Jeder, der heute das gewaltige Lebenswerk Rudolf Steiners, den der Dichter Albert Steffen »Gottesfreund und Menschheitsführer« nannte, auch nur einigermaßen zu überschauen vermag, muss sich zwangsläufig eine Frage stellen:
Wie konnte es möglich sein, dass ein einziger Mensch ein solch unfassbares Arbeitspensum bewältigen konnte? Wenn man allein an seine rastlose, mit vielen Reisen verbundene Vortragstätigkeit denkt, so wäre schon dies etwas, was ein Durchschnittsmensch kaum zu leisten imstande wäre.
Nun drängt sich die Frage auf: Wie war eine so überragende Persönlichkeit, ein solches Genie als Mensch? Hatte er überhaupt noch Zeit und Muße für alltägliche und zum Teil banale Dinge? Wie war sein Umgang mit seinen Mitmenschen? Konnte er sich in die Probleme und Nöte der Menschen hineinversetzen, die er um Längen überragte? Damit sind wir beim zentralen Thema dieses Buches.
Für alle, die sich mehrere Generationen nach Rudolf Steiner inkarniert haben, wäre es doch wünschenswert, Näheres darüber zu erfahren, wie seine Weggefährten, seine Mitarbeiter und Schüler, ihn als Mensch wahrgenommen und erlebt haben. Dankenswerterweise haben Dutzende von ihnen Jahre nach seinem Tod ihre - zum Teil sehr persönlichen - Erinnerungen an ihren Lehrer zu Papier gebracht und veröffentlicht. Diese individuellen und bisweilen sehr bewegenden Reminiszenzen mögen nur Mosaiksteine sein, in ihrer Gesamtheit ergeben sie aber ein absolut einheitliches Bild dieses unvergleichlichen Menschen. Viele schildern, dass sich ihr Leben durch die Begegnung mit Rudolf Steiner von Grund auf geändert habe und dass sie durch ihn an ihre im Vorgeburtlichen gefasste Lebensaufgabe herangeführt worden seien.
Etliche dieser Erinnerungsbücher sind heute noch im Buchhandel zu erwerben. Einige sind vergriffen und werden wohl auch nicht mehr neu aufgelegt; manche sind nur noch im Antiquariat zu bekommen; diese sind zudem oftmals noch unverhältnismäßig teuer.
Daher haben wir uns entschlossen, das vorliegende Buch herauszubringen, in dem wir besonders aussagekräftige Erinnerungen zahlreicher Wegbegleiter, Mitarbeiter und Schüler Rudolf Steiners - nach thematischen Schwerpunkten geordnet - zitieren. Auf diese Weise kann jeder Leser erahnen, welch außergewöhnlicher und unvergleichbarer Mensch Rudolf Steiner war.
Autorentext
Josef F. Justen wurde 1950 in Gelsenkirchen geboren.
Nach der Mittleren Reife absolvierte er eine Ausbildung zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Nachdem er auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nachgeholt hatte, studierte er Mathematik und Informatik an den Universitäten Dortmund und Hagen. Von 1980 bis 2008 war er als Dozent und Ausbilder im IT-Bereich tätig.
Schon in seiner Kindheit und Jugend wurde er in seinem privaten Umfeld mit vielen Todesfällen konfrontiert. Die Frage, wie es mit diesen Verstorbenen nun weitergehe, beschäftigte ihn sehr stark und ließ ihm keine Ruhe. Er musste erkennen, dass weder die Lehren der Wissenschaften noch die der katholischen Kirche die ihn bewegende Frage befriedigend zu beantworten vermochten. So machte er sich schon als junger Mann auf den Weg, spirituelle Erkenntnisse zu gewinnen. Auf diesem Weg kam er mit vielen religiösen, okkulten und esoterischen Strömungen in Berührung, deren Lehren er studierte und miteinander verglich.
Schließlich kam ihm das Schicksal zu Hilfe. In der Schaufensterauslage eines kleinen Buchgeschäftes fiel sein Blick auf eine völlig unscheinbare Broschüre mit dem Titel »Rudolf Steiner: Anthroposophie«. Obwohl ihm weder der Autor noch der Titel etwas sagten, nahm er eine »innere Stimme« wahr, die ihm nahe legte, das Buch zu kaufen. So fand er zur Anthroposophie, der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners, deren Erkenntnisse seinem Naturell, auch spirituelle Themen mit nüchternem Verstand und ohne Schwärmerei zu behandeln, besonders gut entsprechen.
Schon bald wurde ihm klar, dass Rudolf Steiner mit den Resultaten seiner Geistesforschung eine schier unfassbare Fülle spiritueller Weisheiten in die Welt gebracht hat und dass ein einziges Erdenleben kaum ausreichen dürfte, um auch nur annähernd alles verstehen zu können.
Aber bekanntlich ist ja oftmals der Weg das Ziel...
Der Verfasser war lange Zeit als ehrenamtlicher Hospiz-Helfer in der Sterbe- und Trauerbegleitung tätig.
Heute sieht er es als seine Aufgabe an, Bücher für Menschen zu schreiben, die Sehnsucht nach wahrhaften spirituellen Erkenntnissen haben und die sich bisher noch nicht mit der so eminent wichtigen anthroposophisch orientierten Geisteswissenschaft Rudolf Steiners befasst haben.