Wer an Gott glaubt, ist dumm, zurückgeblieben und kann nicht denken. - Diesen Behauptungen des 'neuen' Atheismus gilt es sich zu stellen. Denn viele seiner Argumente und Einwände lassen sich nicht leicht von der Hand weisen. Und nicht alle Positionen von Gottesgläubigen können überzeugen. Plattheiten und falsche Voraussetzungen gibt es auf beiden Seiten. Argumente wie Gegenargumente sind sorgfältig zu prüfen. Matthias Wörther bietet in drei Schritten Orientierungshilfen zur aktuellen Debatte um den Gottesglauben an, indem er fragt: - Welche Rolle spielt die Gottes-Erfahrung, bezieht sie sich auf etwas Scheinbares oder Wirkliches? - Kann man den Gottesglauben als vernünftig begreifen oder verflüchtigt er sich, wenn man nur genug weiß? - Und was macht das Besondere des christlichen Gottesglaubens aus? Ein unpolemischer Versuch, den Glauben an Gott begründet zu vertreten.
Matthias Wörther, Dr. theol., geboren 1955, Studium der Germanistik und Theologie; Leiter der Fachstelle 'medien und kommunikation' der evangelischen und katholischen Kirche, München.
Autorentext
Leseprobe
I. Hauptteil Erlebte Wirklichkeit - Was uns gemeinsam ist (S. 15)
Ein oft zitierter Satz des großen Theologen Karl Rahner lautet: "Der Fromme von morgen wird ein Mystiker sein, einer, der etwas erfahren hat, oder er wird nicht mehr sein" (1966). Rahner bringt damit zum Ausdruck, dass gegenwärtiger Glaube unmöglich wird, wenn er sich nicht auf Erfahrungen beziehen lässt.
Welche Erfahrungen aber gemeint sein könnten, ist nicht so leicht auszumachen. Wer unter uns mehr und weniger Frommen versteht sich schon als 'Mystiker'?
Unter mystischen Erfahrungen stellt man sich ungewöhnliche, den Alltag übersteigende Erfahrungen vor, Erleuchtungen, spirituelle Erlebnisse, Epiphanien, Einbrüche des Jenseitigen, die nur einzelnen und besonders veranlagten Menschen widerfahren. Aber solche singulären Erfahrungen sind hier nicht gemeint, jedenfalls nicht in einem elitären Sinn, sonst würde man den Großteil der Menschen, die nichts anderes haben als ihre gewöhnlichen Erfahrungen, vom Glauben ausschließen.
Rahner geht es um den Glauben der gewöhnlichen Gläubigen. Jeder, der glaubt, muss in seinem Sinn ein Mystiker sein, also jemand, der einen 'Erfahrungsbezug' für seine religiöse Überzeugung hat.
Da es Rahner um die Zukunft des Glaubens geht, heißt seine Behauptung wohl: Jemand kann vielleicht heute (Rahner hat das Mitte der 60er-Jahre gesagt) noch ein Gläubiger sein, der seine Überzeugung gesellschaftlichen Konventionen, tief verwurzelten Traditionen oder dem lokalen Brauchtum verdankt, aber zukünftig wird das eben nicht mehr genügen.
Der Glaube an Gott hat seine Selbstverständlichkeit verloren, die einmal durch Volkskirche, Milieu und eine sich als christlich verstehende Gesellschaft abgesichert war. Säkularisierung, naturwissenschaftliches Denken und aufklärerische Vernunft sind im Innenraum des Glaubens angekommen.
Wir können nur noch gelten lassen, was den Status der 'Erfahrbarkeit' besitzt. Dementsprechend haben 'Erfahrungswissenschaften', vor allem also die Naturwissenschaften, heute die entscheidende und unbestrittene Autorität in der Definition dessen, was als wirklich zu gelten hat.
