Potsdam, 2008: Der junge Student Elias recherchiert für seine Magisterarbeit. Er schreibt über den Kunstraub im Russlandfeldzug und den damit verbundenen Verstrickungen der SS-Einsatzgruppen.Er findet einen Hinweis auf ein verschollenes Register. Durch seine Neugier getrieben, begibt er sich auf die Suche danach. In Russland enden seine Nachforschungen beinah tödlich, weshalb er kurz davor ist aufzugeben.Doch mit seinem Handeln setzt er ungewollt ein Netz aus Ereignissen in Gang. Er gerät in den Fokus eines einflussreichen alten Mannes, dessen Vergangenheit an das Register gebunden ist. Elias wird in einen Strudel aus Verrat, Gier und Mord gezogen. Der Roman WAHRHEITSDIEBE begibt sich mit der Leserin und dem Leser auf eine Reise zwischen der Schönheit des Lebens und dessen dunkelsten Abgründen. Andreas Neßlinger kombiniert eine fiktive Erzählung mit historischen Fakten. WAHRHEITSDIEBE ist sein Debütroman.
Autorentext
Andreas Neßlinger, Jahrgang 1978, studierte Literaturwissenschaft und Geschichte. Schwerpunkte lagen auf der Vergangenheitsbewältigung und den SS-Einsatzgruppen. Er forschte u.a. zu den Ordensburgen sowie der Wewelsburg als ideologischem Zentrum der SS. Neßlinger lebt und arbeitet in Berlin.
Leseprobe
Meine Schritte hallten durch die engen Gänge. Ich war getrieben von Angst. Wut, Verzweiflung und das Wissen über mein mögliches Versagen waren die Motivation, die mich am Leben hielt. Kein Licht und keine frische Luft, die meine ermüdeten Lungen füllen konnte. Noch immer kein anderes Geräusch, nur der dumpfe Hall meiner schwachen Schritte und des trockenen Hustens. Ich sackte zu Boden. Mein Körper krampfte. Ich zitterte. Kniend kämpfte ich um Halt, doch meine Kräfte waren aufgebraucht. Zu lang irrte ich in den Höhlen umher. Ich konnte nicht mehr klar denken. Meine Zunge klebte am trockenen Gaumen. Mein Oberkörper kippte nach vorn über und der Kopf schlug hart auf dem Boden auf. Die Wände gaben den dumpfen Aufschlag wieder. Mein Ende, dachte ich. Als ich meinen Oberkörper bewegte, durchstach mich ein unerträglicher Schmerz. Mit aller Verzweiflung krallte ich die Finger in den steinigen und sandigen Untergrund. Ich keuchte und biss die Zähne zusammen, schob mich vorwärts. Meine Finger waren fast taub. Mein Kopf dröhnte. Unter Tränen richtete ich mich auf und lehnte meinen Oberkörper an die Felswand. Die trockene Luft der Höhle erschwerte das Atmen. Ich hatte Durst, aber den letzten Tropfen Wasser aufgebraucht. Vor meinen Augen tanzten glitzernde Sterne auf und ab. Ich irrte etwa vier Tage in der Höhle umher. Am ersten Tag war ich gestürzt. Die Stirnlampe hatte es erwischt. Danach nutzte ich die LED-Lampe meines Handys. Aber der Akku reichte nur für einen halben Tag. Etwa eine dreiviertel Stunde nachdem die Taschenlampe erloschen war, hatten sich die Augen an die Umgebung gewöhnt. Aber da war nichts kein Licht, nur absolute Dunkelheit. Die Schmerzen waren unerträglich, doch die Verzweiflung wog schwerer. Ich hatte fest daran geglaubt, das Geheimnis zu lüften. Aber mein Professor hatte angekündigt, dass die Unternehmung eine Nummer zu groß für mich wäre. Er war sogar der Auffassung, dass mich mein detektivischer Spürsinn ins Grab bringen würde. Selbstverliebt folgte ich der Spur. Sie roch abenteuerlich. Mein Atem war schwach. Die stickige Luft und die Hitze machten mir zu schaffen. Die Lunge brannte. Bilder flimmerten unscheinbar vor meinen Augen. Ich hörte ein leises Geräusch und hob den Kopf Kratzgeräusche. Das ist unmöglich, dachte ich. Die Gänge lagen einige Meter unter der Oberfläche. Niemand konnte sich da durchgegraben haben. Das Geräusch verstummte und ich schlief vor Erschöpfung ein. Als ich aufwachte, hatten die Schmerzen ein wenig nachgelassen, aber der Durst brannte wie Feuer. Mit lautem Stöhnen kroch ich vorwärts. Ich traute mich nicht, aufzustehen. Mein Körper war zu schwach und mir war schwindelig. Ich wollte vermeiden, dass ich erneut stürzte. So verharrte ich einige Stunden. Schleppte mich immer wieder ein Stück vorwärts. Tastete im Dunkeln die Höhlenwände ab. Ich suchte nach einem Hinweis, der mir den Ausgang zeigen würde ohne Erfolg. So verging