Moritz Wulf Lange, 1971 in Hamburg geboren, schrieb u. a. sieben Hörspieldrehbücher zu den Wallander-Krimis von Henning Mankell. Seine Hörspielserie 'Edgar Allan Poe' wurde 2006 für den Deutschen Hörbuch-Preis nominiert. 2009 erschien 'Kleine Aster. Dallingers erster Fall'. Moritz Wulf Lange lebt in Berlin und bei Bremervörde.
Vorwort
»Alles, was das Krimiherz begehrt!« Emotion
Autorentext
Moritz Wulf Lange, 1971 in Hamburg geboren, schrieb u. a. sieben Hörspieldrehbücher zu den Wallander-Krimis von Henning Mankell. Seine Hörspielserie "Edgar Allan Poe" wurde 2006 für den Deutschen Hörbuch-Preis nominiert. 2009 erschien "Kleine Aster. Dallingers erster Fall". Moritz Wulf Lange lebt in Berlin und bei Bremervörde.
Leseprobe
9.
Als Michael hochschreckte, war es noch dunkel. Vergeblich versuchte er, die letzten Traumbilder festzuhalten. Neben ihm atmete Anke tief und ruhig. Er strich ihr über den Kopf und versuchte weiterzuschlafen, aber seine Augen wollten sich nicht schließen. Schließlich drehte er sich auf den Rücken und starrte an die Decke. Im Dunkeln zeichnete sich ganz schwach der Umriss des Lampenschirms ab. Nur langsam kam die Müdigkeit zurück.
Diesmal war der Schlaf traumlos.
Als er aufwachte, schien es ihm, als ob er gerade erst eingeschlafen war. Er blinzelte. Es war schon hell. Seine Finger berührten die Wand. Ganz allmählich wurde ihm bewusst, dass er ziemlich viel Platz im Bett hatte.
Er langte nach seiner Uhr. Schon nach halb zehn. Anke war längst an die Uni gefahren. Er setzte sich auf und rieb sich das Gesicht. Auf seinen Unterarmen breitete sich eine Gänsehaut aus; im Zimmer war es ungewöhnlich kühl. Er sah an sich hinunter. Aus dieser Perspektive sah sein Bauch besonders dick aus. Mit vierzig ist der Lack ab.
Er zog sich rasch einen Pullover über, schlurfte durch das Zimmer und tastete im Vorbeigehen nach der Heizung. Der Heizkörper war kalt. Natürlich. Wahrscheinlich wieder mal ein Ausfall der Heizanlage. Er ging in die Kochnische und setzte die Espressokanne auf den Herd. Auf dem Küchentisch lag ein Zettel: Bringe den Wagen in die Werkstatt. Melde mich im Laufe des Tages. Gruß, Anke. Manchmal hatte er das Gefühl, sie handelte aus purem Trotz. Obwohl sie eigentlich sehr vernünftig war. Das schätzte er an ihr. Ina war emotionaler - das hatte er früher mal sehr gemocht, aber es war immer schwer gewesen, mit ihr zu diskutieren.
Vergangene Zeiten.
Nach ein paar Minuten gurgelte das Wasser in der Kanne hoch. Er schlürfte wohlig die ersten Schlucke.
In der Brotablage fand er ein altes Croissant und kaute es langsam zum Kaffee.
Noch vier Tage bis zum Urlaub. Und nichts Ernstes mehr zu tun. Großartig. Er sah in den Kühlschrank. Außer einem ranzigen Stück Käse und einer angebrochenen Tüte Milch war nichts mehr drin. Was fehlte, konnte er zwischendurch in der Ackerhalle besorgen. Erstmal würde er ins Büro fahren.
Michael ging ins Bad, spritzte sich Wasser ins Gesicht und zog sich an. Da war doch noch etwas gewesen ... ach ja, Ina zurückrufen. Das konnte er auch von hier aus erledigen.
Dann hatte er es hinter sich.
Nach nur drei Monaten hatte er ihre Nummer schon vergessen, er musste sie erst wieder in seinem Notizbuch nachschlagen. Aus dem Nummernspeicher war sie längst gelöscht.
Draußen kam die Sonne zwischen den Wolken durch und fiel auf den kleinen Schreibtisch am Fenster. Zwischen den Tasten seines Telefons hatte sich feiner Staub gesammelt. Obwohl er es lange klingeln ließ, ging niemand ran, auch der Anrufbeantworter nicht. Vielleicht war der Apparat kaputt, und er sollte sie deshalb auf dem Handy zurückrufen?
Diesmal erreichte er wenigstens die Mailbox. »Hallo Ina, ich bin's. Ich versuch's einfach später noch mal.«
Sehr schön. Das wäre auch erledigt. »Später« konnte heißen: in ein paar Stunden.
Aber auch: in ein, zwei Tagen.
Die Luft draußen war klar und kalt. Der Schnee bedeckte die gesamte Fahrbahn - die Räumfahrzeuge hatten es noch nicht bis in die Seitenstraßen geschafft. Er ging vorsichtig bis zur Ackerstraße vor.
Meistens genoss er den Spaziergang zwischen seiner Wohnung und dem Büro: zwanzig Minuten, um den Kopf auszulüften, morgens wach zu werden oder abends abzuschalten. Bei Schlechtwetter, Regen zumal, nahm er in der Regel das Auto. An einem Tag wie diesem war die Tram die beste Wahl.
Wenn er es nicht eilig hatte, schaute er nie auf die Fahrpläne; irgendwann würde schon eine Tram kommen. Damals, als er noch Geige studierte, hatte er kurze Zeit in Irland gelebt. Dort hatten die Abfahrtszeiten, vor allem in ländlichen Gegenden, oft nur empfeh