Was sie nicht bestätigen und für real erklären, existiert nicht. Über das, was die Wissenschaften 'erfahren', lässt sich dagegen zumindest auf den ersten Blick Einigkeit herstellen. Niemand kann die Gesetzmäßigkeiten der Schwerkraft bestreiten. Die Erfahrungen, von denen die Religionen reden, wenn man sie überhaupt als Erfahrungen gelten lässt, wirken dagegen verdächtig, subjektiv und illusionär.
Im Kapitel 'Mystische Postkarten' seines Buches 'Wir brauchen keinen Gott' behauptet Onfray: "Gott habe ich in meinem Leben oft gesehen" (16), und zählt dann eine Reihe von Eindrücken auf, die er auf seinen Reisen durch die Welt gesammelt hat: von ekstatischen Gläubigen in Kirchen und Tempeln, von Ritualen in orthodoxen Gottesdiensten und bei Beschwörungen von Voodoo-Priestern, beim Besuch von Kultstätten des Mithras oder auf den Stufen der Akropolis.
Er verachtet diejenigen nicht, so sagt er, die an Unsterblichkeit, Gott, Geister, Wunder oder schamanische Kräfte glauben, aber er betrachtet sie als Opfer von Einbildungen. Onfray glaubt, Belege dafür zu besitzen, dass alle Formen des Glaubens letztlich die Wahrnehmung der Wirklichkeit, das angemessene Verständnis unseres Menschseins und ein realistisches Selbstbild verhindern.
Aber hat er 'Gott' gesehen? Und versteht er die Gläubigen richtig? Sind sie alle aus der Welt geflohen oder haben Scheuklappen aufgesetzt und nur er, der überlegene Beobachter, ist ihr treu und nimmt sie wahr, wie sie ist?
Inhalt
1;Einleitung: Jenseits der Polemik;8
2;I. Hauptteil Erlebte Wirklichkeit Ò Was uns gemeinsam ist;16
3;II. Hauptteil Deutende Zugriffe Ò Wo die Meinungen auseinanderlaufen;50
4;III. Hauptteil Handelnder Glaube Ò Wof r man sich entscheiden kann;100
5;Schluss: Gott macht einen Unterschied;148
6;Literaturverzeichnis;152
Matthias Wörther, Dr. theol., geboren 1955, Studium der Germanistik und Theologie; Leiter der Fachstelle 'medien und kommunikation' der evangelischen und katholischen Kirche, München.
Autorentext
Matthias Wörther, Dr. theol., geboren 1955, Studium der Germanistik und Theologie; Leiter der Fachstelle "medien und kommunikation" der evangelischen und katholischen Kirche, München.
Leseprobe
I. Hauptteil Erlebte Wirklichkeit - Was uns gemeinsam ist (S. 15)
Ein oft zitierter Satz des großen Theologen Karl Rahner lautet: "Der Fromme von morgen wird ein Mystiker sein, einer, der etwas erfahren hat, oder er wird nicht mehr sein" (1966). Rahner bringt damit zum Ausdruck, dass gegenwärtiger Glaube unmöglich wird, wenn er sich nicht auf Erfahrungen beziehen lässt.
Welche Erfahrungen aber gemeint sein könnten, ist nicht so leicht auszumachen. Wer unter uns mehr und weniger Frommen versteht sich schon als 'Mystiker'?
Unter mystischen Erfahrungen stellt man sich ungewöhnliche, den Alltag übersteigende Erfahrungen vor, Erleuchtungen, spirituelle Erlebnisse, Epiphanien, Einbrüche des Jenseitigen, die nur einzelnen und besonders veranlagten Menschen widerfahren. Aber solche singulären Erfahrungen sind hier nicht gemeint, jedenfalls nicht in einem elitären Sinn, sonst würde man den Großteil der Menschen, die nichts anderes haben als ihre gewöhnlichen Erfahrungen, vom Glauben ausschließen.
