St. Louis, Missouri, 1849: Finola Shanahans Herz schlägt für die Bedürftigen. Am liebsten würde die eigensinnige Tochter aus reichem Hause in einen wohltätigen Orden eintreten und sich ganz ihren Besuchen bei armen Einwanderern widmen. Doch ihre irische Familie schaltet einen Heiratsvermittler ein, der Finola unter die Haube allerdings nicht die Nonnenhaube bringen soll. Mit großem Einfallsreichtum sabotiert Finola alle Vermittlungsversuche. Doch dann taucht ein Heiratskandidat auf, der sich nicht so leicht abwimmeln lässt: Der ambitionierte Wagner und Kutschenbauer Riley Rafferty. Eigentlich stammt er aus einer ganz anderen Schicht als sie. Doch es hat den Anschein, als würden sich da zwei Sturköpfe begegnen, die einander ebenbürtig sind. Als in St. Louis die Cholera ausbricht, sind Finola und Riley gezwungen, zusammenzuarbeiten
Autorentext
Jody Hedlund studierte soziale Arbeit und began neben ihrer beruflichen Tätigkeit mit dem Schreiben. Sie und ihr Mann leben in Michigan, lieben aber auch die wilden Bergregionen Colorados, in denen einige von Jodys Geschichten angesiedelt sind. Sie haben fünf Kinder, mittlerweile alle im Teenager- oder Erwachsenenalter. www.jodyhedlund.com Instagram: jodyhedlund Facebook: Jody Hedlund
Leseprobe
St. Louis, Missouri Januar 1849 »Trödle nicht so, Finola!« Madigan sprang am Broadway auf die Straße und wich einem Pferdeomnibus aus, der durch den schweren Matsch rollte. »Der Heiratsvermittler wartet.« »Hetz mich nicht!« Finola Shanahan folgte ihrem jüngeren Bruder und stakste auf Zehenspitzen vorsichtig in den Matsch. Sie hob die schwarze Kutte hoch, die ihr die Schwestern der Barmherzigkeit großzügig überlassen hatten und die sie trug, wenn sie die Schwestern bei ihrer wohltätigen Arbeit begleitete. »Ich gehe, so schnell ich kann.« »Mama und Papa haben von deiner Widerspenstigkeit die Nase voll.« Madigan schaute sie warnend an. Der Sechzehnjährige war mit seinen großen, blauen Augen und seinem braunen Haar bereits ein attraktiver junger Mann, nach dem sich die Mädchen umdrehten. Alle behaupteten, dass sich Finola und Madigan von den sechs Shanahan-Kindern am ähnlichsten sahen. Ja, sie hatte die gleichen blauen Augen und das gleiche braune Haar wie er. Aber die Sommersprossen hatte Gott nicht gerecht zwischen ihnen aufgeteilt. Die hatte alle Finola abbekommen. Der Winterwind zerrte an ihrer Haube und jagte einen Schauer über ihren Rücken. »Ich bin eine pflichtbewusste Tochter.« Madigan schnaubte: »Und ich bin der Papst.« Finola bekam Schuldgefühle. Sie war eine pflichtbewusste Tochter. Nur in einer Sache nicht: Sie wehrte sich gegen die Bemühungen ihrer Eltern, sie unter die Haube zu bringen. Madigan sprang über eine halb zugefrorene Pfütze. »Sie wollen doch nur einen guten Eindruck auf den Heiratsvermittler machen.« »Das ist mir bewusst.« Ihre Eltern wollten Oscar McKenna, den irischen Heiratsvermittler von St. Louis, vielleicht beeindrucken, aber Finola wollte Oscar so frustrieren, dass er sich weigerte, ihren Eltern zu helfen. Zu dem Termin mit ihm zu spät zu kommen, war ein guter Anfang. Als sie einen weiteren vorsichtigen Schritt auf die belebte Durchgangsstraße machte, haftete sich der Matsch an ihre geschnürten Stiefel. Eine mattgelbe Droschke kam auf sie zugerollt. Der Kutscher saß vornübergebeugt auf dem Kutschbock, hatte den Kopf eingezogen und die Krempe seines Zylinders tief in die Stirn geschoben. Er schien nicht darauf zu achten, wohin er fuhr. Die Zügel hielt er locker in der Hand, als würde das Pferdegespann auch ohne sein Zutun den Weg kennen. Finola zwang ihre Beine, Madigan schneller zu folgen. Am Spätnachmittag dieses grauen Januartages herrschte in St. Louis viel Verkehr, besonders in der Washington Street am Broadway nahe am Flussufer, wo Fabriken, Lagerhallen und Geschäfte die unbefestigten Straßen säumten. Da der graue Himmel