Mike Krüger ist die Kultfigur im deutschen Fernsehen. In den Siebzigern vertonte er mit 'Mein Gott, Walther' das Lebensgefühl der Mittelschicht, in den Achtzigern erfand er mit Thomas Gottschalk die deutsche Kino-Komödie neu und zur Jahrtausendwende zog er zusammen mit Rudi Carrell und '7 Tage, 7 Köpfe' in jedes deutsche Wohnzimmer ein. Doch mühelos verlief sein Leben vor der Ausnahmekarriere keineswegs. Ähnlich wie im Kultsong 'Mein Gott, Walther' kannte er das Hadern, die Sehnsucht nach Akzeptanz und fühlte sich erst frei, als er begriff, dass es auch in Ordnung ist, 'unter den Kleinen einer der Größten zu sein'. Anlässlich seines 40. Bühnenjubiläums wirft er einen Blick zurück und erzählt, warum eine einsame Kindheit auch humorbildend sein kann und wie er aus Versehen zu einem der beliebtesten Entertainer der Republik wurde. Denn das Leben ist oft Plan B!

Mike Krüger ist in Ulm zur Welt gekommen und in Hamburg aufgewachsen. Die Idee zu seinem ersten Hit 'Mein Gott, Walther' kam ihm mit fünfzehn am Baggersee - den riesigen Erfolg des Songs verpasste er fast beim Fischen in Norwegen. Seitdem hat er sich für sein Publikum mehrfach neu erfunden, Fernsehgeschichte geschrieben und auf fast jeder Bühne zwischen Nordsee und Wörthersee gespielt.

Autorentext

Mike Krüger ist in Ulm zur Welt gekommen und in Hamburg aufgewachsen. Die Idee zu seinem ersten Hit "Mein Gott, Walther" kam ihm mit fünfzehn am Baggersee - den riesigen Erfolg des Songs verpasste er fast beim Fischen in Norwegen. Seitdem hat er sich für sein Publikum mehrfach neu erfunden, Fernsehgeschichte geschrieben und auf fast jeder Bühne zwischen Nordsee und Wörthersee gespielt.



Leseprobe
Keiner soll hungern, ohne zu frieren

Wenn man heutzutage an Internate denkt, dann fallen einem so berühmte Namen wie »Salem« oder »Louisenlund« ein, Eliteschmieden für den bräsigen Nachwuchs unseres nicht mehr vorhandenen Hochadels und der oberen Zehntausend aus Wirtschaft und Gesellschaft. Reich, abgeschoben und abgehoben. Oder man assoziiert den Begriff »Internat« mit Geschichten aus Jugendbüchern, zum Beispiel »Die Jungens von Burg Schreckenstein« oder »Das fliegende Klassenzimmer«. Geschichten, in denen Lehrer immer hart, aber fair und kumpelig sind.

Wer seine Kinder insgesamt nicht so gelungen findet, der kann sie natürlich auch gleich nach England auf ein altehrwürdiges Lehrinstitut schicken: Dann sind sie erstens weiter weg, zweitens rücken sie einem am Wochenende nicht dauernd auf die Pelle, und drittens sind sie später trink- und prügelfest. Und laufen das ganze Jahr - egal, bei welchem Wetter - im T-Shirt rum. Engländer halt. Mit all dem hatte das »Nordsee-Internat« in Büsum, mal abgesehen vom Alkohol und der Gewalt, nichts gemein. Büsum kam auch nur für Kinder infrage, deren Eltern nicht genug Geld hatten, oder nicht mehr ausgeben wollten. Denn mit den 500 D-Mark, die Büsum im Monat kostete, kann man in Internaten wie »Louisenlund« gerade mal den täglichen Wackelpudding bezahlen. Waldmeister statt Weltmeister.