die Zeit. Die Luft war heiß, die Wände scharfkantig. Es blieb das Geräusch. Es war eine Art Kratzen oder leises Klopfen. Immer wieder rutschte ich ein Stück vorwärts, zog meinen müden Körper hinter mir her. Dann spürte ich, dass die Felswand am Boden feucht zu werden schien. Ich versuchte mich vollkommen auf dieses Gefühl zu konzentrieren. Immer wieder tastete ich die Stelle ab, an der ich Feuchtigkeit vermutete. Motiviert kroch ich weiter. Es wurde feuchter. Auf einmal stieg Kälte von den Fingerspitzen der linken Hand aufwärts. Jetzt ließ sich das Geräusch deutlich zuordnen. Es klang wie der Wasserhahn in meiner Wohnung. Er tropfte. Kleine Wassertropfen zersprangen am Boden des leeren Spülbeckens. Im Alltag ein dumpfes und nerviges Geräusch. In der Dunkelheit erkannte ich nichts. Seit zwei Tagen hatte ich nur die Trockenheit eingeatmet und getastet. Ich führte die Hand zum Mund. Meine Zähne knirschten vom nassen Sand. Es war Wasser. Aufgeregt tastete ich meine Umgebung ab. An der Wand spürte ich jetzt ein Rinnsal. Ich rutschte näher und ignorierte jeden Schmerz. Ich bildete zitternd eine hohle Hand. Das kalte Wasser kroch an der Handinnenseite hinauf. Mit höchster Gier führte ich das flüssige Gold an meinen Mund. Die Zeit kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis ich endlich das erfrischende Nass auf den trockenen Lippen spürte. Ich keuchte und mein gepresstes Lachen huschte durch die Gänge, dann tauchte ich die Zunge ein und spürte, wie das kühle Nass meinen Körper belebte. Nach einigen Schlucken nahm ich die leere und verstaubte Wasserflasche aus dem Rucksack. Ich hielt sie an die Felswand und wartete ungeduldig. Dann trank ich gierig und schüttete mir das Wasser über meinen schmerzenden Kopf. Wie benommen genoss ich dieses Gefühl. Ich lehnte mit einem befreienden Stöhnen den schmerzenden Rücken an die Wand. Das kalte Wasser durchtränkte im gleichen Augenblick das verschwitzte Hemd und betäubte für einen Moment die Schmerzen. Einige Zeit saß ich da und konnte endlich klare Gedanken fassen. Der Weg des Wassers ist des Rätsels Lösung, schoss es mir durch den Kopf. Mit etwas Glück floss es in die Freiheit. Ich ballte die Fäuste. Die Spur aus Wasser wies mir den Weg nach draußen. Raus aus diesen Höhlen. Ich folgte der Wasserfährte. Mein Knie war blutig. Ich bemerkte spitze Steine und scharfe Kanten erst, als ich mir die Hand an ihnen aufschnitt. Die Kälte des Bergwassers kühlte meinen Körper. Nur mit Mühe bewegte ich die steifen Glieder. Ich fror, doch die Freude über die Situation war grenzenlos. In einigen Metern Entfernung erkannte ich schemenhaft den Fels. Licht drang in den Tunnel! Ich versuchte aufzustehen. Der Untergrund war zu erkennen. In gebückter Haltung kam ich schneller voran. Nach kurzer Zeit sah ich in 50 Metern Entfernung ein helles, gleißendes Licht. Ich lief weiter. Der anfangs kleine Lichtfleck wurde schnell größer. Ich blinzelte in die Sonne. Das grelle Licht schmerzte. Ich richtete mich auf und schwankte aus dem Höhlenausgang. Entkräftet lehnte ich mich an einen Baum, der nur wenige Meter vor dem Eingang der Höhle schon an die hundert Jahre stehen mochte. Ich hatte es endlich geschafft. Minutenlang starrte ich auf die Berggruppen im Westen. In nördlicher Richtung erstreckte sich der große See, der an die Berghänge anschloss. An diesem See hatte ich vor einigen Tagen mein Nachtlager aufgeschlagen. Dort lag meine restliche Ausrüstung. Mit leichtem Gepäck hatte ich mich auf die Suche gemacht. Ich hatte nur einen kleinen Vorrat an Essen bei mir. Die felsige Landschaft ließ mich schnell dafür büßen. Ich war mir so sicher, unterschätzte aber die Gefahr und das Unbekannte. Dafür zahlte ich beinah mit meinem Leben. Bevor ich aufbrach, musste ich meine schmerzenden Gelenke zur Ruhe kommen lassen und die Wunden versorgen. Der Herweg hatte kn…
Autorentext
Andreas Neßlinger, Jahrgang 1978, studierte Literaturwissenschaft und Geschichte. Schwerpunkte lagen auf der Vergangenheitsbewältigung und den SS-Einsatzgruppen. Er forschte u.a. zu den Ordensburgen sowie der Wewelsburg als ideologischem Zentrum der SS. Neßlinger lebt und arbeitet in Berlin.