endlich aufgehört hatte, eine Mischung aus Regen und Schnee auszuspeien, waren anscheinend alle herausgekommen, um ihr Tagewerk abzuschließen. Als ein mit Fässern beladener Bierwagen aus der anderen Richtung angerollt kam, blieb sie stehen. Der Fahrer beachtete sie genauso wenig wie der Droschkenkutscher. Dem Bierwagen folgte ein Pferdefuhrwerk, das randvoll mit Lebensmittelkisten und Tabakfässern beladen war. Madigan war bereits auf der anderen Straßenseite und wollte nachsehen, wie weit sie inzwischen gekommen war. Entsetzt riss er die Augen auf. »Heiliger Bimbam, Finola! Komm von der Straße, bevor du überfahren wirst!« Mit hektischen Armbewegungen forderte er sie auf zurückzuweichen, während sein panischer Blick zu der Pferdedroschke raste, die mit ungebremster Geschwindigkeit geradewegs auf Finola zusteuerte. Die Droschke war keine zehn Schritte mehr von ihr entfernt, und der Kopf des Fahrers war nach wie vor nach unten gebeugt, die Zügel lagen locker in seiner Hand und die Pferde trabten ihres Weges, ohne für eine einzelne Frau, die ihnen im Weg stand, ihr Tempo zu drosseln. »Beeil dich, Finola!« Madigans Stimme nahm eine Dringlichkeit an, die ihren Puls mit einem Mal galoppieren ließ. Sie versuchte, ihre Füße dem Tempo ihres Herzschlags anzupassen, aber als sie sich umdrehte, blieb sie mit dem Stiefel in einer Fahrrille hängen. Im nächsten Moment verlor sie das Gleichgewicht. Sie fing ihren Sturz mit den Händen und Knien ab und die dicke Matschschicht verhinderte eine schmerzliche Landung. Aber angesichts des immer näherkommenden Klirrens des Pferdegeschirrs und Quiet-schens der Wagenräder bemühte sie sich, sich schnell wieder aufzuraffen. Die polternden Pferdehufe näherten sich unheilvoll. Sie versuchte, im Matsch Halt zu finden, rutschte aber immer wieder zurück. Mehrere Rufe darunter Madigans Stimme forderten sie mit wachsender Panik auf, sich in Sicherheit zu bringen. Ihr Herz schlug plötzlich so laut, dass sie nichts richtig hören konnte außer der Sterbeglocke. Sie würde sterben. Und sie konnte nichts dagegen tun. »Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir ...« Doch die Worte des »Ave Maria« blieben in ihrer Kehle stecken und der Rest ihrer Bitte um Barmherzigkeit erstickte in einem angsterfüllten Schrei, während sie panisch versuchte, sich aus dem Matsch zu befreien. Aber mit jeder Bewegung, die sie machte, versank sie tiefer im Schlamm, der sie wie mit eisernen Händen festzuhalten schien. »Flach hinlegen!«, durchdrang eine tiefe Stimme ihre Panik. Während sie sich auf den Zusammenprall mit den Pferden und der Droschke einstellte, machte ein Mann einen Satz auf sie zu, rollte sie auf den Rücken, warf sich auf sie und schirmte sie mit seinem Körper ab. Im nächsten Moment trabten die Pferde links und rechts an ihr vorbei. Die Hufe polterten so nahe neben ihrem Körper, dass sie wie erstarrt liegen blieb. Der Mann, der wie ein Schutzschild auf ihr lag, rührte sich genauso wenig und stellte sich eindeutig darauf ein, von den Pferdehufen getroffen zu werden. Er drückte seinen Kopf neben ihren, so nahe, dass er ihre Haube verschob und sein schwerer Atem in ihrem Ohr widerhallte. Sie wand sich innerlich und rechnete damit, dass er von den Hufen verletzt würde, aber sie wurden nur von beiden Seiten mit Matsch bespritzt. Einen Moment später hatten die Pferde sie passiert, und die grünen Droschkenräder rollten heran. Der tiefe Unterbau des Gefährts glitt über sie hinweg, streifte aber den Rücken ihres Retters, der sich noch fester auf sie drückte. Zum Glück hatte sie eine zierliche Figur und war nicht besonders groß. Trotzdem drückte sie sich so gut sie konnte in den Matsch, damit der Mann über ihr nicht verletzt wurde. Als die Schatten der Droschke dem wolkigen Himmel über ihnen wichen, hob der Mann den Kopf, um die Straße nach weiteren Gefahren abzusuchen, vor denen er sie schützen musste. Da er offenbar keine unmittelbare Bedrohung sah, entspannte sich sein Körper auf ihrem und seine Aufmerksamkeit kehrte zu ihr zurück. »Sind Sie verletzt?« Finola blickte in die tiefblauen Augen des Mannes, die in diesem Mo…