Das Erste, was mir im »Nordsee-Internat« auffiel, als ich durch die Eingangstür trat, war eine unglaublich steile, lange Treppe, die für mich kleinen, zehn Jahre alten Jungen fast senkrecht in das obere Stockwerk zu führen schien. Rechts neben dem Eingang befand sich das »Erzieherzimmer«, und links ging es in einen großen Speisesaal. Davor war eine freie Fläche, an deren Ende eine Tischtennisplatte stand. Von dort aus ging es in den »Schuhraum«, in dem die Schuhe aller Internierten in einzelnen Fächern lagerten. Ein Geruch, den ich nie vergessen werde. Ein leicht entzündliches Gasgemisch aus verqualmter Hornhaut, käsemaukigen, vollgeschweißten Einlegesohlen und Schuhwichse. Jeden Abend war »Schuhappell«, und jedes Zimmer musste seine geputzten Schuhe vorzeigen. Vielleicht war deshalb der Duschraum auch nur durch diesen muffig riechenden Fuß-Parmesan-Verschlag zu erreichen. Der Duschraum roch allerdings auch nicht nach Chanel, eher nach Kamel.

Der erste Stock, in dem sich unsere Aufenthaltsräume befanden, glich einem Kasernenflur, von dem rechts und links die Zimmertüren abgingen. Hinter den vorderen sieben verbargen sich 6-Mann-Zimmer mit einem Tisch und sechs Stühlen in der Mitte. An den Wänden standen Kleiderspinde, wie man sie auch bei der Bundeswehr verwendet. In drei Ecken waren »Doppelschreibtische«, sodass jeder Bewohner eine kleine Ecke »Privatsphäre« hatte, also einen halben Schreibtisch und ein Stück Wand, an dem man Fotos oder Poster anbringen durfte. Hinter einer der Türen war ein riesiger Waschraum, und am Ende des Ganges verbarg sich unser Heiligtum: »der Saloon«. In diesem Zimmer standen zwei heruntergekommene, abgewetzte Sofas, ein paar durchgefurzte Sessel und der einzige Schallplattenspieler im ganzen Haus. Wer jetzt denkt, dass dieser unglaubliche Luxus nicht mehr zu toppen sei, der folge mir noch ein Stockwerk höher in den 42-Mann-Schlafsaal. Hier verbrachten die Insassen des Nobeletablissements ihre Nächte. Natürlich in Etagenbetten, wie es früher in jeder Art Knast so üblich war. Vor dem Schlafsaal gab es ein Krankenzimmer mit zwei Betten und zwei Zimmer für die »Großen«. Das waren die ältesten sechs, die das unglaubliche Privileg genossen, in Dreibettzimmern zu schlafen. Die »ältesten Sechs« waren zwischen 14 und 16 Jahre alt und sehr gefürchtet, denn den Frust, die Wut und die Aggression, die in diesen pubertären Jungs oft wütete, ließen sie gnadenlos an Schwächeren und Neulingen wie mir aus. Sie waren gleich nach den Erziehern die dunkle Seite der Macht im Internat. Die Darth Vaders vom Todesstern Büsum.

Diese



Inhalt

Wie ich wurde, was ich blieb

Edel sei der Mensch, Milchreis tut gut

Keiner soll hungern, ohne zu frieren

Die weißen Tauben sind Möwen

Bleib bei mir, wenn ich komme

Du bist schön groß, du nagelst unten

Nüchtern betrachtet, war es besoffen besser

Wer im Dunkeln steht, hat für den Spot nicht gesorgt

Die Supernasen

Ist das Kunst, oder kann das weg ?

Ruhe, Licht aus, ich will lesen

Nachwort

Dank

Bildnachweis

Titel
Mein Gott, Walther
Untertitel
Das Leben ist oft Plan B
EAN
9783492971409
ISBN
978-3-492-97140-9
Format
E-Book (epub)
Herausgeber
Veröffentlichung
05.10.2015
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Dateigrösse
16.91 MB
Anzahl Seiten
288
Jahr
2015
Untertitel
Deutsch
Features
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet