Gefühle haben gegenwärtig einen hohen Aufmerksamkeitswert. Spätestens seit Anfang der 1990er Jahre sind Emotionen zu einem zentralen Gegenstand in den Lebens-, Geistes- und Sozialwissenschaften geworden. Emotionen sind Thema interdisziplinärer Diskurse, zu denen eine Reihe von wissenschaftlichen Forschungsverbünden entstanden sind. In der deutschen Politikwissenschaft hatten es Gefühle jedoch bisher nicht leicht. Sie fremdelte mit Emotionen. Auch wenn sich in der empirischen Politikwissenschaft seit Mitte der 1980er Jahre die Emotionsforschung zu einem eigenständigen Teilgebiet entwickelt hatte und aktuell zumindest im Bereich der politischen Theorie immer häufiger Annäherungsversuche festzustellen sind, ist die Emotionsforschung in der Politikwissenschaft eher eine Randerscheinung geblieben. Dies ist umso erstaunlicher, als Emotionen in der Politik eine zentrale Rolle spielen. Seit jeher versuchen Politikerinnen und Politiker, mittels der gezielten Adressierung von Gefühlen das Volk zu mobilisieren und sich Legitimität für ihr Handeln zu verschaffen. Auch die Bürger*innen reagieren emotional auf die Politik und ihre Akteure. Sie wollen emotional angesprochen und von der Politik mitgenommen werden. Erst vor diesem Hintergrund scheinen in jüngster Zeit Gefühle bzw. Emotionen im Kontext der Politik stärker ins Zentrum der Politikwissenschaft gerückt zu sein.Diese Ausgabe von POLITIKUM beschäftigt sich mit unterschiedlichen Dimensionen und Aspekten des Verhältnisses von Gefühlen und Politik. Dabei geht es um ein grundlegendes sozialwissenschaftliches Verständnis von Emotionen und um die Rolle von kollektiven Emotionen in politischen Kontexten. Beleuchtet werden die Gründe der aktuellen Konjunktur von Emotionen in den Sozialwissenschaften, die Bedeutung von Emotionen für die Demokratie sowie die Beziehung von Emotionen und Nation. Des Weiteren beschäftigt sich die Ausgabe mit der Funktion von Emotionen in der Rhetorik der Neuen Rechten sowie mit Auswirkungen von Emotionen auf die Popularität von Politiker*innen. Darüber hinaus nehmen die Beiträge Strategien der Emotionalisierung politischer Nachrichten und politischer Meinungsbildung, den Zusammenhang von Emotionen und politischer Identitätsbildung in den Blick. Nicht zuletzt werden die Beziehung von Emotionen und politischem Handeln sowie von Emotionen und politischer Bildung thematisiert. Insgesamt soll das Heft die Vielzahl der Dimensionen des Verhältnisses von Emotionen und Politik verdeutlichen sowie die Anschlussfähigkeit von Emotionen an Kernbereiche der Politikwissenschaft illustrieren.

Autorentext

Dr. Brigitte Bargetz
Brigitte Bargetz ist wissenschaftliche Mitarbeiterin (post doc) im Bereich Politische Theorie und Ideengeschichte am Institut für Sozialwissenschaften der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel sowie Mitherausgeberin der "Femina Politica. Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft" und arbeitet u.a. zu einer Theoretisierung affektiver Politiken zwischen Angst, Solidarität und Sentimentalität.

Prof. Dr. Ute Frevert
ist Geschäftsführende Direktorin des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin.

Prof. em. Dr. Oscar W. Gabriel
war von 1992 bis 2012 Inhaber des Lehrstuhls für Politische Systeme und Politische Soziologie an der Universität Stuttgart.

Prof. Dr. Klaus Kamps
ist Professor für Kommunikationswissenschaft an der Hochschule der Medien (HdM) in Stuttgart.

Kristina Langeder
ist als Referentin für politische Bildung im Friedensbüro Salzburg tätig und angehende Lehrerin für die Fächer Geschichte/Sozialkunde/Politische Bildung, Psychologie/Philosophie und Englisch.

Prof. Dr. Jürgen Manemann
ist Direktor des Forschungsinstituts für Philosophie in Hannover.

Dr. Claudia Ritter
lehrt Politische Theorie und Politisches System am FB Gesellschaftswissenschaften der Universität Kassel.

Prof. Dr. Christian von Scheve
ist Professor für Soziologie an der Freien Universität Berlin, Mitglied des Vorstands des Sonderforschungsbereichs "Affective Societies" sowie Research Fellow am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin.

