Julian Stockwin wurde 1944 in England geboren und trat bereits mit 15 Jahren der Royal Navy bei. Nach achtjähriger Dienstzeit verließ er die Marine und machte einen Abschluss in Psychologie und Fernöstliche Studien. Anschließend lebte er in Hong Kong, wo er als Offizier in die Reserve der Royal Navy eintrat. Für seine Verdienste wurde ihm der Orden des MBE (Member of the Order of the British Empire) verliehen, bevor er im Rang eines Kapitänleutnants aus dem Dienst ausschied. Heute lebt er als Autor in Devon und arbeitet an den Fortsetzungen der erfolgreichen Thomas-Kydd-Reihe. Julian Stockwin im Internet: https://julianstockwin.com/ Bei dotbooks erscheinen in der Thomas-Kydd-Reihe von Julian Stockwin: »Zur Flotte gepresst« »Bewährungsprobe auf der Artemis« »Verfolgung auf See« »Auf Erfolgskurs« »Offizier des Königs« »Im Kielwasser Nelsons« »Stürmisches Gefecht« »Im Pulverdampf«
Autorentext
Julian Stockwin wurde 1944 in England geboren und trat bereits mit 15 Jahren der Royal Navy bei. Nach achtjähriger Dienstzeit verließ er die Marine und machte einen Abschluss in Psychologie und Fernöstliche Studien. Anschließend lebte er in Hong Kong, wo er als Offizier in die Reserve der Royal Navy eintrat. Für seine Verdienste wurde ihm der Orden des MBE (Member of the Order of the British Empire) verliehen, bevor er im Rang eines Kapitänleutnants aus dem Dienst ausschied. Heute lebt er als Autor in Devon und arbeitet an den Fortsetzungen der erfolgreichen Thomas-Kydd-Reihe. Julian Stockwin im Internet: https://julianstockwin.com/ Bei dotbooks erscheinen in der Thomas-Kydd-Reihe von Julian Stockwin: »Zur Flotte gepresst« »Bewährungsprobe auf der Artemis« »Verfolgung auf See« »Auf Erfolgskurs« »Offizier des Königs« »Im Kielwasser Nelsons« »Stürmisches Gefecht« »Im Pulverdampf«
Leseprobe
Kapitel 2
Kydd stolperte völlig verwirrt aus Camerons Büro, sein Bündel Befehle fest mit der Faust umklammert. Er wollte sie in seinen Depeschenkoffer stopfen, aber seine Blicke fielen wieder auf die Worte: »Kapitän, HM Sloop Teazer«. Es war eigentlich unmöglich, aber es war dennoch wahr!
Die Besatzung des Bootes wartete vermutlich bereits auf seine Rückkehr, aber dieser Augenblick war zu kostbar, zu überwältigend. Kydd mußte erst seine Fassung wiederfinden, bevor er den Männern gegenübertreten konnte. Er atmete tief durch, ehe er die Hauptstraße hinuntermarschierte, als ob er in wichtigen Geschäften unterwegs wäre.
Ohne Zweifel hatte er mehr Glück als Verstand gehabt. Seine Beförderung mußte zwar noch durch die Admiralität in London bestätigt werden, aber die Entscheidungen eines Oberbefehlshabers vom Range Keith' würde man dort nicht ungebührlich in Frage stellen. Kydd fragte sich, warum man ihn so vielen anderen jungen Offizieren in der Flotte vorgezogen hatte, die alle heftig nach Anerkennung verlangten, und warum er über seine Beförderung auf so ungewöhnliche Weise unterrichtet worden war - durch eine Depesche, die er selbst übermittelt hatte. Doch warum sollte er sich lange den Kopf über diese Fragen zerbrechen? Er war jetzt tatsächlich Commander Kydd, Kommandant Seiner Majestät Briggsloop Teazer, und der glücklichste Mann auf der ganzen Welt!
Eine Träne brannte in seinem Auge; es fehlte nicht viel, und er hätte vor lauter Glück zu weinen begonnen. Viele Passanten blickten ihn neugierig an, doch scherte er sich nicht darum, denn Vorfreude auf die grenzenlose Bewunderung, die ihm bei seiner Heimkehr in Guildford einmal entgegenbranden würde, wechselte sich mit Vorstellungen ab, wie er nun gleich unter dem Schrillen der Bootsmannspfeifen über die Seite seines Schiffes kletterte. Eine Welle schierer Glückseligkeit drohte ihn zu übermannen, so daß er stehenblieb und in das Schaufenster eines Ladens blinzelte.
Schließlich riß er sich zusammen, drehte sich um und setzte seinen Weg zum Kai fort. Der gigantische, von Festungen umgürtete Grand Harbour hatte nun in seinen Augen einen dramatischen Glanz angenommen: ein großer Hafen voller Schiffe aus allen Ländern der Levante und noch ferneren Weltgegenden und ein prachtvoller und herausfordernder Ort, um ein erstes Kommando anzutreten.
Das Boot legte ab. Kydds Gedanken wanderten zu Renzi. Wie würde sein Freund jetzt zu ihm stehen, da sie von einem tieferen Abgrund getrennt wurden, als sie ihn je zusammen hatten überwinden müssen? Renzi verfolgte nämlich nicht im gleichen Maße seine Karriereambitionen wie Kydd, der junge Adelssproß zog vielmehr seine Befriedigung auf ganz eigene Art aus den sich stets verändernden Perspektiven, die das Leben auf See bereithielt. Sie beide hätten immer wieder auf dem weiten Feld der Metaphysik darüber diskutieren können, was es bedeutete, ein Kind des Glücks zu sein - vielleicht, oder ... Aber Renzi gehörte der Vergangenheit an, und Kydd mußte akzeptieren, daß er in Zukunft auf sich allein gestellt war.
Dieser Gedanke setzte sich in ihm fest, und sein plötzlich angespannter Gesichtsausdruck veranlaßte den Midshipman, die Pinne besorgt fester zu packen.
»Sir?« fragte er ängstlich.
Sie näherten sich der ankernden Fregatte, die für kurze Zeit Kydds schwimmendes Zuhause gewesen war, und der Bugmann blickte fragend nach achtern.
»Ich gehe an Bord«, rief Kydd.
Sein Gepäck mußte zusammengepackt und an Land geschafft werden, denn als Wichtigstes mußte er sein Schiff in aller Form übernehmen. Kydds Puls schlug heftig vor Aufregung, als er das Deck betrat. Sollte er jetzt bereits seine für unmöglich gehaltene Beförderung bekanntgeben? Er unterdrückte den Impuls und versuchte kühl zu überlegen, aber es gab nur den Weg, den ihm sein überdrehter Verstand vorschrieb: Er würde noch in dieser Stunde auf sein eigenes Schiff gehen!