James Nestor hat unter anderem für Outside, Dwell, Men's Journal, das National Public Radio, den San Francisco Chronicle, die New York Times und das San Francisco Magazine geschrieben.
Vorwort
Im Reich der Tiefe
Autorentext
James Nestor hat unter anderem für Outside, Dwell, Men's Journal, das National Public Radio, den San Francisco Chronicle, die New York Times und das San Francisco Magazine geschrieben.
Leseprobe
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ICH BIN ZU GAST HIER, ein Journalist, der über ein Sportereignis berichtet, von dem bisher kaum jemand gehört hat: die Weltmeisterschaft im Freitauchen. Ich sitze an einem kleinen Schreibtisch in einem Hotelzimmer am Meer mit Blick auf die Strandpromenade des griechischen Urlaubsorts Kalamata. Das Hotel ist alt, man sieht es an den feinen Rissen im Putz der Wände, am fadenscheinigen Teppich und den Schmutzschatten von Bildern, die einst in den halbdunklen Gängen hingen.
Hierher geschickt wurde ich von der Zeitschrift Outside, weil die AIDA Individual Depth World Championship 2011 ein Meilenstein für das Freitauchen ist das größte Athletentreffen in der Geschichte dieses kaum bekannten Sports. Da ich mein ganzes Leben in der Nähe des Meeres zugebracht habe, schon immer einen großen Teil meiner Freizeit darin verbracht habe und oft darüber schreibe, fand der Herausgeber, dass der Auftrag wie gemacht für mich sei. Er wusste nicht, dass ich vom Freitauchen kaum eine Ahnung hatte. Ich hatte es nie selbst ausprobiert, kannte niemanden, der freitauchte, und hatte bei dieser Art des Tauchens noch nicht einmal zugesehen.
Meinen ersten Tag in Kalamata verbringe ich also damit, mich über die Wettbewerbsregeln und die Stars des Sports zu informieren. Was ich da sehe, beeindruckt mich überhaupt nicht. Ich klicke mich durch Fotos von Freitaucherinnen im Meerjungfrauen-Look, die mit dem Kopf nach unten im Wasser schweben und per Handzeichen signalisieren, dass alles in Ordnung ist, oder raffinierte Luftblasenringe am Grund eines Swimmingpools ins Wasser pusten. Offenbar wieder so ein seltsames Hobby wie Charleston-Tanzen, dem die Leute nachgehen, um auf Cocktailpartys damit anzugeben und in ihrem Facebook-Profil darauf zu verweisen.
Aber Auftrag ist Auftrag. Um halb sechs am nächsten Morgen überrede ich im Jachthafen von Kalamata einen etwas abgerissen wirkenden Kanadier, den es von Quebec nach Griechenland verschlagen hat, mich auf seinem 8-Meter-Segelboot mitzunehmen. Es ist das einzige Boot für Zuschauer, das da draußen, etwa 16 Kilometer vor Kalamata im tiefen offenen Meer, beim Wettbewerb zugelassen ist. Ich bin der einzige Journalist an Bord. Um acht Uhr erreichen wir eine Flottille aus Motorbooten, Plattformen und Ausrüstungsträgern, die den Teilnehmern als Basis dient. Die Taucher der ersten Gruppe nehmen nach ihrer Ankunft ihre Positionen neben drei gelben Seilen ein, die von einer Plattform ganz in der Nähe herabhängen. Ein Kampfrichter zählt von zehn herunter. Der Wettbewerb beginnt.
Was ich dann sehe, ist ebenso verblüffend wie erschreckend für mich.
Ich schaue zu, wie ein bleistiftdünner Neuseeländer namens William Trubridge tief Atem holt, seinen Körper spannt und mit nackten Füßen in das kristallklare Wasser eintaucht. Mit weiten Schwimmzügen kämpft er sich die ersten drei Meter hinunter. Dann, in etwa sechs Metern Tiefe, legt er die Arme wie ein Fallschirmspringer an den Körper und sinkt immer tiefer, bis er verschwindet. Ein Kampfrichter, der einen Sonarschirm an der Oberfläche beobachtet, verfolgt seinen Abstieg und sagt die Tiefen an: »Dreißig Meter vierzig Meter fünfzig Meter.«
Trubridge erreicht das Ende des 100-Meter-Seils, wendet und schwimmt wieder Richtung Oberfläche. Nach drei quälenden Minuten taucht seine winzige Gestalt im tiefen Wasser auf wie ein Scheinwerfer im Nebel. Er streckt den Kopf aus dem Meer, atmet aus, holt noch einmal tief Atem, zeigt einem Kampfrichter an, dass alles okay ist, und macht dann Platz für den nächsten Teilnehmer. Trubridge ist gerade dreißig Stockwerke tief hinuntergetaucht und wieder hochge
Inhalt
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Aufstiege
Epilog
Dank
Anmerkungen
Bibliografie