Dr. Rudolf Speth
ist Privatdozent für Politikwissenschaft an der FU Berlin und freier Publizist.

Prof. Dr. Gyburg Uhlmann
ist Professorin für Klassische Philologie an der Freien Universität Berlin. Im Zentrum ihres Forschungsinteresses stehen antike Philosophie und Rhetorik.



Zusammenfassung
Gefuhle haben gegenwartig einen hohen Aufmerksamkeitswert. Spatestens seit Anfang der 1990er Jahre sind Emotionen zu einem zentralen Gegenstand in den Lebens-, Geistes- und Sozialwissenschaften geworden. Emotionen sind Thema interdisziplinarer Diskurse, zu denen eine Reihe von wissenschaftlichen Forschungsverbunden entstanden sind. In der deutschen Politikwissenschaft hatten es Gefhle jedoch bisher nicht leicht. Sie fremdelte mit Emotionen. Auch wenn sich in der empirischen Politikwissenschaft seit Mitte der 1980er Jahre die Emotionsforschung zu einem eigenstndigen Teilgebiet entwickelt hatte und aktuell zumindest im Bereich der politischen Theorie immer hufiger Annherungsversuche festzustellen sind, ist die Emotionsforschung in der Politikwissenschaft eher eine Randerscheinung geblieben. Dies ist umso erstaunlicher, als Emotionen in der Politik eine zentrale Rolle spielen. Seit jeher versuchen Politikerinnen und Politiker, mittels der gezielten Adressierung von Gefhlen das Volk zu mobilisieren und sich Legitimitt fr ihr Handeln zu verschaffen. Auch die Brger*innen reagieren emotional auf die Politik und ihre Akteure. Sie wollen emotional angesprochen und von der Politik "e;mitgenommen"e; werden. Erst vor diesem Hintergrund scheinen in jngster Zeit Gefhle bzw. Emotionen im Kontext der Politik strker ins Zentrum der Politikwissenschaft gerckt zu sein. Diese Ausgabe von POLITIKUM beschftigt sich mit unterschiedlichen Dimensionen und Aspekten des Verhltnisses von Gefhlen und Politik. Dabei geht es um ein grundlegendes sozialwissenschaftliches Verstndnis von Emotionen und um die Rolle von kollektiven Emotionen in politischen Kontexten. Beleuchtet werden die Grnde der aktuellen Konjunktur von Emotionen in den Sozialwissenschaften, die Bedeutung von Emotionen fr die Demokratie sowie die Beziehung von Emotionen und Nation. Auerdem beschftigt sich die Ausgabe mit der Funktion von Emotionen in der Rhetorik der Neuen Rechten, mit Auswirkungen von Emotionen auf die Popularitt von Politiker*innen, mit Strategien der Emotionalisierung politischer Nachrichten und politischer Meinungsbildung und dem Zusammenhang von Emotionen und politischer Identittsbildung. Nicht zuletzt werden die Beziehung von Emotionen und Feminismus sowie von Emotionen und politischer Bildung thematisiert. Insgesamt soll das Heft die Vielzahl der Dimensionen des Verhltnisses von Emotionen und Politik verdeutlichen und die Anschlussfhigkeit von Emotionen an Kernbereiche der Politikwissenschaft illustrieren.

Inhalt
Politik und Gefühl Christian von Scheve Emotionen in der Politik Kollektivität, Normativität und Diskurs Auch Gefühle sind Fakten Interview mit Prof. Dr. Ute Frevert Rudolf Speth Nation und Emotion Von der vorgestellten zur emotional erfahrbaren Gemeinschaft Jürgen Manemann Emotionen und Demokratie Brigitte Bargetz Politik der Empathie Eine feministische Kritik Gyburg Uhlmann Emotionen in der Rhetorik der Neuen Rechten Claudia Ritter Emotionen und politische Identitäten Oskar Gabriel Steigern emotionale Botschaften die Popularität von Politikern? Klaus Kamps Emotionen als Medienstrategie Die Politik gefühlter Nachrichten in den USA Forum Kristina Langeder Emotive Wende? Die ambivalente Rolle von Emotionen in Theorie und Praxis politischer Bildungsarbeit
Titel
Emotionen
Untertitel
Politikum 1/2020
EAN
9783734409653
Format
E-Book (pdf)
Veröffentlichung
25.02.2020
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Anzahl Seiten
80
Größe
B21mm
Lesemotiv