J. D. Rinehart lebt in Nottinghamshire, England. Wenn er nicht gerade schreibt, besichtigt er Burgen, schaut Filme oder streift mit seiner Dänischen Dogge Sir Galahad durch die Natur.
Autorentext
J. D. Rinehart lebt in Nottinghamshire, England. Wenn er nicht gerade schreibt, besichtigt er Burgen, schaut Filme oder streift mit seiner Dänischen Dogge Sir Galahad durch die Natur.
Leseprobe
Erstes Buch
Fünfzehn Jahre später
Kapitel 1Gulph starrte auf die Menge. Ein Meer von Gesichtern umringte ihn, manche erwartungsvoll, andere gelangweilt. Es mussten Hunderte Zuschauer sein - vielleicht sogar tausend -, und alle erlesen gekleidet, wie er es noch nie gesehen hatte. Sie füllten die Ränge der Großen Halle von Toronia. In eitlen Tagträumen hatte er sich oft vorgestellt, vor einem solchen Publikum zu spielen - allerdings nicht als Gefangener des Königs.
Er schöpfte Atem, und die Düfte der saftigen Bratenstücke, die die Diener auf Tabletts vorbeitrugen, ließen seinen leeren Magen knurren. Er lauschte auf das dumpfe Gemurmel der Menge. Die Gäste des Königs unterhielten sich, rückten sich auf ihren Stühlen zurecht und fächelten sich Luft zu. In den Lichtstrahlen, die durch die golden schimmernden Dachfenster hereinfielen, sah er den Staub tanzen. Gab es so etwas? Glas, das aus Gold gemacht war? Gulph wusste es nicht.
»Fangt endlich an!«, rief jemand aus den hinteren Reihen.
Als ob wir eine Wahl hätten, dachte Gulph.
Er verbeugte sich tief, so tief, dass seine Nase die linke Schuhspitze berührte. Und er wartete, bis die Welle der Belustigung die ganze Menge erfasst hatte. Dann richtete er sich wieder auf, wartete und bog sich nach hinten. Diesmal stockte den Zuschauern der Atem. Gulph krümmte seinen Rücken so weit, dass er die Fesseln mit den Händen packen konnte, streckte den Kopf durch die Beine vor und grinste, so breit er nur konnte.
Derartig verrenkt durchquerte Gulph die Arena. Dabei kam er an Pip vorbei, die von einem Fuß auf den anderen hüpfte und dabei mit Äpfeln und Birnen jonglierte. Sie zwinkerte ihm deutlich sichtbar zu, aber die Traurigkeit in ihren braunen Augen war nicht zu übersehen. Die anderen Tangletree-Mitglieder sahen zu und klatschten in die Hände. Sidebottom John, der den Narren spielte, setzt noch eins drauf, indem er einen Handstand machte und die Schellen an seinen Fußgelenken klingeln ließ.
Die Menge stimmte in den Applaus mit ein. Als Gulph wieder in der Mitte ankam, waren viele aufgesprungen. Er stellte die Hände auf den Boden und schwang die Beine über den Kopf. So landete er auf den Füßen und verbeugte sich wieder, diesmal in Richtung der Königsloge.
König Brutan und Königin Magritt waren in ihren Purpurmänteln nicht zu übersehen. Der König strich sich ausdruckslos über den Bart. Und die Königin nickte kurz, aber anstelle eines Lächelns glaubte Gulph, eine finstere Miene zu erkennen.
Da schob sich eine Wolke vor die Sonne, und das goldene Licht erlosch. Mit einem Mal sah Gulph die Große Halle, wie sie wirklich war: ein ehemals prächtiger Saal, der mit den Jahren arg heruntergekommen war. Von den mächtigen Säulen blätterte der Putz, die Uniformen der Bediensteten waren zerschlissen und nur notdürftig geflickt.
Schloss Berg mochte noch immer das Herz des Königreichs sein. Aber es war krank, dieses Herz.
In der Königsloge entdeckte Gulph noch ein anderes Gesicht, das er am liebsten niemals gesehen hätte: der aufgeblasene General Elrick glich einem Wiesel, wie er selbstgefällig neben dem Königspaar saß und immer wieder auf die beiden einredete, ohne ihr Missfallen zu bemerken.
Elrick war es gewesen, der die Tangletree-Truppe hier nach Idilliam gebracht hatte. Kriegsmüde, wie er war, hatte er bei einer Aufführung vor Brutans Soldaten in den nahen Wäldern von Isur Gefallen an Gulph und seiner Gruppe fahrender Gaukler gefunden. Reichtümer und wohlgefüllte Bäuche hatte er ihnen versprochen, dazu ein warmes Quartier in der Obhut des Königs.
Aber alles war anders gekommen. General Elrick hatte die Artisten dem König als Kriegsbeute vorgeführt, und ihre neue Behausung war eine eiskalte Gefängniszelle, die sie sich zu zwölft teilen mussten. Schon zuv