Leseprobe
Meine Schritte hallten durch die engen Gänge. Ich war getrieben von Angst. Wut, Verzweiflung und das Wissen über mein mögliches Versagen waren die Motivation, die mich am Leben hielt. Kein Licht und keine frische Luft, die meine ermüdeten Lungen füllen konnte. Noch immer kein anderes Geräusch, nur der dumpfe Hall meiner schwachen Schritte und des trockenen Hustens. Ich sackte zu Boden. Mein Körper krampfte. Ich zitterte. Kniend kämpfte ich um Halt, doch meine Kräfte waren aufgebraucht. Zu lang irrte ich in den Höhlen umher. Ich konnte nicht mehr klar denken. Meine Zunge klebte am trockenen Gaumen. Mein Oberkörper kippte nach vorn über und der Kopf schlug hart auf dem Boden auf. Die Wände gaben den dumpfen Aufschlag wieder. Mein Ende, dachte ich. Als ich meinen Oberkörper bewegte, durchstach mich ein unerträglicher Schmerz. Mit aller Verzweiflung krallte ich die Finger in den steinigen und sandigen Untergrund. Ich keuchte und biss die Zähne zusammen, schob mich vorwärts. Meine Finger waren fast taub. Mein Kopf dröhnte. Unter Tränen richtete ich mich auf und lehnte meinen Oberkörper an die Felswand. Die trockene Luft der Höhle erschwerte das Atmen. Ich hatte Durst, aber den letzten Tropfen Wasser aufgebraucht. Vor meinen Augen tanzten glitzernde Sterne auf und ab. Ich irrte etwa vier Tage in der Höhle umher. Am ersten Tag war ich gestürzt. Die Stirnlampe hatte es erwischt. Danach nutzte ich die LED-Lampe meines Handys. Aber der Akku reichte nur für einen halben Tag. Etwa eine dreiviertel Stunde nachdem die Taschenlampe erloschen war, hatten sich die Augen an die Umgebung gewöhnt. Aber da war nichts kein Licht, nur absolute Dunkelheit. Die Schmerzen waren unerträglich, doch die Verzweiflung wog schwerer. Ich hatte fest daran geglaubt, das Geheimnis zu lüften. Aber mein Professor hatte angekündigt, dass die Unternehmung eine Nummer zu groß für mich wäre. Er war sogar der Auffassung, dass mich mein detektivischer Spürsinn ins Grab bringen würde. Selbstverliebt folgte ich der Spur. Sie roch abenteuerlich. Mein Atem war schwach. Die stickige Luft und die Hitze machten mir zu schaffen. Die Lunge brannte. Bilder flimmerten unscheinbar vor meinen Augen. Ich hörte ein leises Geräusch und hob den Kopf Kratzgeräusche. Das ist unmöglich, dachte ich. Die Gänge lagen einige Meter unter der Oberfläche. Niemand konnte sich da durchgegraben haben. Das Geräusch verstummte und ich schlief vor Erschöpfung ein. Als ich aufwachte, hatten die Schmerzen ein wenig nachgelassen, aber der Durst brannte wie Feuer. Mit lautem Stöhnen kroch ich vorwärts. Ich traute mich nicht, aufzustehen. Mein Körper war zu schwach und mir war schwindelig. Ich wollte vermeiden, dass ich erneut stürzte. So verharrte ich einige Stunden. Schleppte mich immer wieder ein Stück vorwärts. Tastete im Dunkeln die Höhlenwände ab. Ich suchte nach einem Hinweis, der mir den Ausgang zeigen würde ohne Erfolg. So verging die Zeit. Die Luft war heiß, die Wände scharfkantig. Es blieb das Geräusch. Es war eine Art Kratzen oder leises Klopfen. Immer wieder rutschte ich ein Stück vorwärts, zog meinen müden Körper hinter mir her. Dann spürte ich, dass die Felswand am Boden feucht zu werden schien. Ich versuchte mich vollkommen auf dieses Gefühl zu konzentrieren. Immer wieder tastete ich die Stelle ab, an der ich Feuchtigkeit vermutete. Motiviert kroch ich weiter. Es wurde feuchter. Auf einmal stieg Kälte von den Fingerspitzen der linken Hand aufwärts. Jetzt ließ sich das Geräusch deutlich