London, 1813: Die Wirren der Französischen Revolution haben die junge Céline nach England ins Exil getrieben. Nach einer kurzen, unglücklichen Ehe bleiben ihr eine Menge Geld und äußerst wertvolle Kontakte zur High Society. Doch wem gilt ihre wahre Loyalität? Den Franzosen oder den Briten? Das herauszufinden, ist die Aufgabe von Rees Phillips. Als Butler wird er in den Haushalt der jungen Witwe eingeschleust. Doch bald schon stellt er fest, dass die Dinge wesentlich komplizierter liegen als erwartet. Und das liegt nicht zuletzt an den Gefühlen, die Céline in ihm wachruft
Autorentext
Ruth Axtell wusste schon als Kind, dass sie Schriftstellerin werden wollte. Sie studierte Vergleichende Literaturwissenschaften und wohnte zeitweise in Paris, Miami, den Niederlanden und auf den Kanarischen Inseln. Heute lebt sie zusammen mit ihrem Mann und den drei Kindern in Maine.
Leseprobe
. Kapitel London, April 1813 Noch nie hatte Rees so viele Kostbarkeiten auf einmal gesehen. Perlenschnüre, goldene Ketten, mit Edelsteinen besetzte Tiaras und Armreifen jeglicher Art lagen auf ihren Satinstoffen. Die Schmuckschatulle der Countess of Wexham enthielt genügend Juwelen, um halb London ernähren zu können. Aber ihn interessierte nicht, welche Preise der Schmuck auf dem Markt erzielen würde. Er suchte etwas anderes. Etwas viel Wertvolleres und Belastenderes , wenn es überhaupt zu finden war. Informationen. Rees warf einen schnellen Blick über die Schulter schon den ganzen Abend lang bildete er sich ein, Schritte hinter sich zu hören , bevor er jedes Schmuckstück hochhob, um sich zu vergewissern, dass darunter nichts verborgen war. Dann legte er die Stücke sorgfältig wieder in die Schatulle und bemühte sich dabei, alles so zurückzulassen, wie er es vorgefunden hatte. Ihm war bewusst, wie die Sekunden verstrichen, aber noch immer war er nicht sicher, wonach er suchte. Er wusste nur, dass er es erkennen würde, wenn er es sah. Er ließ den Deckel leise zuklappen und verschloss die Schatulle wieder. Als Nächstes öffnete Rees mit seinem Dietrich die schmale Schublade im unteren Teil des Kastens und zog sie heraus. Reihenweise Ohrringe und Ringe, besetzt mit Amethysten, Topasen, Rubinen und Smaragden, funkelten ihn im Licht seiner Kerze an. Wieder ging er jeden Gegenstand durch und suchte in dem Satin darunter. Nichts Ungewöhnliches für eine Dame aus der modischen Welt der Londoner Gesellschaft. Rees schob die Schublade wieder zu und verschloss sie, während er tief durchatmete. Dann warf er einen Blick auf die Messinguhr neben der Schmuckschatulle. Zehn kostbare Minuten waren verstrichen, seit er das Ankleidezimmer der Countess betreten hatte. Davor hatte er bereits ihr Schlafzimmer durchsucht und nichts gefunden. Seiner Einschätzung nach hatte er noch mindestens eine Stunde Zeit, bevor sie oder ihre Zofe an diesem Abend zurückkam. Nachdenklich betrachtete er das Möbelstück, auf dem die Schmuckschatulle stand eine Mahagonikommode mit geschwungener Front und Schubladen, deren Messinggriffe die Form von Löwenköpfen hatten. Rees zwang sich, mit der unangenehmen Aufgabe weiterzumachen, in anderer Leute Privatangelegenheiten zu schnüffeln, und zog an den obersten beiden Griffen, um die erste Schublade zu öffnen. Stapelweise zu ordentlichen Quadraten gefaltete Taschentücher lagen darin, aus den verschiedensten Stoffen und in Nuancen von Schneeweiß bis Cremeweiß; von spitzenumrandetem feinstem Leinen bis zu schwerer Baumwolle mit einem Monogramm in der Ecke, so schlicht wie das Taschentuch eines Mannes. Das passte nicht recht zu der Besitzerin, einer Dame von äußerster Weiblichkeit. Rees sah jeden Stapel durch und tastete sie nach irgendwelchen Gegenständen ab, irgendetwas Verdächtigem sei es ein gefalteter Zettel, eine Papierrolle, etwas Zylindrisches, in das man ein Dokument schieben könnte. Der Duft von Mahagoni