»Kulturkrise« war ein Zauberwort der Jahrhundertwende. In ihm verdichtete sich um 1900 ein komplexes Zusammenspiel von Befunden über die Gesellschaft. Das Phantasma der »Verweiblichung« der Kultur deutet nicht nur auf einen Paradigmenwechsel der Geschlechterdifferenz hin, sondern es beschreibt auch die Genealogie einer Gesellschaft, die ihre Einheit über den Körper stiftet: Der Körper interveniert in die heterogenen Diskurse und ist, vermessen und kartographiert, als Geschlechts-, »Rasse«-, Kultur- und Gesellschaftskörper konstitutiv für soziale Ordnung. Eingebunden in die Sorge um das Leben des einzelnen und der Bevölkerung, in Fragen von Fortpflanzung und Vererbung, wird Geschlecht zum organisierenden Prinzip von Kultur und Gesellschaft. Die Autorinnen verdeutlichen in der diskursanalytischen Rekonstruktion geschlechtliche »rassische« und kulturelle Subjektivierungsweisen als Machtwirkungen einer diskursiven Ordnung, die in Praktiken der Auslese des arbeitenden, lebenden und liebenden Menschen münden. Unveränderter Nachdruck



Autorentext
Hannelore Bublitz ist Professorin für Allgemeine Soziologie, Sozialwissenschaften und Sozialphilosophie an der Universität Paderborn. Christine Hanke ist Professorin für Digitale und Audiovisuelle Medien an der Universität Bayreuth. Andrea Seier ist Professorin für Medienwissenschaft am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien.

Inhalt
Kultur< und Geschlecht um 1900Hannelore BublitzArchäologie >des Menschen der Moderne<>Kulturkrise< und die Generativität von GeschlechtGeschlecht(erdifferenz) als Effekt einer Geschlechterpolitik der HumanwissenschaftenDie Machtwirkung von Körpertechnologien: Biologisierung von Mensch und GesellschaftLiteraturZweifelhafte Einheiten und verstreute Ereignisse:Zum diskursanalytischen VerfahrenChristine Hanke/Andrea SeierDiskurs als gesellschaftliche PraxisStatus und Umgang mit den Foucault'schen BegrifflichkeitenZur (Re-)Konstruktion diskursiver FormationenDiskursanalyse im Spannungsfeld von Rekonstruktion und DekonstruktionLiteratur"Überall Cultur und kein Ende". Zur diskursiven Konstitution von >Kultur< um 1900Andrea SeierZur VorgehensweiseDas Ereignishafte sichtbar machen: Zur diskursanalytischen PerspektiveZur diskursiven Konstitution von KulturKultur als integratives und fragmentierendes PrinzipIm Namen der Kultur 1: Vergleichen, Klassifizieren, HierarchisierenIm Namen der Kultur II: Beobachten, Ordnen, VorhersagenKulturwissenschaften im akademischen Feld der JahrhundertwendeKultur(verfall)?LiteraturZwischen Evidenz und Leere. Zur Konstitution von >Rasse< im physisch-anthropologischen Diskurs um 1900Christine HankeDas Feld der RassenanthropologieDie Konstitution von >RassenRasse< in synchroner PerspektiveDie Einbeziehung der Zeit - zur Entwicklungsgeschichte der MenschheitZur Konzeption von >Kultur< im ethnologischen DiskursZum Verhältnis von >RasseKulturdem Walten der Naturgesetze<: Sozialdarwinismus als Schnittstelle der Rationalisierung von Arbeit, Bevölkerungspolitik und SexualitätHannelore Bublitz>Die Ausmerzung alles Unrationellen<: Tayloristische Arbeitswissenschaft und die Kräfteökonomie des psycho-physischen ApparatsGesellschaftsbiologie und Kulturvolk. Der rassenhygienische Diskurs als Machtwirkung darwinistischer DiskurspraktikenDie Kulturaufgabe der Frau und die "neue Ethik". Zur Sittlichkeitsdebatte um 1900Schlussüberlegungen: Biologisierung von Mensch und GesellschaftLiteraturAnhang
Titel
Der Gesellschaftskörper
Untertitel
Zur Neuordnung von Kultur und Geschlecht um 1900
EAN
9783593449227
Format
E-Book (pdf)
Veröffentlichung
14.04.2021
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Dateigrösse
18.33 MB
Anzahl Seiten
328