Mike Krüger ist in Ulm zur Welt gekommen und in Hamburg aufgewachsen. Die Idee zu seinem ersten Hit 'Mein Gott, Walther' kam ihm mit fünfzehn am Baggersee - den riesigen Erfolg des Songs verpasste er fast beim Fischen in Norwegen. Seitdem hat er sich für sein Publikum mehrfach neu erfunden, Fernsehgeschichte geschrieben und auf fast jeder Bühne zwischen Nordsee und Wörthersee gespielt.
Autorentext
Mike Krüger ist in Ulm zur Welt gekommen und in Hamburg aufgewachsen. Die Idee zu seinem ersten Hit "Mein Gott, Walther" kam ihm mit fünfzehn am Baggersee - den riesigen Erfolg des Songs verpasste er fast beim Fischen in Norwegen. Seitdem hat er sich für sein Publikum mehrfach neu erfunden, Fernsehgeschichte geschrieben und auf fast jeder Bühne zwischen Nordsee und Wörthersee gespielt.
Leseprobe
Keiner soll hungern, ohne zu frieren
Wenn man heutzutage an Internate denkt, dann fallen einem so berühmte Namen wie »Salem« oder »Louisenlund« ein, Eliteschmieden für den bräsigen Nachwuchs unseres nicht mehr vorhandenen Hochadels und der oberen Zehntausend aus Wirtschaft und Gesellschaft. Reich, abgeschoben und abgehoben. Oder man assoziiert den Begriff »Internat« mit Geschichten aus Jugendbüchern, zum Beispiel »Die Jungens von Burg Schreckenstein« oder »Das fliegende Klassenzimmer«. Geschichten, in denen Lehrer immer hart, aber fair und kumpelig sind.
Wer seine Kinder insgesamt nicht so gelungen findet, der kann sie natürlich auch gleich nach England auf ein altehrwürdiges Lehrinstitut schicken: Dann sind sie erstens weiter weg, zweitens rücken sie einem am Wochenende nicht dauernd auf die Pelle, und drittens sind sie später trink- und prügelfest. Und laufen das ganze Jahr - egal, bei welchem Wetter - im T-Shirt rum. Engländer halt. Mit all dem hatte das »Nordsee-Internat« in Büsum, mal abgesehen vom Alkohol und der Gewalt, nichts gemein. Büsum kam auch nur für Kinder infrage, deren Eltern nicht genug Geld hatten, oder nicht mehr ausgeben wollten. Denn mit den 500 D-Mark, die Büsum im Monat kostete, kann man in Internaten wie »Louisenlund« gerade mal den täglichen Wackelpudding bezahlen. Waldmeister statt Weltmeister.
Das Erste, was mir im »Nordsee-Internat« auffiel, als ich durch die Eingangstür trat, war eine unglaublich steile, lange Treppe, die für mich kleinen, zehn Jahre alten Jungen fast senkrecht in das obere Stockwerk zu führen schien. Rechts neben dem Eingang befand sich das »Erzieherzimmer«, und links ging es in einen großen Speisesaal. Davor war eine freie Fläche, an deren Ende eine Tischtennisplatte stand. Von dort aus ging es in den »Schuhraum«, in dem die Schuhe aller Internierten in einzelnen Fächern lagerten. Ein Geruch, den ich nie vergessen werde. Ein leicht entzündliches Gasgemisch aus verqualmter Hornhaut, käsemaukigen, vollgeschweißten Einlegesohlen und Schuhwichse. Jeden Abend war »Schuhappell«, und jedes Zimmer musste seine geputzten Schuhe vorzeigen. Vielleicht war deshalb der Duschraum auch nur durch diesen muffig riechenden Fuß-Parmesan-Verschlag zu erreichen. Der Duschraum roch allerdings auch nicht nach Chanel, eher nach Kamel.
Der erste Stock, in dem sich unsere Aufenthaltsräume befanden, glich einem Kasernenflur, von dem rechts und links die Zimmertüren abgingen. Hinter den vorderen sieben verbargen sich 6-Mann-Zimmer mit einem Tisch und sechs Stühlen in der Mitte. An den Wänden standen Kleiderspinde, wie man sie auch bei der Bundeswehr verwendet. In drei Ecken waren »Doppelschreibtische«, sodass jeder Bewohner eine kleine Ecke »Privatsphäre« hatte, also einen halben Schreibtisch und ein Stück Wand, an dem man Fotos oder Poster anbringen durfte. Hinter einer der Türen war ein riesiger Waschraum, und am Ende des Ganges verbarg sich unser Heiligtum: »der Saloon«. In diesem Zimmer standen zwei heruntergekommene, abgewetzte Sofas, ein paar durchgefurzte Sessel und der einzige Schallplattenspieler im ganzen Haus. Wer jetzt denkt, dass dieser unglaubliche Luxus nicht mehr zu toppen sei, der folge mir noch ein Stockwerk höher in den 42-Mann-Schlafsaal. Hier verbrachten die Insassen des Nobeletablissements ihre Nächte. Natürlich in Etagenbetten, wie es früher in jeder Art Knast so üblich war. Vor dem Schlafsaal gab es ein Krankenzimmer mit zwei Betten und zwei Zimmer für die »Großen«. Das waren die ältesten sechs, die das unglaubliche Privileg genossen, in Dreibettzimmern zu schlafen. Die »ältesten Sechs« waren zwischen 14 und 16 Jahre alt und sehr gefürchtet, denn den Frust, die Wut und die Aggression, die in diesen pubertären Jungs oft wütete, ließen sie gnadenlos an Schwächeren und Neulingen wie mir aus. Sie waren gleich nach den Erziehern die dunkle Seite der Macht im Internat. Die Darth Vaders vom Todesstern Büsum.
Diese
Inhalt
Wie ich wurde, was ich blieb
Edel sei der Mensch, Milchreis tut gut
Keiner soll hungern, ohne zu frieren
Die weißen Tauben sind Möwen
Bleib bei mir, wenn ich komme
Du bist schön groß, du nagelst unten
Nüchtern betrachtet, war es besoffen besser
Wer im Dunkeln steht, hat für den Spot nicht gesorgt
Die Supernasen
Ist das Kunst, oder kann das weg ?
Ruhe, Licht aus, ich will lesen
Nachwort
Dank
Bildnachweis