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Jody Hedlund studierte soziale Arbeit und began neben ihrer beruflichen Tätigkeit mit dem Schreiben. Sie und ihr Mann leben in Michigan, lieben aber auch die wilden Bergregionen Colorados, in denen einige von Jodys Geschichten angesiedelt sind. Sie haben fünf Kinder, mittlerweile alle im Teenager- oder Erwachsenenalter. www.jodyhedlund.com Instagram: jodyhedlund Facebook: Jody Hedlund
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St. Louis, Missouri Januar 1849 »Trödle nicht so, Finola!« Madigan sprang am Broadway auf die Straße und wich einem Pferdeomnibus aus, der durch den schweren Matsch rollte. »Der Heiratsvermittler wartet.« »Hetz mich nicht!« Finola Shanahan folgte ihrem jüngeren Bruder und stakste auf Zehenspitzen vorsichtig in den Matsch. Sie hob die schwarze Kutte hoch, die ihr die Schwestern der Barmherzigkeit großzügig überlassen hatten und die sie trug, wenn sie die Schwestern bei ihrer wohltätigen Arbeit begleitete. »Ich gehe, so schnell ich kann.« »Mama und Papa haben von deiner Widerspenstigkeit die Nase voll.« Madigan schaute sie warnend an. Der Sechzehnjährige war mit seinen großen, blauen Augen und seinem braunen Haar bereits ein attraktiver junger Mann, nach dem sich die Mädchen umdrehten. Alle behaupteten, dass sich Finola und Madigan von den sechs Shanahan-Kindern am ähnlichsten sahen. Ja, sie hatte die gleichen blauen Augen und das gleiche braune Haar wie er. Aber die Sommersprossen hatte Gott nicht gerecht zwischen ihnen aufgeteilt. Die hatte alle Finola abbekommen. Der Winterwind zerrte an ihrer Haube und jagte einen Schauer über ihren Rücken. »Ich bin eine pflichtbewusste Tochter.« Madigan schnaubte: »Und ich bin der Papst.« Finola bekam Schuldgefühle. Sie war eine pflichtbewusste Tochter. Nur in einer Sache nicht: Sie wehrte sich gegen die Bemühungen ihrer Eltern, sie unter die Haube zu bringen. Madigan sprang über eine halb zugefrorene Pfütze. »Sie wollen doch nur einen guten Eindruck auf den Heiratsvermittler machen.« »Das ist mir bewusst.« Ihre Eltern wollten Oscar McKenna, den irischen Heiratsvermittler von St. Louis, vielleicht beeindrucken, aber Finola wollte Oscar so frustrieren, dass er sich weigerte, ihren Eltern zu helfen. Zu dem Termin mit ihm zu spät zu kommen, war ein guter Anfang. Als sie einen weiteren vorsichtigen Schritt auf die belebte Durchgangsstraße machte, haftete sich der Matsch an ihre geschnürten Stiefel. Eine mattgelbe Droschke kam auf sie zugerollt. Der Kutscher saß vornübergebeugt auf dem Kutschbock, hatte den Kopf eingezogen und die Krempe seines Zylinders tief in die Stirn geschoben. Er schien nicht darauf zu achten, wohin er fuhr. Die Zügel hielt er locker in der Hand, als würde das Pferdegespann auch ohne sein Zutun den Weg kennen. Finola zwang ihre Beine, Madigan schneller zu folgen. Am Spätnachmittag dieses grauen Januartages herrschte in St. Louis viel Verkehr, besonders in der Washington Street am Broadway nahe am Flussufer, wo Fabriken, Lagerhallen und Geschäfte die unbefestigten Straßen säumten. Da der graue Himmel endlich aufgehört hatte, eine Mischung aus Regen und Schnee auszuspeien, waren anscheinend alle herausgekommen, um ihr Tagewerk abzuschließen. Als ein mit Fässern beladener Bierwagen aus der anderen Richtung angerollt kam, blieb sie stehen. Der Fahrer beachtete sie genauso wenig wie der Droschkenkutscher. Dem Bierwagen folgte ein Pferdefuhrwerk, das randvoll mit Lebensmittelkisten und Tabakfässern beladen war. Madigan war bereits auf der anderen Straßenseite und wollte nachsehen, wie weit sie inzwischen gekommen war. Entsetzt riss er die Augen auf. »Heiliger Bimbam, Finola! Komm von der Straße, bevor du überfahren wirst!