Die Politikwissenschaft hat eine Blindstelle. Sie klammert die Persönlichkeit aus. Nicht, dass sie die Art und Weise ignorierte, wie politische Ämter und Rollen von verschiedenen Personen wahrgenommen werden. Dies ist, wie die Beschäftigung mit dem Führungsstil der Regierenden zeigt, durchaus der Fall. Aber typischerweise ist der Ansatzpunkt hier das Verhalten in einer politischen Schlüsselrolle, etwa die Adenauersche, Kohlsche oder Schrödersche Variante der Kanzlerdemokratie oder die präsidiale Führerschaft eines K- nedy oder Clinton. Die moderne Geschichtswissenschaft teilt mit der Politikwissenschaft die Margina- sierung der Persönlichkeit. Dabei hat die Historiografie eine große Tradition in der Biog- fie, d.h. in der Beschreibung von Personen im Kontext ihrer Epoche. Doch in dem Maße, wie sich die Geschichtswissenschaft zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte gewandelt hat, ist auch dort das Unbehagen an der Bewertung der Persönlichkeit gewachsen. So bleibt noch die Psychologie, die nun einmal die Persönlichkeit in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung stellt. Ein kleiner Seitenzweig der Psychologie untersucht das politische Denken und Handeln von Personen. Die Geschichtswissenschaft und die Politikwiss- schaft sind durch die großen Themen der politischen Institutionen, der sozialen Beweg- gen, des Staates und der zwischenstaatlichen Beziehungen miteinander verbunden. Die Psychologie behandelt diese Themen als Kontexte, in denen sich Persönlichkeiten bilden. Die politische Psychologie lässt zunächst einmal eine Affinität zur Politikwissenschaft erwarten. Im Folgenden wird zu zeigen sein, dass es sich auch dabei vorrangig um Fa- psychologie handelt, die sich mit politischen Themen auseinandersetzt, keinesfalls aber um ein Gebiet der Politikwissenschaft.

Macht die Persönlichkeit in der Politik einen Unterschied?

Autorentext

Dr. Jürgen Hartmann ist Professor für Politikwissenschaft an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr in Hamburg.



Klappentext

Mit der Persönlichkeit des Politikers befassen sich hauptsächlich Historiker und Psychologen. In der Politikwissenschaft tritt die Persönlichkeit hinter Strukturen und Inhalte zurück. Dieses Buch stellt zunächst die wichtigsten Stränge der psychologischen Persönlichkeitsforschung vor. Anschließend schildert es kurz das Design der historiografischen Biografie. Im Mittelpunkt des Buches stehen Kurzbiografien von 33 Staats- und Regierungschefs. Der Schwerpunkt liegt auf der Persönlichkeitsbildung in Kindheit, Jugend und frühem Erwachsenenalter bis zum Hineinwachsen in die berufliche Politik. Mit dem Konzept des kognitiven Schemas wird versucht, konstante Persönlichkeitsmerkmale zu ermitteln, die Rückschlüsse auf die individuelle Wahrnehmung der politischen Welt erlauben. Die Auswahl von Politikern aus den vergangenen 70 Jahren und aus sechs Ländern (China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland/Sowjetunion und USA) führt das Zusammenspiel der Persönlichkeit mit historischen Szenarien und den Rollenzwängen des politischen Systems vor Augen.



Inhalt
Die Politikwissenschaft und die Persönlichkeit.- Psychologische und biografische Studien.- Kriterien der Persönlichkeitsbetrachtung.- Deutschland.- Frankreich.- Großbritannien.- USA.- Sowjetunion und Russland.- China.- Fazit.
Titel
Persönlichkeit und Politik
EAN
9783531907185
Format
E-Book (pdf)
Veröffentlichung
26.01.2008
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Anzahl Seiten
316
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