Der Romanzyklus "Die Göttinnen" oder "Die drei Romane der Herzogin von Assy" entfaltet Heinrich Manns Porträt einer Frau, deren Leben von sinnlicher Intensität, geistiger Neugier und unstillbarem Freiheitsdrang geprägt ist. Im Mittelpunkt steht die Herzogin von Assy, deren Existenz sich wie ein kunstvoll komponiertes Mosaik aus Erfahrungen, Leidenschaften und inneren Wandlungen liest. Mann strukturiert diese Entwicklung durch drei symbolische Leitfiguren der römischen Mythologie: Diana, Minerva und Venus - Sinnbilder für Freiheit, Schönheit und Liebe. Jede dieser Göttinnen ist nicht nur Ideenträgerin, sondern auch mit einer Stadt verknüpft: Rom, Venedig und Neapel. Damit entsteht ein geographisch wie geistig erlebbarer Entwicklungsbogen. Diana verkörpert den souveränen, ungebändigten Willen, sich keiner Macht - am wenigsten der männlichen - zu unterwerfen. Minerva, die Schutzgöttin der Künste und des Denkens, steht für das Bedürfnis, das Schöne zu formen und zu bewahren, für eine stille, beinahe mütterliche Fürsorge. Venus schließlich repräsentiert die Liebe in all ihren Facetten - als körperliche Hingabe, emotionale Reife und seelische Erfüllung. Auf ihren Reisen durch diese Städte durchlebt die Herzogin jene drei mythischen Archetypen und verwandelt sich von der politisch wagemutigen Diana über die kulturbewusste, kunstverehrende Minerva hin zur Venus, in der ihre Leidenschaften und Erkenntnisse gipfeln. Heinrich Mann zeigt dabei, dass Freiheit, Schönheit und Geist immer wieder auf ein Zentrum zurückführen: die Liebe, der letztlich alle drei göttlichen Symbole untergeordnet sind.