« Mit hektischen Armbewegungen forderte er sie auf zurückzuweichen, während sein panischer Blick zu der Pferdedroschke raste, die mit ungebremster Geschwindigkeit geradewegs auf Finola zusteuerte. Die Droschke war keine zehn Schritte mehr von ihr entfernt, und der Kopf des Fahrers war nach wie vor nach unten gebeugt, die Zügel lagen locker in seiner Hand und die Pferde trabten ihres Weges, ohne für eine einzelne Frau, die ihnen im Weg stand, ihr Tempo zu drosseln. »Beeil dich, Finola!« Madigans Stimme nahm eine Dringlichkeit an, die ihren Puls mit einem Mal galoppieren ließ. Sie versuchte, ihre Füße dem Tempo ihres Herzschlags anzupassen, aber als sie sich umdrehte, blieb sie mit dem Stiefel in einer Fahrrille hängen. Im nächsten Moment verlor sie das Gleichgewicht. Sie fing ihren Sturz mit den Händen und Knien ab und die dicke Matschschicht verhinderte eine schmerzliche Landung. Aber angesichts des immer näherkommenden Klirrens des Pferdegeschirrs und Quiet-schens der Wagenräder bemühte sie sich, sich schnell wieder aufzuraffen. Die polternden Pferdehufe näherten sich unheilvoll. Sie versuchte, im Matsch Halt zu finden, rutschte aber immer wieder zurück. Mehrere Rufe darunter Madigans Stimme forderten sie mit wachsender Panik auf, sich in Sicherheit zu bringen. Ihr Herz schlug plötzlich so laut, dass sie nichts richtig hören konnte außer der Sterbeglocke. Sie würde sterben. Und sie konnte nichts dagegen tun. »Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir ...« Doch die Worte des »Ave Maria« blieben in ihrer Kehle stecken und der Rest ihrer Bitte um Barmherzigkeit erstickte in einem angsterfüllten Schrei, während sie panisch versuchte, sich aus dem Matsch zu befreien. Aber mit jeder Bewegung, die sie machte, versank sie tiefer im Schlamm, der sie wie mit eisernen Händen festzuhalten schien. »Flach hinlegen!«, durchdrang eine tiefe Stimme ihre Panik. Während sie sich auf den Zusammenprall mit den Pferden und der Droschke einstellte, machte ein Mann einen Satz auf sie zu, rollte sie auf den Rücken, warf sich auf sie und schirmte sie mit seinem Körper ab. Im nächsten Moment trabten die Pferde links und rechts an ihr vorbei. Die Hufe polterten so nahe neben ihrem Körper, dass sie wie erstarrt liegen blieb. Der Mann, der wie ein Schutzschild auf ihr lag, rührte sich genauso wenig und stellte sich eindeutig darauf ein, von den Pferdehufen getroffen zu werden. Er drückte seinen Kopf neben ihren, so nahe, dass er ihre Haube verschob und sein schwerer Atem in ihrem Ohr widerhallte. Sie wand sich innerlich und rechnete damit, dass er von den Hufen verletzt würde, aber sie wurden nur von beiden Seiten mit Matsch bespritzt. Einen Moment später hatten die Pferde sie passiert, und die grünen Droschkenräder rollten heran. Der tiefe Unterbau des Gefährts glitt über sie hinweg, streifte aber den Rücken ihres Retters, der sich noch fester auf sie drückte. Zum Glück hatte sie eine zierliche Figur und war nicht besonders groß. Trotzdem drückte sie sich so gut sie konnte in den Matsch, damit der Mann über ihr nicht verletzt wurde. Als die Schatten der Droschke dem wolkigen Himmel über ihnen wichen, hob der Mann den Kopf, um die Straße nach weiteren Gefahren abzusuchen, vor denen er sie schützen musste. Da er offenbar keine unmittelbare Bedrohung sah, entspannte sich sein Körper auf ihrem und seine Aufmerksamkeit kehrte zu ihr zurück. »Sind Sie verletzt?« Finola blickte in die tiefblauen Augen des Mannes, die in diesem Mo…
Titel
Eine unmögliche Braut
Autor
EAN
9783963627316
Format
E-Book (epub)
Hersteller
Veröffentlichung
01.06.2025
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Anzahl Seiten
304
Auflage
Auflage
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