnen konnte ... Unverwandt, ohne zu blinzeln, starrte die Gestalt auf das Kloster, bis ihr vor Anstrengung die Augen tränten. Und plötzlich, wie so oft in ihrem Leben, überfiel sie das Gefühl, nicht allein zu sein, das Gefühl einer unsichtbaren Präsenz an ihrer Seite. Sie biss sich hart auf die Lippen, so fest, dass sich auf ihrer schmalen Unterlippe ein Blutstropfen zeigte, schwarz in der Nacht. Jetzt wusste die einsame Gestalt, was diese Empfindung bedeutete, dass sie kein Zeichen einer beginnenden Schizophrenie war, wie sie so lange befürchtet hatte! Nein, sie war keinesfalls psychisch krank; sie war vollständig gesund. So gesund, wie sie es für die Aufgabe, die sie sich zu erfüllen geschworen hatte, sein musste! Und in ihren Augen, deren Tränen unter der Kapuze glänzten wie dunkle Perlen, tanzten dämonische Feuer.
Heftiger, vom Meer aufkommender Wind rüttelte zornig an den Bäumen, als die einsame Gestalt zu ihrem Wagen zurückkehrte. Nur gelegentlich drang ein schwacher Schimmer des fahlen Mondlichts durch Lücken in der Wolkendecke, erhellte schwach das Gelände: den gepflasterten Vorhof des Klosters mit seinen Pinien und Zypressen, links hinten den dunklen Wald, die Pineta, der das angrenzende Sumpf- und Schilfgebiet der Pialassa Baiona verdeckte. Die Wipfel der höchsten Bäume schwankten im Sturm, dahinter lauerte tiefste Schwärze. Eine Schwärze, die an die Hölle gemahnte ... Ihr werdet eure Apokalypse bekommen, dachte die Gestalt, während sie noch einmal zum Kloster zurückblickte. Früher, als ihr denkt! Sie stieg in das Auto und fuhr nach Ravenna zurück.
Als der Wagen die Via Cimitero erreichte, hatte der Wind sich verstärkt, peitschte schwere, regenschwangere Wolken vor sich her. Die in ihre dunkle Jacke gehüllte Gestalt zog die Kapuze wieder über den Kopf, als erwarte sie im nächsten Moment einen Gewitterschauer. Das schmiedeeiserne Tor des Cimitero war abgesperrt, mit einem Vorhängeschloss gesichert. Mit einem raschen Blick ü
Titel
Vergeltet, wie auch sie vergalten
Untertitel
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet
Autor
EAN
9783942822732
ISBN
978-3-942822-73-2
Format
E-Book (epub)
Hersteller
Herausgeber
Veröffentlichung
01.10.2013
Digitaler Kopierschutz
frei
Anzahl Seiten
374
Jahr
2013
Untertitel
Deutsch
Auflage
verbessert und um ein Glossar ergänzt
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