Hans Kammerlander, 1956 in Ahornach, Südtirol, geboren, Extrembergsteiger, Bergführer und Skilehrer, unternahm rund fünfzig Erst- und sechzig Alleinbegehungen in den Dolomiten und Alpen und bezwang die höchsten Berge der Welt, darunter zwölf Achttausender. Er ist Autor mehrerer erfolgreicher Bücher ('Bergsüchtig' u.a.) und berichtet in Vorträgen von seinen Expeditionen. Zuletzt erschienen sein Band 'Seven Second Summits' über die Besteigung der zweithöchsten Berge der Welt sowie seine Autobiografie 'Hans Kammerlander - Höhen und Tiefen meines Lebens', die er in Gesprächen mit den Journalisten Verena Duregger und Mario Vigl aufgezeichnet hat. Hans Kammerlander lebt in Ahornach, Südtirol.
Autorentext
Hans Kammerlander, 1956 in Ahornach, Südtirol, geboren, Extrembergsteiger, Bergführer und Skilehrer, unternahm rund fünfzig Erst- und sechzig Alleinbegehungen in den Dolomiten und Alpen und bezwang die höchsten Berge der Welt, darunter zwölf Achttausender. Er ist Autor mehrerer erfolgreicher Bücher ("Bergsüchtig" u.a.) und berichtet in Vorträgen von seinen Expeditionen. Zuletzt erschienen sein Band "Seven Second Summits" über die Besteigung der zweithöchsten Berge der Welt sowie seine Autobiografie "Hans Kammerlander Höhen und Tiefen meines Lebens", die er in Gesprächen mit den Journalisten Verena Duregger und Mario Vigl aufgezeichnet hat. Hans Kammerlander lebt in Ahornach, Südtirol.
Leseprobe
Prolog
Als ich aufwachte, war es dunkel. Ich brauchte ein paar Sekunden, um mich zu orientieren. Wo war ich? Was war das für ein Raum, was für ein Bett, in dem ich da ausgestreckt lag? Als sich der Nebel des Fremden auflöste, begriff ich. Ich lag im Krankenhaus. Neben mir stand auf Rollen ein metallisch blitzender Galgen. An seinem Ende hing an einem halbrund gebogenen Haken eine Flasche. Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit, und ich konnte erkennen, daß aus der Flasche, etwa in Fünf-Sekunden-Abständen, Tropfen in einen kleinen Behälter fielen und von dort in einen durchsichtigen Schlauch rannen, der in die Vene meines rechten Armes mündete. Das alles ging völlig geräuschlos vor sich, und doch glaubte ich es hören zu können: plop plop plop ...
Ich schaute auf meine Uhr, die gleich neben mir auf einem dieser weißen Nachttische lag, wie es sie nur in Krankenhäusern gibt. Komplett aus Metall, mit einer Schublade, die meist klemmt, darunter eine Ablage ohne Rückwand und eine Klapptür, die nur unter Zuhilfenahme beider Hände zu öffnen ist, weil sonst gleich das ganze Gestell davonrollt. Es war kurz vor Mitternacht. Ein paar Minuten noch, dann würde ein neuer Tag beginnen, der 28.Mai 1998. Gegen sechs Uhr käme eine freundliche Schwester mit einer häßlich dicken Nadel, würde mir freundlich lächelnd Blut abzapfen, dann den Puls messen und sich anschließend freundlich lächelnd verabschieden, weil Schichtwechsel wäre und sie, im Gegensatz zu mir, endlich heimgehen könnte.
Ich war gar nicht müde, und das wunderte mich fast. Den ganzen Tag über hatten sie sich gegenseitig die Klinke meiner Zimmertür in die Hand gegeben. Ein Journalist, dann noch einer, ein Fotograf, ein Kamerateam vom Fernsehen, meine Frau Brigitte, ein paar gute Freunde, Bekannte, Ärzte, Schwestern, die Laborantin, noch ein Journalist, noch zwei Fotografen und später erneut Brigitte. Ich mußte, gemessen an diesem Besucherstrom, der Star im Krankenhaus von Bruneck sein. Und während der ganzen Zeit läutete fast ohne Unterlaß das Telefon. Nicht, daß mir die Besuche und Anrufe lästig gewesen wären. Im Gegenteil, ich freute mich über jeden neuen Gast und über sämtliche Telefonate, die mich aus halb Mitteleuropa erreichten. Aber irgendwann war es genug, denn das alles ging nun schon seit vier Tagen so. Gleich nach dem Abendessen mußte ich dann eingeschlafen sein, und nun kroch der Minutenzeiger meiner Uhr im Schneckentempo um das Rund des Zifferblattes. So eine gute Uhr und doch so langsam. Jetzt war es erst kurz nach Mitternacht, und ich war weiterhin kein bißchen müde.
Mein Blick wanderte langsam durch das Zimmer und blieb schließlich am unteren Ende der Bettdecke hängen. Vorsichtig schob ich meine Beine heraus. Der linke Fuß steckte in einem für meine Begriffe viel zu dicken weißen Verband, am rechten waren sie etwas gnädiger gewesen. Über mir tropfte es aus der Flasche. Sie war nicht einmal halb leer. Am Morgen würde sie ausgetauscht und eine neue an den Galgen gehängt werden. Auch diesen Vorgang kannte ich mittlerweile, denn das ging ebenfalls bereits seit vier Tagen so.
Am 23.Mai hatten mich Brigitte und Werner Beikircher auf dem Franz-Josef-Strauß-Flughafen in München abgeholt und waren mit mir in das Innsbrucker Landeskrankenhaus gefahren. Dr. Werner Beikircher, spezialisiert als Anästhesist, ist ein befreundeter Arzt, der seine Patienten im Krankenhaus von Bruneck in den Tiefschlaf befördert. In Innsbruck hatte er hören wollen, ob die dort ansässigen Fachärzte jene Diagnose bestätigten, die bereits in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu gestellt worden war.