Monika Dahlhoff wird 1940 in Königsberg geboren. An ihrem 18. Geburtstag verlässt sie ihre Familie und baut sich in Düsseldorf ein eigenes Leben auf. Viele Jahre lang muss sie hart arbeiten, um eine glückliche und sorgenfreie Existenz führen zu können. Doch es gelingt. Heute ist Monika Dahlhoff Mutter zweier erwachsener Töchter und lebt mit ihrem Mann in Hamm.
Winter 1944. Von russischen Soldaten wird die kleine Monika in einen Kindergulag verschleppt. Karges Essen, ein Schlafplatz zwischen Ratten und völlige Verwahrlosung - als das Mädchen nach Jahren befreit wird, ist ein normales Leben nicht möglich. In einer Pflegefamilie versucht man Monika mit Gewalt und Strenge beizukommen, doch sie sehnt sich nach Geborgenheit und hofft noch immer auf ein Wiedersehen mit ihrer Mutter.
Autorentext
Monika Dahlhoff wird 1940 in Königsberg geboren. An ihrem 18. Geburtstag verlässt sie ihre Familie und baut sich in Düsseldorf ein eigenes Leben auf. Viele Jahre lang muss sie hart arbeiten, um eine glückliche und sorgenfreie Existenz führen zu können. Doch es gelingt. Heute ist Monika Dahlhoff Mutter zweier erwachsener Töchter und lebt mit ihrem Mann in Hamm.
Leseprobe
1940 bis 1944
Frühe Kindheit in Ostpreußen
Ich bin ein Kriegskind, im Krieg in Königsberg geboren und die ersten vier Jahre dort aufgewachsen. Meine Eltern wohnten in der Kneiphöfischen Langgasse, der prächtigen Hauptstraße im Stadtteil Kneiphof, wie eine Insel von zwei Flussarmen umgeben. Vor allem angesehene Kaufleute hatten nahe am Pregelufer mit seinen Schiffsanlegestellen und Speichern ihre Wohnungen und Geschäfte. Am gegenüberliegenden östlichen Ende des Kneiphofs überragte der Dom die Dächer. Erinnerungen an die Stadt habe ich kaum. Überhaupt weiß ich über meine ersten vier Lebensjahre nicht viel und besitze auch nur eine Handvoll inzwischen verblasster Schwarz-Weiß-Fotografien. Aber einige Bilder, Erlebnisse und Gefühle haben sich in mein Gedächtnis eingebrannt, und sie scheinen mir echt zu sein.
Als ich zur Welt kam, war mein Vater vierundzwanzig Jahre alt und Soldat bei der Luftwaffe; er wird nicht oft bei uns gewesen sein, ich werde ihn nicht oft gesehen haben. Trotzdem habe ich eine starke Erinnerung an ihn. Wenn ich in den Nachthimmel blicke, sehe ich noch heute meinen Vater vor mir, der liebevoll zu mir herunterschaut und dem ich alles sagen kann. Er ist mein Herzensmensch, meine Kraftquelle. Meine Mutter hatte mich mit nur achtzehn Jahren zur Welt gebracht; fast selbst noch ein Kind, sorgte sie für mich, während ihr Mann immer wieder in den Krieg zog. Wenn ich an sie als junge Frau denke, sehe ich eigentlich nur die alten Fotografien von ihr vor meinem inneren Auge. Sie war eine wunderschöne Frau, aber sie wird in meiner Vorstellung nie so lebendig wie der Vater. Ihn sehe ich nach Hause kommen, auf Heimaturlaub. Ein schlanker junger Mann in blaugrauer Uniform. »Monika, Engelchen!«, rief er jedes Mal und hob mich zur Begrüßung hoch in die Luft. Ich war vielleicht zwei Jahre alt, als er fragte: »Würdest du dich freuen, ein Brüderchen zu bekommen? Dann hast du immer jemanden zum Spielen.« - »Ja, Papa!«, höre ich mich noch heute begeistert antworten. »Hast du mir eins mitgebracht?« Mein Vater und meine Mutter lachten, und Papa nahm mich auf den Arm. »Du weißt doch, dass Mama und ich uns sehr lieb haben, und wenn wir uns fest in den Arm nehmen, wirst du einen Bruder bekommen.« - »Oh, Papa, dann halt die Mama ganz, ganz fest!« Wieder lachten die beiden und Papa zwinkerte mir zu. »Da muss ich heute Abend mit deiner Mama noch mal allein drüber sprechen ...« Er gab mir einen Kuss und ließ mich von seinem Arm hinunter. »Bitte, bitte, Mama, sag Ja!«, rief ich und hüpfte durch die Wohnstube. Dann rannte ich in mein Zimmer und rief: »Ein Brüderchen, ein Brüderchen!«
Sobald Vater zu Hause war, kam auch Oma Clausen, Vaters Mutter Gerda, oft zu Besuch, oder wir fuhren zu ihr nach Lyck, wo sie ein Juweliergeschäft betrieb. Mein Vater Gerd, ein gelernter Goldschmied, und seine Familie haben mir wohl die Leidenschaft für Schmuck und alles, was glänzt, vererbt. Ob ich auch einen Opa Clausen hatte oder ob er schon verstorben war, daran kann ich mich nicht erinnern.
Meine Großeltern mütterlicherseits nannte ich immer nur Oma und Opa, bei ihnen war ich besonders gern zu Besuch, denn sie besaßen nahe Königsberg ein Gut mit vielen Tieren. Doch der Weg dorthin war für meine Mutter und mich zu beschwerlich, sodass die Großeltern meist uns besuchen kamen.
Wenn ich mal wieder traurig war, weil Papa zurück an die Front musste, versuchte mich meine Mutter zu trösten. Worte halfen selten. Also spendierte sie uns ein Stück Torte in unserem Lieblingscafé ein paar Häuser weiter, oder wir besuchten den Tiergarten.
Eines Tages lag meine Mutter auf dem Sofa; sie hatte schon in den Wochen zuvor häufig über Übelkeit geklagt. Ich war wohl unruhig, denn Mama rief mich zu sich. »Komm, Monika, ich zeige dir was, du musst dir keine Sorgen machen«, sagte sie. Sie schob ihre Bluse hoch, legte ihre Hand auf den gewölbten Bauch und zog mich zu sich heran. »Gib mi