Zusammenfassung Dissertation Marc Schreiber (kurz) Die Untersuchung hat zum Ziel, den komplexen Prozess der Ausbildungs- und Berufswahl von Jugendlichen mit Hilfe der Entscheidungstheorie abzubilden und aufzuzeigen, was fr Herangehensweisen zu einer erfolgreichen Ausbildungs- und Berufswahl fhren. Der Entscheidungsprozess wird anhand der Konstrukte Entscheidungsstil und Entscheidungsregel abgebildet. Entscheidungsstile beschreiben die generelle Herangehensweise an die Ausbildungs- und Berufswahl. Der Autor unterscheidet zwischen vier verschiedenen Entscheidungsstilen, nmlich zwischen dem Entscheidungsstil Erfahrungen sammeln, dem vermeidenden, dem intuitiven Entscheidungsstil und dem Entscheidungsstil mehrere Mglichkeiten prfen. Entscheidungsregeln bezeichnen die Art und Weise, wie zwischen zwei oder mehreren Mglichkeiten entschieden wird. Als Indikatoren einer erfolgreichen Ausbildungs- und Berufswahl werden die Zufriedenheit mit der aktuellen Ttigkeit und die Interessenkongruenz beigezogen. Anhand eines Strukturgleichungsmodells wird aufgezeigt, dass sowohl der Entscheidungsstil Erfahrungen sammeln als auch der intuitive Entscheidungsstil einen positiven Einfluss auf eine erfolgreiche Ausbildungs- und Berufswahl hat. Daraus knnen konkrete Vorschlge fr die Praxis der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung abgeleitet werden. Zusammenfassung Dissertation Marc Schreiber (lang) In der Schweiz mssen sich die Jugendlichen mit ungefhr 15 Jahren entscheiden, ob sie nach der obligatorischen Schulzeit eine Vollzeitschule wie beispielsweise das Gymnasium, oder ob sie eine Berufslehre mit Teilzeitschule in Angriff nehmen wollen. Basierend auf einem einfachen Modell der Ausbildungs- und Berufswahl von Parsons (1909) wird in der vorliegenden Untersuchung der Entscheidungsprozess bei der Ausbildungs- und Berufswahl anhand von entscheidungstheoretischen berlegungen untersucht. Die Entscheidungstheorie unterscheidet zwischen dem prskriptiven und dem deskriptiven Ansatz. Beim prskriptiven Ansatz stellt man sich die Frage, inwiefern ein Modell den Entscheidungsprozess verbessert, nachdem die Entscheidungstrgerin oder der Entscheidungstrger in dem Modell unterwiesen wurde. Der deskriptive Ansatz hingegen beinhaltet eine mglichst genaue Beschreibung des tatschlichen Entscheidungsprozesses. Die Ausbildungs- und Berufswahl als komplexe Alltagsentscheidung wird in der vorliegenden Arbeit zuerst deskriptiv beschrieben. Dies geschieht anhand einer Stichprobe von 409 Jugendlichen im Alter zwischen 18 und 21 Jahren, die retrospektiv bezglich ihrer Situation bei der Ausbildungs- und Berufswahl mit 15 Jahren befragt werden. Der Entscheidungsprozess wird anhand der beiden Konstrukte Entscheidungsstil und Entscheidungsregel erfasst. Entscheidungsstile beschreiben die generelle Herangehensweise an die Ausbildungs- und Berufswahl und betreffen den gesamten Entscheidungsprozess. Bei den Entscheidungsstilen wurden anhand von explorativen und konfirmatorischen Faktorenanalysen vier Faktoren gefunden. Diese werden mit den Entscheidungsstilen von Scott und Bruce (1995) verglichen. Der Entscheidungsstil Erfahrungen sammeln beschreibt eine aktive Herangehensweise, bei der man konkrete Erfahrungen mit dem Beruf oder der Ausbildung macht, bevor man sich dafr entscheidet. Der vermeidende Entscheidungsstil bezeichnet ein Verhalten, bei welchem man sich nicht viele Gedanken ber die Ausbildungs- und Berufswahl macht und auch keine Informationen einholt. Der intuitive Entscheidungsstil beschreibt einen Entscheidungsprozess, bei dem aufgrund von Emotionen entschieden wird. Des Weiteren wurde der Entscheidungsstil mehrere Mglichkeiten prfen gefunden. Whrend die einen sich bei der Ausbildungs- und Berufswahl auf eine Mglichkeit konzentrieren, prfen die anderen mehrere Mglichkeiten und wgen diese gegeneinander ab. Jugendliche, welche mehrere Mglichkeiten in Betracht ziehen, mssen sich irgendwann fr eine entscheiden. Entscheidungsregeln bezeichnen die Art und Weise, wie zwischen zwei oder mehreren Mglichkeiten entschieden wird. Bei der Erwartungsnutzen-Regel wird fr alle in Frage kommenden Mglichkeiten ein Nutzenwert generiert und die Mglichkeit, welche den