Es ist der Abschied von der unvergänglichen See, den Schiffen, die nicht mehr sind, und den Männern, deren Tage nicht mehr wiederkehren. Zwei Männer machen sich noch einmal gemeinsam auf den Weg: Lothar-Günther Buchheim und der 'Alte', Buchheims Kommandant auf der U 96. An Bord des Nuklearschiffes 'Otto Hahn', dem absurdesten Schiff der deutschen Nachkriegszeit, fahren sie von Rotterdam nach Durban. Unendlich viele Fragen sind noch offen - für die Antworten, beide wissen es, bleibt nicht mehr viel Zeit. 'Liest sich wahnwitzig spannend.' Süddeutsche Zeitung

Lothar-Günther Buchheim, 1918 in Weimar geboren und 2007 in Starnberg gestorben, lebte als Autor, Maler und Kunstsammler in Feldafing am Starnberger See. Im Sommer 2001 wurde in Bernried sein 'Museum der Phantasie' eröffnet. 1973 erschien sein Weltbestseller 'Das Boot', danach die Bildband-Trilogie 'U-Boot-Krieg', 'Die U-Boot-Fahrer' und 'Zu Tode gesiegt', sowie 'Jäger im Weltmeer' und die Romane 'Die Festung' und 'Der Abschied'.

Vorwort
Die letzte gemeinsame Fahrt

Autorentext

Lothar-Günther Buchheim, 1918 in Weimar geboren und 2007 in Starnberg gestorben, lebte als Autor, Maler und Kunstsammler in Feldafing am Starnberger See. Im Sommer 2001 wurde in Bernried sein "Museum der Phantasie" eröffnet. 1973 erschien sein Weltbestseller "Das Boot", danach die Bildband-Trilogie "U-Boot-Krieg", "Die U-Boot-Fahrer" und "Zu Tode gesiegt", sowie "Jäger im Weltmeer" und die Romane "Die Festung" und "Der Abschied".



Leseprobe

Der Himmel über Rotterdam ist Grau in Grau. Das Taxi fährt unter der Maas hindurch, dann an einem riesigen Containerhafen entlang, schließlich an einer Raffinerie hin, von der es heißt, sie sei die größte der Welt. Die Destillieranlagen sind schierer Futurismus. Danach nehmen wir eine Parade von schwarzen Tankwagen der Esso ab. Dann folgen wie zur Abwechslung grüngestrichene Tanks, dann graue, dann weiße. Und immer neue Destilliertürme. Hinter den Destilliertürmen das Filigran der Kräne. Von oben gesehen muß sich das Areal, das ich nur regenverhangen und in perspektivischer Verkürzung wahrnehme, unermeßlich weit strecken.

Nach den Kränen die geknickten Insektenbeine der Getreideheber. Immer merkwürdigere Formen tauchen nun auf: graue Kugelbehälter einer Karbonfabrik, riesige Zementabfalltrichter, monumentale kantige Müllverbrennungsanlagen, die halbringförmigen Spanten halbfertiger Lagerhallen.

Über eine Hebebrücke geht es weiter in Richtung »Botlek«, einem Becken dieses Monsterhafens, in dem NS Otto Hahn liegen soll. Das »NS« steht für »Nuklearschiff«, eine Bezeichnung, die auf der ganzen Welt einzig und allein die Otto Hahn führt. Dabei ist die Otto Hahn ein durchaus konventioneller Dampfer, nur die Krafterzeugung ist nicht die normale.

Die Reise soll nach Durban gehen. Straight ahead zur Südspitze Afrikas und dann um die Spitze herum. Kein einziger Hafen dazwischen. Ein langer Seetörn also und für den Alten seine letzte Fahrt. Der Alte ist Sechsundsechzig Jahre alt, Seemann von Jugend an. Im Krieg war er mein U-Boot-Kommandant, eines der hoch dekorierten Asse.

Durban in Südafrika: noch ein ganzes Stück hinter dem Kap, dem Kap der Guten Hoffnung. Für das Schiff gilt Hoffnung nicht. Das Schiff wird bald ausgedient haben.

Als ich vor Jahren mit dem Schiff fuhr, war es noch ein Fliegender Holländer: Es durfte keinen Hafen anlaufen. Im Schiffstagebuch las ich den kuriosen Eintrag: »Von Bremerhaven nach Bremerhaven via Azoren.«

Ich hatte damals viel Arbeit von zu Hause mitgeschleppt. Das war ein grober Fehler. Diesmal will ich den Alten ausfragen - nach Strich und Faden: Wir haben viel Zeit vor uns.

Meine zweite Reise mit dem Nuklearschiff.

»Die erste Reise war angenehm, o Jonny! Die zweite Reise war unbequem, o Jonny!« geht es mir durch den Sinn. Hoffentlich wird das nicht stimmen ...

Der Abschied nach meiner ersten Reise war trist. Er hätte gar nicht trister sein können: Winter. Schlechtes Wetter. Alles mögliche ging schief.

Das soll meine zweite Reise mit der Otto Hahn werden. Gegen Ende der ersten hatte mir der Alte auf der Seekarte gezeigt, zu welchem Liegeplatz das Schiff in Bremerhaven verholt werden sollte. Das konnte eine Ewigkeit dauern: durch die Schleuse und dann durch mehrere Hafenbecken.

»Hier geht's nur über den Achtersteven«, sagte der Alte damals, und, als hätte er meine Gedanken erraten: »Von der Schleuse bis Festmachen mindestens zwo Stunden.«

Dabei bewegte mich nur ein Gedanke: nichts als runter von dem Kahn!

Aber daran war nach dem Festmachen noch nicht zu denken. Ich hatte meine Kammer abgeschlossen und lungerte an Oberdeck herum, weil der Alte noch keine Zeit hatte für ein richtiges Abschiednehmen.

Da fuhr auf der Pier ein kleines signalrotes Auto vor: die Kapitänsfrau! Weil sich kein Mensch um sie kümmerte, half ich ihr über die steile Hühnerstiege und den Niedergang herauf und weiter zur Kammer des Alten. Heftig schnaufend erklärte ich ihr dabei: »Der ganze Salon sitzt noch voller Typen von der Gesellschaft. Wasserschutzpolizei ist auch da, der Hafenarzt - und was weiß ich noch.«

Als wäre es gestern erst passiert, ist mir alles wieder gegenwärtig.

»Dann kann das noch Stunden gehen«, höre ich die Kapitänsfrau.

Die Sitzung im Salon will sie nicht stören, wir machen es uns also in den grünen Sesseln der

Titel
Der Abschied
Untertitel
Roman
EAN
9783492970792
ISBN
978-3-492-97079-2
Format
E-Book (epub)
Herausgeber
Veröffentlichung
07.12.2015
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Dateigrösse
1.97 MB
Anzahl Seiten
560
Jahr
2015
Untertitel
Deutsch
Features
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet