Kann, darf oder muss man sogar das Göttliche im Bild darstellen? Angesichts der globalen Bilderwelt der neuen Medien und der Macht von Bildern im religiösen Kontext ergeben sich nicht nur neue Fragen, sondern es stellen sich auch alte Fragen neu: Vermag die Hermeneutik von Bildern ein Modell biblischer Textauslegung zu sein? Und: Kennen die hermeneutische Theologie und die antike Philosophie ein Bildkonzept, das seine eigene Vergegenständlichung kritisch durchkreuzt und theologisch wie philosophisch attraktiv ist? Diesen Fragen nähern sich die Autoren aus Perspektiven hermeneutischer Theologie und antiker Philosophie. Damit werden die Vorträge der Marburger Bultmann-Lecture 2019 dokumentiert, die auch zur kulturwissenschaftlichen Verständigung über die Bildlichkeit beitragen möchten. [Cognition of the Divine in the Image? Considerations from Hermeneutical Theology and Ancient Philosophy] Can, may, or must one, even, depict the divine visually? In considering global imageries of New Media and the authority of images in a religious context, both ancient and novel questions arise: Might a hermeneutics of the pictorial be a suitable model for biblical interpretation? And: Do hermeneutical theology and ancient philosophy know of a concept of image that critically crosses out its own objectification, thus becoming theologically and philosophically enticing? The authors approach these questions from perspectives of hermeneutical theology and ancient philosophy, thus documenting papers from the 2019 Bultmann-Lecture in Marburg, which aim to also contribute to the discourse on imagery within cultural sciences.

Die Reihe »Hermeneutik und Ästhetik« bietet ein Forum für die Gegenwartsdeutung des Christentums. Der Schwerpunkt liegt in der interdisziplinären Auseinandersetzung mit aktuellen Diskursen, die sich mit dem Wahrnehmen und Verstehen von religionskulturellen Transformationsprozessen in der Moderne befassen. In dieser Reihe erscheinen kulturhermeneutische Beiträge und Studien sowie akademische Qualifikationsarbeiten aus allen Bereichen der theologischen Wissenschaft und ihrer Grenzgebiete. Herausgegeben wird die Reihe von Philipp David, Thomas Erne, Malte Dominik Krüger und Thomas Wabel.

Autorentext
Arbogast Schmitt, Dr. phil., Jahrgang 1943, studierte klassische Philologie, Philosophie und Germanistik in Würzburg und Berlin. Er wurde in Würzburg promoviert und habilitierte sich dort. Von 1982 bis 1991 war er Professor für Gräzistik an der Universität Mainz und von 1991 bis 2011 an der Universität Marburg. Seit 2011 ist er Honorarprofessor in Berlin. Schmitt hat Grundlagenwerke insbesondere zur Tragödie und zu Homer, Platon und Aristoteles verfasst. In einem langjährigen interdisziplinären Projekt hat er den Einfluss der Deutung der Antike auf das Selbstverständnis der Moderne untersucht. Schmitt ist Mitglied mehrerer wissenschaftlicher Gesellschaften, u.a. der Göttinger Akademie der Wissenschaften und der wissenschaftlichen Gesellschaft an der Universität Frankfurt. Seine Hauptwerke sind Selbständigkeit und Abhängigkeit bei Homer. Hermeneutische Studien zur Psychologie Homers (1990), Die Moderne und Platon. Zwei Grundformen europäischer Rationalität (22008), Wie aufgeklärt ist die Vernunft der Aufklärung? Eine Kritik aus aristotelischer Sicht (2016), Gibt es ein Wissen von Gott? Plädoyer für einen rationalen Gottesbegriff (2019) und Denken ist Unterscheiden. Eine Kritik an der Gleichsetzung von Denken und Bewusstsein (2020).

