Lydia Conradi ist das Pseudonym einer deutschen Autorin, die mit ihrer Familie im europäischen Ausland lebt. Als Literaturhistorikerin arbeitet sie im Bildungsbereich eines Museums, verbringt alle verfügbare Zeit auf Reisen und ist der verlorenen Vielfalt der Levante verfallen - ihrem sinnlichen Zauber, ihrem kulturellen Reichtum und ihrer Tradition der Toleranz.
Autorentext
Lydia Conradi ist das Pseudonym einer deutschen Autorin, die mit ihrer Familie im europäischen Ausland lebt. Als Literaturhistorikerin arbeitet sie im Bildungsbereich eines Museums, verbringt alle verfügbare Zeit auf Reisen und ist der verlorenen Vielfalt der Levante verfallen ihrem sinnlichen Zauber, ihrem kulturellen Reichtum und ihrer Tradition der Toleranz.
Zusammenfassung
In ihrem ebenso exotisch-farbenprächtigen wie spannenden historischen Roman »Palast der Safranblüten« verknüpft Lydia Conradi die fesselnde Geschichte zweier Schwestern, die düstere Legende eines unheimlichen Hauses und die bewegende Story einer verbotenen Liebe zu einem packenden Lesevergnügen. Vor der dramatischen Kulisse der glanzvollen Stadt Shimla entfaltet sich eine opulente Frauenemanzipations- und Liebesgeschichte zwischen England und dem indischen Himalaya am Beginn des 20. Jahrhundert. Kent 1910: Während die rebellische Della nach einem Skandal ins indische Shimla geschickt wird, verlobt sich ihre Schwester Perdita gehorsam mit dem Kandidaten ihres Vaters. Als Della jedoch spurlos verschwindet, bricht auch Perdita aus der erstickenden Enge ihres privilegierten Lebens aus. Auf der Suche nach ihrer Schwester reist sie in die Berge des Himalaya und verfällt nicht nur dem exotischen Zauber von Shimla, sondern ebenso dem faszinierenden Mann, den Della in ihrem letzten Brief die Liebe ihres Lebens genannt hat. Doch der charismatische Fergus ist gefährlich, und seinen "Palast der Safranblüten" umgibt ein dunkles Geheimnis Lydia Conradi steht für »sinnliches Vergnügen« (Freundin) und für die perfekte Verbindung »historischer Ereignisse mit einer fiktiven, dramatischen Geschichte« (Von Mainbergs Büchertipp)
Leseprobe
1
Miss Dinah Sedgewick
Autumn Hall
Shimla, Punjab, Indien
Lady Hester Linfield
Linfield Castle
Kent, England
Autumn Hall, den 7. April 1827
Liebste Hester!
Bitte nimm nicht an, ich hätte Dir nicht schreiben, Deine lieben Briefe nicht beantworten wollen. Ich habe es dieses endlose halbe Jahr lang immer wieder gewollt. Sooft ich mich aber an mein reizendes, aus Sheesham - indischem Rosenholz - gefertigtes Pult setze, lenkt mich der Blick aus meinem Fenster ab. Er führt mich den hinteren Gartenweg hinunter, der anders ist als jeder Gartenweg in Europa. Eigentlich dürfte er keinen so harmlosen Namen wie Gartenweg tragen, denn er hat nichts Harmloses an sich. Keine in der Sonne schimmernden oder regennass glänzenden Kieselsteine, keine freundlichen Frühlingsblumen wie Himmelsschlüsselchen oder Hasenglöckchen am Rand, keinen Foxterrier, der einem Heimkehrenden fröhlich entgegenspringt. Der Duft des blühenden Safrans hat uns begrüßt, als wir im Herbst nach langer Reise ankamen, und ist jetzt verflogen, als hätten wir davon nur geträumt. Das Mosaik des Säulengangs hat uns der beste aller Menschen geschenkt, um uns das Bild der flüchtigen Schönheit zu bewahren, aber die Blüten aus Steinen sind nur schön und duften nicht.
Götter schlafen auf einem Bett aus Safran Nacht um Nacht. Für Sterbliche hingegen bleibt die Süße nur einen Herzschlag lang, und wer den verpasst, bekommt ihn nicht zurück.
Stattdessen hängen die Zweige von altersgebeugten, dunklen Bäumen - Pinien, Zedern, Zypressen und Wacholder - auf den Weg hinunter und werfen Schatten, in denen nichts Liebliches gedeiht. Was in den Schatten herumspringt, sind weder Hasen noch possierliche Eichhörnchen, sondern graupelzige Affen, Makaken, mit zu Fratzen verzerrten Menschengesichtern, vor deren Anblick einem das Blut gefriert.
Tatsächlich endet der Weg - und damit der Grund und Boden, den Vater für seine Verdienste erhalten hat - an der Kante des Felsens. Vom Gras überwachsen ist dort das seltsame steinerne Symbol in den Boden gehauen, vor dem ich mich am ersten Tag so erschrocken habe, dass ich um ein Haar hinunter ins Nichts gestürzt wäre.
»Wie praktisch«, befand die gute Rhoda, ehe sie uns verließ, »da brauchen Sie nach hinten hinaus keine Gartenmauer.« Ich aber habe ihrem Tonfall angemerkt, dass sie log und an dem Weg zur Felskante nichts Praktisches fand. Ja, Du hast richtig gelesen. Rhoda, die offenste, ehrlichste Haut von ganz Südengland, das wandelnde Herz auf der Zunge, hatte sich aufs Verschweigen und Lügen verlegt, und am Ende hat sie uns verlassen. Uns, ihre Mädchen, von denen sie doch immer behauptet hat, sie ließe lieber sich selbst als diese zwei mutterlosen Waisen im Stich.
Wie das?, fragst Du. Genau das habe ich mich auch gefragt, weil ich es nicht wahrhaben wollte. Aber unsere brave, handfeste, durch nichts zu erschütternde Rhoda ist hier oben, weit mehr als tausend Meilen über dem, was wir Menschenwelt nennen, von der Melancholie befallen worden. Und ob Du es glaubst oder nicht: Die Melancholie, die einen in dieser Gegend befällt, führt, wenn sie nicht mit entschiedenen Mitteln bekämpft wird, zum Tod.
Also hat unsere noch immer ein wenig handfeste Rhoda zu diesen entschiedenen Mitteln gegriffen: Als vor zwei Wochen ein Kamerad von Vater, auch er einer von General Ochterlonys glorreichen Offizieren, uns besuchte (der erste englische Besuch seit dem Schnee, der über Wochen kein Heraufkommen möglich machte) und ankündigte, er sei auf dem Weg nach England, um zu heiraten, bot sie ihm kurzerhand ihre Dienste an. Er zahlt ihr weniger als Vater, und da weder Kinder noch junge Damen vorhanden sin