Rahner geht es um den Glauben der gewöhnlichen Gläubigen. Jeder, der glaubt, muss in seinem Sinn ein Mystiker sein, also jemand, der einen 'Erfahrungsbezug' für seine religiöse Überzeugung hat.
Da es Rahner um die Zukunft des Glaubens geht, heißt seine Behauptung wohl: Jemand kann vielleicht heute (Rahner hat das Mitte der 60er-Jahre gesagt) noch ein Gläubiger sein, der seine Überzeugung gesellschaftlichen Konventionen, tief verwurzelten Traditionen oder dem lokalen Brauchtum verdankt, aber zukünftig wird das eben nicht mehr genügen.
Der Glaube an Gott hat seine Selbstverständlichkeit verloren, die einmal durch Volkskirche, Milieu und eine sich als christlich verstehende Gesellschaft abgesichert war. Säkularisierung, naturwissenschaftliches Denken und aufklärerische Vernunft sind im Innenraum des Glaubens angekommen.
Wir können nur noch gelten lassen, was den Status der 'Erfahrbarkeit' besitzt. Dementsprechend haben 'Erfahrungswissenschaften', vor allem also die Naturwissenschaften, heute die entscheidende und unbestrittene Autorität in der Definition dessen, was als wirklich zu gelten hat.
Was sie nicht bestätigen und für real erklären, existiert nicht. Über das, was die Wissenschaften 'erfahren', lässt sich dagegen zumindest auf den ersten Blick Einigkeit herstellen. Niemand kann die Gesetzmäßigkeiten der Schwerkraft bestreiten. Die Erfahrungen, von denen die Religionen reden, wenn man sie überhaupt als Erfahrungen gelten lässt, wirken dagegen verdächtig, subjektiv und illusionär.
Im Kapitel 'Mystische Postkarten' seines Buches 'Wir brauchen keinen Gott' behauptet Onfray: "Gott habe ich in meinem Leben oft gesehen" (16), und zählt dann eine Reihe von Eindrücken auf, die er auf seinen Reisen durch die Welt gesammelt hat: von ekstatischen Gläubigen in Kirchen und Tempeln, von Ritualen in orthodoxen Gottesdiensten und bei Beschwörungen von Voodoo-Priestern, beim Besuch von Kultstätten des Mithras oder auf den Stufen der Akropolis.
Er verachtet diejenigen nicht, so sagt er, die an Unsterblichkeit, Gott, Geister, Wunder oder schamanische Kräfte glauben, aber er betrachtet sie als Opfer von Einbildungen. Onfray glaubt, Belege dafür zu besitzen, dass alle Formen des Glaubens letztlich die Wahrnehmung der Wirklichkeit, das angemessene Verständnis unseres Menschseins und ein realistisches Selbstbild verhindern.
Aber hat er 'Gott' gesehen? Und versteht er die Gläubigen richtig? Sind sie alle aus der Welt geflohen oder haben Scheuklappen aufgesetzt und nur er, der überlegene Beobachter, ist ihr treu und nimmt sie wahr, wie sie ist?
Inhalt
1;Einleitung: Jenseits der Polemik;8
2;I. Hauptteil Erlebte Wirklichkeit Ò Was uns gemeinsam ist;16
3;II. Hauptteil Deutende Zugriffe Ò Wo die Meinungen auseinanderlaufen;50
4;III. Hauptteil Handelnder Glaube Ò Wof r man sich entscheiden kann;100
5;Schluss: Gott macht einen Unterschied;148
6;Literaturverzeichnis;152
Titel
Kein Gott nirgends?
Untertitel
Neuer Atheismus und alter Glaube - Orientierungen
Autor
EAN
9783429031978
ISBN
978-3-429-03197-8
Format
E-Book (pdf)
Hersteller
Herausgeber
Genre
Veröffentlichung
01.09.2008
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Anzahl Seiten
152
Jahr
2008
Untertitel
Deutsch
Lesemotiv
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