Inhalt
INHALT Einleitung 11 Erkenntnis des Gottlichen im Bild? Andreas Lindemann Rene Magritte und die Entmythologisierung 17 Malte Dominik Kruger Bildhermeneutische Theologie 33 Evangelische, hermeneutische und metaphysische Perspektiven I Skizze des Programms 33 II Theologie als Bildlehre des Glaubens 39 1. Die theologische Grundlagenkrise in der Moderne aufgrund der Historisierung 39 2. Das Anbahnen eines neuen Weges: Die theologische Fokussierung der Einbildungskraft 47 3. Zwischenfazit 61 III Hermeneutik als Bildlehre des Verstehens 63 1. Der bildhermeneutische Ansatz des symbolischen Pragmatismus 63 2. Die mediengenealogische Verortung der Gegenwart 75 3. Das Verstehen von Bildern und ihren Eigenarten 81 4. Kulturanthropologische Perspektiven des bildhermeneutischen Ansatzes 87 5. Zwischenfazit 91 IV Metaphysik als Bildlehre des Unbedingten 92 1. Die wahrnehmungstheoretische Verankerung der Metaphysik 92 2. Doxographische Spurensuche: Metaphysik als Philosophie des Bildes 98 3. Aktuelle Systematisierung: Metaphysik als Philosophie des Bildes 115 4. Zwischenfazit 124 V Glaube als Bildsprache des Unbedingten 125 1. Die christliche Grundbotschaft von Jesus als dem Bild Gottes 125 2. Luthers bildhermeneutische Theologie und ihre aktuellen Potentiale 137 3. Der religionskritische Projektionsverdacht und die theologische Glaubwurdigkeit 143 4. Die aktuelle Realismus-Debatte und der Realismus des Glaubens 148 5. Fazit und Folgen 154 Arbogast Schmitt Die Darstellung des Gottlichen im Bild 161 Zwei Bildbegriffe der Antike und ihre Bedeutung fur die Prasenz der Wirklichkeit des Dargestellten im Bild I Einfuhrende Charakteristik der beiden Bildbegriffe 161 II Platons Kritik am Erscheinenlassen des Erscheinenden, wie es erscheint 170 1. Die immanente Prasenz des eidos im Einzelnen, das dadurch zum Bild des eidos wird 185 2. Ubt Platon Kritik an der Tauschung uber den fiktionalen Charakter sinnlich perfekter Bilder? 195 3. Zur Uberlastung der Anschauung in der »Schattenmalerei« 198 4. Zur besonderen Form der Anschaulichkeit bei Homer 206 5. Anschaulichkeit als Verdeutlichung des Bildakts in Gemalden und Zeichnungen der Neuzeit 215 III Aristoteles uber die Bedingungen, wie man »etwas vor Augen stellt« 223 1. Aristoteles' erkenntnistheoretische Erklarung der Entstehung von Anschaulichkeit 225 2. Quintilian als Beispiel: wie die sinnliche Deutlichkeit (energeia) scheinbar unmittelbar ihre geistige Bedeutung (energeia) mitenthalt 233 3. Die »reine Sinneserkenntnis« (cognitio sensitiva qua talis) und das Verschwinden des Gegenstands in der »Asthetik« des 18. und 19. Jahrhunderts 237 4. Der Sinnuberschuss im Bild: uber zwei Grundformen moglicher Intuition 250 5. Zur Besonderheit einer auf Erfahrung und Kenntnis beruhenden Intuition 261 6. Exkurs zum Begriff des Denkens in einer Bewusstseins- und einer Unterscheidungsphilosophie 262 7. Fortsetzung: Zur Besonderheit einer auf Erfahrung und Kenntnis beruhenden Intuition 266 8. Das Bild als die Prasenz des Nachgeahmten, wie es wirklich ist 269 9. Aristoteles' Theorie von Dichtung und Kunst: Darstellung des Moglichen, »wie es geschehen musste«, als Gestaltungsprinzip 282 IV Die Macht der Gottheit im Bild. Kultische Verehrung und kunstlerische Darstellung des Gottlichen im Bild 303 1. Die Gotter als Bild des menschlichen Inneren bei Homer? 304 2. Das Erscheinungsbild der Gotter: Zusammenwirken von gottlicher Macht und menschlicher Aktivitat 310 3. Darstellung des personalen Seins der Gotter, wie es den Menschen erscheinen kann 319 4. Die Gotter im Bild: subjektivabstrakte Allegorie oder Teilhabe an der Seinsweise des Gottlichen 326 5. Das Paris-Urteil 340 6. Die Gotter als Extrapolation menschlicher Befindlichkeiten 343 7. Die Darstellung gottlichen Handelns und die Vollendung, »Arete«, der Kunst 349 Personen- und Sachregister 371 Die Autoren 376
Titel
Erkenntnis des Göttlichen im Bild?
Untertitel
Perspektiven hermeneutischer Theologie und antiker Philosophie
EAN
9783374067473
Format
E-Book (pdf)
Veröffentlichung
01.03.2021
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Dateigrösse
3.36 MB
Anzahl Seiten
376
Lesemotiv