hchsten Nutzenwert und die hchste Realisierungswahrscheinlichkeit erreicht, wird gewhlt. Die Eliminations-Regel beschreibt ein Vorgehen, bei dem Mglichkeiten, die bei einem Kriterium eine bestimmte Toleranzbreite nicht erreichen, direkt ausgeschlossen werden. Auf diese Weise kann eine grosse Anzahl von Mglichkeiten relativ schnell auf einige wenige reduziert werden. Bei der Satisficing-Regel werden verschiedene Mglichkeiten geprft, bis eine Mglichkeit gefunden wird, die auf allen wichtigen Kriterien zufrieden stellende Werte erreicht. Diese Mglichkeit wird dann direkt gewhlt. Aufgrund der Komplexitt konnten bei den Entscheidungsregeln nur einzelne Komponenten, nicht aber die Regeln als Ganze erfasst werden. Diese Komponenten knnen zwar den Entscheidungsprozess beschreiben, liefern aber keine Grundlage fr weitere statistische Analysen. Nach der deskriptiven Abbildung des Entscheidungsprozesses werden zwei Indikatoren einer erfolgreichen Ausbildungs- und Berufswahl miteinbezogen. Dadurch erhlt die Arbeit eine prskriptive Perspektive. Anhand der Zufriedenheit mit der aktuellen Ttigkeit und der Kongruenz zwischen den beruflichen Interessen und der aktuellen Ttigkeit wird der Verlauf der Ausbildungs- und Berufswahl evaluiert und untersucht, was fr Entscheidungsstile zu einer erfolgreichen Ausbildungs- und Berufswahl fhren. Gemss der Person-Umwelt Passungstheorie nach Holland (1959, 1997) hat die Interessenkongruenz einen Einfluss auf die Zufriedenheit mit der Ttigkeit. Dadurch hat die Interessenkongruenz neben ihrer Funktion als Indikator einer erfolgreichen Ausbildungs- und Berufswahl zustzlich die Funktion einer Mediatorvariable, die den Einfluss der Entscheidungsstile auf die Zufriedenheit mit der aktuellen Ttigkeit mediiert. Die postulierten Zusammenhnge werden anhand eines Strukturgleichungsmodells abgebildet und berprft. Dabei ergaben sich folgende Hauptbefunde. Auf die Zufriedenheit mit der aktuellen Ttigkeit wirkt sich vor allem der Entscheidungsstil Erfahrungen sammeln positiv aus. Jugendliche, welche konkrete Erfahrungen mit ihrem Beruf oder ihrer Ausbildung gemacht haben, bevor sie sich dafr entschieden haben, sind zufriedener mit ihrer aktuellen Ttigkeit als solche, die ihre Entscheidung nicht auf der Basis von konkreten Erfahrungen getroffen haben. Beim intuitiven Entscheidungsstil ist ein positiver indirekter Effekt ber die Interessenkongruenz auf die Zufriedenheit mit der aktuellen Ttigkeit auszumachen. Der indirekte Effekt der Entscheidungsstile kommt deswegen zu Stande, weil die Interessenkongruenz erwartungsgemss einen positiven Einfluss auf die Zufriedenheit mit der Ttigkeit hat. Wer bei der Ausbildungs- und Berufswahl mehrere Mglichkeiten in Betracht gezogen hat, ist in der untersuchten Stichprobe der Jugendlichen etwas weniger zufrieden mit der aktuellen Ttigkeit. Der Entscheidungsstil mehrere Mglichkeiten prfen hat jedoch einen positiven Einfluss auf die Interessenkongruenz. Der vermeidende Entscheidungsstil hat weder einen Einfluss auf die Zufriedenheit noch auf die Interessenkongruenz. Insgesamt erklren die Entscheidungsstile 20% der Varianz der Zufriedenheit mit der Ttigkeit, jedoch nur 4% der Varianz der Interessenkongruenz. Die Interessenkongruenz ihrerseits erklrt zustzlich 14% der Zufriedenheit mit der Ttigkeit. Aus der Arbeit knnen konkrete Vorschlge fr die Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung abgeleitet werden. Neben einer systematischen Vorgehensweise, die eine umfassende Informationsbeschaffung und deren logische Verarbeitung beinhaltet, sollte in der Beratung auch auf den intuitiven Aspekt beim Treffen einer Entscheidung Rcksicht genommen werden. Es hat sich gezeigt, dass auch dieser zu einer erfolgreichen Ausbildungs- und Ber…

Titel
Entscheidungstheoretische Aspekte der Ausbildungs- und Berufswahl von Jugendlichen
Untertitel
Eine empirische Untersuchung zur Rolle unterschiedlicher Entscheidungsstile für den subjektiven Erfolg bei der Ausbildungs- und Berufswahl
EAN
9783736916593
ISBN
978-3-7369-1659-3
Format
E-Book (pdf)
Herausgeber
Veröffentlichung
01.12.2005
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Dateigrösse
2.94 MB
Anzahl Seiten
150
Jahr
2005
Untertitel
Deutsch