Tannhäuser: Seit mehr als achthundert Jahren bewegt der regelwidrige Minnesänger die Gemüter - und die ihm nachfolgende Dichtung. Sein Name wurde zum Markenzeichen eines exzentrischen Künstlertypus, der seine Fehde mit den herrschenden Normen der Zeit bis an die Grenzen der Selbstzerstörung auszutragen bereit war. Tannhäusers Attacken richteten sich gegen jenes Fundament der christlichen Gesellschaftsordnung, das scheinbar unverrückbar war: Die Geschlechterliebe war den Gesetzen von Sitte und Moral unterstellt. Diese Revolte gegen ein gesellschaftlich normiertes Liebesideal bildet jedoch nur eines von zwei Merkmalen, die sich in der Tannhäuser-Gestalt verbinden, denn der inhaltlichen Abweichung vom Reglement des Minnesanges entspricht eine eigenwillige artifizielle Gestaltung.
Autorentext
Dr. Karin Tebben ist Professorin für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Universität Heidelberg.
Zusammenfassung
For more than 800 years the story of Tannhäuser, the rebellious German Minnesänger and courtier at the court of Frederick II of Austria, has moved people and influenced poetry written in his style. His name came to be synonymous with that of an eccentric artist who takes up fights with the mores of the day to the edge of self-destruction. Tannhäuser's attacks were directed at the very foundation of Christian order, held in that day to be unshakeable: Lovemaking was subject to the laws of convention and moral order. His revolt against society's strict norms of ideal love, however, was only one of the things we associate with Tannhäuser; his deviations from the strict rules of minnesong was of his very own construction.