zuordnen. Es klang wie der Wasserhahn in meiner Wohnung. Er tropfte. Kleine Wassertropfen zersprangen am Boden des leeren Spülbeckens. Im Alltag ein dumpfes und nerviges Geräusch. In der Dunkelheit erkannte ich nichts. Seit zwei Tagen hatte ich nur die Trockenheit eingeatmet und getastet. Ich führte die Hand zum Mund. Meine Zähne knirschten vom nassen Sand. Es war Wasser. Aufgeregt tastete ich meine Umgebung ab. An der Wand spürte ich jetzt ein Rinnsal. Ich rutschte näher und ignorierte jeden Schmerz. Ich bildete zitternd eine hohle Hand. Das kalte Wasser kroch an der Handinnenseite hinauf. Mit höchster Gier führte ich das flüssige Gold an meinen Mund. Die Zeit kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis ich endlich das erfrischende Nass auf den trockenen Lippen spürte. Ich keuchte und mein gepresstes Lachen huschte durch die Gänge, dann tauchte ich die Zunge ein und spürte, wie das kühle Nass meinen Körper belebte. Nach einigen Schlucken nahm ich die leere und verstaubte Wasserflasche aus dem Rucksack. Ich hielt sie an die Felswand und wartete ungeduldig. Dann trank ich gierig und schüttete mir das Wasser über meinen schmerzenden Kopf. Wie benommen genoss ich dieses Gefühl. Ich lehnte mit einem befreienden Stöhnen den schmerzenden Rücken an die Wand. Das kalte Wasser durchtränkte im gleichen Augenblick das verschwitzte Hemd und betäubte für einen Moment die Schmerzen. Einige Zeit saß ich da und konnte endlich klare Gedanken fassen. Der Weg des Wassers ist des Rätsels Lösung, schoss es mir durch den Kopf. Mit etwas Glück floss es in die Freiheit. Ich ballte die Fäuste. Die Spur aus Wasser wies mir den Weg nach draußen. Raus aus diesen Höhlen. Ich folgte der Wasserfährte. Mein Knie war blutig. Ich bemerkte spitze Steine und scharfe Kanten erst, als ich mir die Hand an ihnen aufschnitt. Die Kälte des Bergwassers kühlte meinen Körper. Nur mit Mühe bewegte ich die steifen Glieder. Ich fror, doch die Freude über die Situation war grenzenlos. In einigen Metern Entfernung erkannte ich schemenhaft den Fels. Licht drang in den Tunnel! Ich versuchte aufzustehen. Der Untergrund war zu erkennen. In gebückter Haltung kam ich schneller voran. Nach kurzer Zeit sah ich in 50 Metern Entfernung ein helles, gleißendes Licht. Ich lief weiter. Der anfangs kleine Lichtfleck wurde schnell größer. Ich blinzelte in die Sonne. Das grelle Licht schmerzte. Ich richtete mich auf und schwankte aus dem Höhlenausgang. Entkräftet lehnte ich mich an einen Baum, der nur wenige Meter vor dem Eingang der Höhle schon an die hundert Jahre stehen mochte. Ich hatte es endlich geschafft. Minutenlang starrte ich auf die Berggruppen im Westen. In nördlicher Richtung erstreckte sich der große See, der an die Berghänge anschloss. An diesem See hatte ich vor einigen Tagen mein Nachtlager aufgeschlagen. Dort lag meine restliche Ausrüstung. Mit leichtem Gepäck hatte ich mich auf die Suche gemacht. Ich hatte nur einen kleinen Vorrat an Essen bei mir. Die felsige Landschaft ließ mich schnell dafür büßen. Ich war mir so sicher, unterschätzte aber die Gefahr und das Unbekannte. Dafür zahlte ich beinah mit meinem Leben. Bevor ich aufbrach, musste ich meine schmerzenden Gelenke zur Ruhe kommen lassen und die Wunden versorgen. Der Herweg hatte kn…
Titel
WahrheitsDiebe
Autor
EAN
9783000678653
Format
E-Book (epub)
Altersempfehlung
ab 12 Jahre
Hersteller
Veröffentlichung
08.05.2021
Digitaler Kopierschutz
frei
Anzahl Seiten
448
Lesemotiv
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