Monika Urban untersucht aus diskurstheoretischer Perspektive die Entwicklung, Verwendung und Funktion abwertender Tier-Symbolisierungen und die sich hierbei verschiebenden Räume des Sagbaren. Sie rekonstruiert, wie eine sprachliche Dehumanisierung mit der jeweiligen sozialen Ordnung korrespondiert. In der Judenfeindschaft haben solche Tiersymbolisierungen eine lange Tradition: Während das klassische Motiv des mittelalterlichen Antijudaismus die Sau ist, die als unrein und dreckig gilt, dominieren im Nationalsozialismus Symbolisierungen der jüdischen Bevölkerung als Ungeziefer und Bakterien, die den Volkskörper verzehren und zerSetzen. An diese Abwertungen werden Handlungsaufforderungen geknüpft und beispielsweise gefordert, Trichinen nicht zu erziehen, sondern zu vernichten. Nach 1945 fallen die meisten pejorativen Tiersymbolisierungen in der öffentlichen Rede unter ein Tabu. Dennoch bleiben die Grenzen des Sagbaren fortan umkämpft: Vor allem in Wahlkämpfen wird über die Implikationen von Tiersymbolisierungen gestritten, auch wenn schlussendlich ihre Unsagbarkeit bestätigt wird. Erst Franz Münteferings Verwendung der Heuschrecke öffnete im Jahr 2005 wieder die Schleusen und so gewinnt schließlich ein Insektensymbol im Rahmen diverser Krisen der Anti-Globalisierungsdebatte einen neuen Stellenwert.

Autorentext
Dr. Monika Urban ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen. Mit der vorliegenden Arbeit promovierte sie an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.
Titel
Von Ratten, Schmeißfliegen und Heuschrecken
Untertitel
Judenfeindliche Tiersymbolisierungen und die postfaschistischen Grenzen des Sagbaren
EAN
9783744508476
Format
E-Book (pdf)
Veröffentlichung
01.10.2014
Digitaler Kopierschutz
frei
Dateigrösse
7.94 MB
Anzahl Seiten
452
Auflage
1. Auflage
Lesemotiv