1 Wenn Welten zusammenstoßen Dieses Buch zeigt, was geschieht, wenn zusammenkommt, was - auf den ersten Blick - nicht zusammengehört. Die Rede ist, der Buchtitel spricht dies aus, von der Soziologie sozialer Probleme auf der einen und der Wissenssoziologie auf der ande ren Seite. Wie wohl keine andere Teildisziplin symbolisierte die Soziologie sozialer Pro bleme lange Zeit gleichermaßen die 'Lebensnähe' wie das soziale Gewissen der uni versitären Sozialwissenschaften. Im Mittelpunkt ihrer theoretischen Überlegungen und empirischen Untersuchungen standen die vielfaltigen sozialen Verwerfungen, von denen moderne Gesellschaften offenbar regelmäßig heimgesucht werden ode- dies ist eine andere beliebte Lesart - die sie permanent hervorbringen. Der Name, den diese Teildisziplin nach den von ihr untersuchten Bestandteilen der sozialen Welt bis heute trägt, macht dabei unzweifelhaft klar, daß es dieser Soziologie per definitionem stets nur um die negativen Seiten des Sozialen gehen konnte. Innerhalb ihrer Disziplin war sie entsprechend fiir Anomien und Anomalien zuständig, welche von den Bindestrichsoziologien, die sich um die wohlorganisierte Gesellschaft kümmerten, ausgeklammert wurden (oftmals wohl zwangsläufig, manchmal aber auch nur allzu gern). Typisch fiir diese Perspektive der Problemsoziologie waren in Deutschland - wo diese Theorietradition bis heute fortlebt -die Arbeiten von Hans Haferkamp. Als problematisch erschienen ihm alljene sozialen Phänomene, bei denen es fiir die Be troffenen um die "Differenzen von tot oder lebendig, krank oder gesund, hungrig oder satt, gefangen oder frei" ging (H. Haferkamp 1987: 126).

Wenn soziale Probleme durch Wahrnehmung erzeugt werden

Autorentext

Dr. Michael Schetsche ist wissenschaftlicher Assistent am Institut für empirische und angewandte Soziologie (EMPAS) der Universität Bremen.



Klappentext

Auf die zunehmende Bedeutung symbolischer Prozesse für die Strukturierung der sozialen Welt muß die Problemsoziologie mit einer theoretischen Neuausrichtung reagieren. Im Zentrum der von der relativistischen Problemtheorie angeleiteten Analyse sozialer Probleme stehen symbolische Strukturen und Prozesse, die sich als entscheidende Parameter für die Karriere sozialer Probleme im 21. Jahrhundert erweisen werden: der innere Aufbau problematisierender Deutungsmuster und deren - von Konkurrenzprozessen beherrschte - Verbreitung in Massen- und Netzwerkmedien. Dieser Perspektivwechsel macht die Erfolgschancen neuer sozialer Probleme in der Öffentlichkeit erstmals prognostizierbar.



Inhalt
Vorbemerkung.- 1. Probleme einer Theorie sozialer Probleme.- 1.1 Der Spaltung der Problemsoziologie.- 1.2 Vergebliche Integrationsversuche.- 1.3 Metatheoretische Erklärung.- 1.4 Relativistische Problemtheorie.- 1.5 Die weiteren Bestimmungen.- 2. Die Verbreitung des Problemwissens.- 2.1 Determinanten des Wissenstransfers.- 2.2 Selektionsmechanismen als Erfolgsfaktoren.- 2.3 Problemwissen in Massen- und Netzwerkmedien.- 2.4 Fazit.- 3. Deutungsmuster als Ursprung sozialer Probleme.- 3.1 'Deutungsmuster' als heuristisches Konzept.- 3.2 Prolegomena zu einer Theorie sozialer Deutungsmuster.- 3.3 Aufbau und Anwendung von Problemmustern.- 3.4 Simulative Opferwerdung.- 4. Virtuelle Probleme am Ende des 20. Jahrhunderts.- 4.1 Erstes Beispiel: alien abduction experiences.- 4.2 Zweites Beispiel: ritual cult abuse.- 4.3 Konfigurations- und Schnittstellenmerkmale.- 4.4 Die Wirklichkeit virtueller Probleme.
Titel
Wissenssoziologie sozialer Probleme
Untertitel
Grundlegung einer relativistischen Problemtheorie
EAN
9783322903365
Format
E-Book (pdf)
Veröffentlichung
09.03.2013
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Anzahl Seiten
234
Lesemotiv