Juliet Hall unterrichtet Schreiben und organisiert Literatur- und Musikfestivals in ihrer Heimatstadt an der Küste von West Dorset, Großbritannien. Zu ihren liebsten Reisezielen gehört Italien, wohin sie die Leser mit ihrem Debüt 'Das Erbe der Töchter' führt. Nach Ausflügen durch viele wunderbare Städte Europas in 'Emilys Sehnsucht' und 'Julias Geheimnis' sowie nach Marokko in 'Das Leuchten des Safrans' bringt sie uns mit 'Ein letzter Tanz in Havanna' nach Kuba.
Noch einmal eine Nacht durchtanzen! Danach sehnt sich Elisa. Obwohl sie seit Jahrzehnten in England lebt, vermisst sie ihre Heimat Kuba immer noch schmerzlich - und Duardo, mit dem sie sich vor der Revolution ein gemeinsames Leben aufbauen wollte.
Grace weiß nicht mehr, mit wem sie zusammenleben will - mit ihrem Mann oder mit dessen bestem Freund. Hin- und hergerissen zwischen Schuldgefühlen und Verliebtheit, droht sie den Halt zu verlieren. Erst als sie Elisa nach Kuba begleitet, fügt sich alles in eins ...
Autorentext
Juliet Hall unterrichtet Schreiben und organisiert Literatur- und Musikfestivals in ihrer Heimatstadt an der Küste von West Dorset, Großbritannien. Zu ihren liebsten Reisezielen gehört Italien, wohin sie die Leser mit ihrem Debüt "Das Erbe der Töchter" führt. Nach Ausflügen durch viele wunderbare Städte Europas in "Emilys Sehnsucht" und "Julias Geheimnis" sowie nach Marokko in "Das Leuchten des Safrans" bringt sie uns mit "Ein letzter Tanz in Havanna" nach Kuba.
Leseprobe
1. Kapitel
Havanna 1957
»Möchten Sie tanzen?«
Sie war so tief in ihre Gedanken versunken gewesen, dass die Stimme sie vollkommen überrascht hatte. Elisa sah auf, und da stand er.
Sie hatte darum gebettelt, dass Pablo sie an diesem Abend ins La Cueva mitnahm.
»Du bist zu jung«, hatte ihr Cousin gespöttelt. »Noch ein Baby. Glaubst du, irgendwer will mit dir tanzen?«
Elisa hatte den Kopf in den Nacken geworfen. »Ich kann zuschauen«, sagte sie. Ich kann so tun, als ob. Aber das sagte sie nicht. Sie war jung, ja, aber in zwei Monaten würde sie sechzehn. Und so jung war das nun auch wieder nicht.
»Dann komm eben mit, Cousinchen«, hatte Pablo schließlich gesagt. »Aber du musst dich um dich selbst kümmern. Ich werde nicht den ganzen Abend den Babysitter für dich spielen.«
»Mach ich.« Sie war so begeistert von der Aussicht, dass sie sogar vergaß, beleidigt zu sein.
Sie lieh sich das mimosengelbe Kleid von ihrer Cousine Ramira, und ihre Mutter steckte ihr eine weiße Schmetterlingslilie in das dunkle Haar. Während sie mit Pablo durch die dunklen Gassen von Havanna zum La Cueva eilte, konnte sie den honigsüßen Duft der Blume riechen.
Als sie das Lokal betraten, verließ Elisa fast der Mut. Die Wände waren rot und schwarz gestrichen, und man hatte tatsächlich das Gefühl, in eine cueva, in eine Höhle, hineinzugehen. Das Licht war schummrig, in der Luft hing schwer der Geruch nach Rauch, und auf der Tanzfläche hoben und drehten sich schimmernde, schwitzende Körper zu den Salsa-Rhythmen der Band. Elisa stand der Mund offen, und sie zwang sich, heftig zu schlucken. Sie war mit Tanzen großgeworden - aber nicht mit dieser Art von Tanz. Es ging etwas davon aus, das sie nicht ganz verstand, eine Sinnlichkeit, die ihr noch unbekannt war.
Ihre Gedanken schweiften zu den Jungen, mit denen sie aufgewachsen war - nicht nur zu ihrem Cousin Pablo, sondern zu den anderen jungen Burschen, die in ihrer Nachbarschaft wohnten und mit denen sie zur Schule gegangen war. Die im Meer schwammen und mit Bambusstöcken und Katzendarm pescado angelten, die am Strand Fangen spielten oder Baseball auf den Straßen und Plätzen in der Altstadt von Havanna. Sie waren ihr so vertraut wie Brüder: Miguel, Santino, Vicente und die anderen. Sie hatten als Kinder zusammen gespielt, und ihre Familien kannten sich alle untereinander - ein paar von ihnen lebten sogar in ihrem Wohnblock.
Inzwischen jedoch hatte sich vieles verändert. Sie alle waren nicht mehr so unschuldig, sie schauten sich anders und weniger offen an. Wenn Elisa und ihre Freundinnen an einer Straßenecke an ihnen vorbeigingen, warfen sie den Kopf zurück und ignorierten bewusst genau diese Jungen, mit denen sie großgeworden waren. Allerdings tanzten sie mit ihnen - bei Partys in den Wohnungen ihrer Familien oder an den lauen Abenden, an denen sich die Musik und der Tanz aus den Bars und Cafés der Stadt auf die von der heißen, schwülen Sonne Havannas aufgeheizten Gehsteige ergossen.
Während Elisa Pablo durch das Meer von Körpern in dem Nachtklub folgte, sah sie sich um. Mit den Jungs hatten sie nie so getanzt ...
Pablo entdeckte seine Freunde, und in einer Ecke fand er einen Stuhl für Elisa. »Bleib hier«, befahl er. »Ich hol dir eine Limonade.« Und er verschwand.
Irgendwann später, als sie ausgetrunken und Pablo sie völlig vergessen hatte und viele Paare einander sich eng umschlungen über die Tanzfläche bewegten oder an der Bar und an Tischen lässig auf Stühlen saßen, fiel Elisa der junge Mann auf. Er war stämmig und hatte eine breite Brust, kurzes, krauses Haar und ausgeprägte, sinnliche afrikanische Züge. Er war ungefähr so groß wie sie und, wie sie vermutete, nicht viel älter, obwohl er ein Selbstbewusstsein ausstrahlte, um das sie ihn unwillkürlich beneidete. Sie schaute einmal zu ihm hinüber, dann noch einmal, und