und Lavendel stieg ihm in die Nase. Seine Finger befühlten einige kleine Beutel mit Satinbändern. Auch diese untersuchte er einen nach dem anderen, ertastete mit den Fingerspitzen aber nur die kleinen Lavendelkügelchen. Danach fuhr er über den Schubladenboden, der mit Papier ausgeschlagen war, fühlte in jeder Ecke und schob eine Hand sogar unter das Papier, während er mit der anderen die Taschentücher festhielt. Dasselbe tat Rees in allen vier Ecken der Lade, links, vorne, hinten und rechts. Schließlich warf er noch einen prüfenden Blick hinein, um sich zu vergewissern, dass alles an seinem Platz war, bevor er die Schublade vorsichtig zurückschob. Wo würde er etwas verstecken, wenn er eine Dame wäre? Mit leicht zusammengekniffenen Augen sah er sich in dem anmutigen Ankleidezimmer um und betrachtete die Einrichtung zwei große Kleiderschränke an einer Wand, die Schubladenkommode, vor der er stand, ein Frisiertisch mit Spiegel und zwei bequeme Sessel rechts und links davon, ein weicher Teppich in Rosa- und Grüntönen, der einen Großteil des Bodens bedeckte. Ein schwacher Parfümduft hing in der Luft, nichts Schweres, sondern ein ganz leichter Hauch, der ihn an ein Dorf in Sussex im Hochsommer erinnerte, wenn die Hecken von Rosenblüten übersät waren, die ihren Duft entfalteten, wenn man sie berührte. Er wandte sich wieder der Kommode zu. Ihm blieb nichts anderes übrig, als systematisch alle Schubladen und jeden Gegenstand darin durchzusehen, so wie er es im Schlafzimmer gemacht hatte. Diesen Aspekt seiner Arbeit hasste er in den privaten Dingen einer Dame herumzuspionieren. Da zog er eine blutige Schlacht auf hoher See mit gekreuzten Schwertern an Deck einer Fregatte vor. Die tickende Uhr erinnerte Rees wieder daran, dass er sich besser an die Arbeit machen sollte, damit er nicht entlarvt wurde, bevor seine erste Arbeitswoche vorüber war. Also stählte er sich für die Aufgabe und zog die nächste Lade heraus. Zum Glück war alles in dem eleganten Stadthaus der Lady Wexham neu und gut gepflegt. Er brauchte keine klebrigen Schubkästen oder knarrenden Scharniere zu fürchten. Aus ihrem Dossier wusste er, dass die Countess erst vor drei Jahren hierhergezogen war, nachdem ihr Mann gestorben war. Verwirrt und etwas verlegen betrachtete er den Inhalt der Schublade. Seidene und leinene Unterwäsche. Gegen seinen Willen tauchte die Dame, der diese Dinge gehörten, vor seinem geistigen Auge auf. Eine schöne Frau mit dunklen Haaren und strahlenden Augen, eleganter und vornehmer als jede andere Frau, die Rees kannte. Und, bis auf Weiteres, seine Arbeitgeberin. Und höchstwahrscheinlich eine Spionin gegen Großbritannien. Seine Aufgabe war es, das herauszufinden. Rees starrte auf die spitzenbesetzten Hemdchen und Seidenstrümpfe, während er die Hände zu Fäusten ballte. Doch dann zwang er sich weiterzumachen. Er wusste, dass jede Minute kostbar war. Er musste seine Suche beenden, so zuwider sie ihm auch war, und das Zimmer verlassen, bevor jemand ihn zufällig sah. Rees konzentrierte sich auf seine Aufgabe und tauchte die Hände in die Schublade, um jeden Gegenstand zu untersuchen, so wie er es bei der vorigen Lade getan hatte. Wieder tastete er den Boden nach etwas ab, das unter dem Papier versteckt sein könnte. Als er die Schublade zur Hälfte durchsucht hatte und bei einem Stapel Korsettstangen und Schnürmieder angekommen war, hörte er, wie die Tür im Nebenzimmer sich mit einem Klicken öffnete. Er erstarrte, denn diesmal trog sein Gehör ihn nicht. Valentine, die Zofe der Countess, konnte es nicht sein. Er hatte gehört, wie sie dem Koch erzählt hatte, sie wolle ausgehen. Was Lady Wexham betraf, so kehrte sie nie vor Mitternacht zurück, und es war noch keine zehn Uhr. Aber das leise Geräusch, das die Schritte von eleganten Damenschuhen auf dem Fußboden verursachte, war untrüglich. Rees löschte seine Kerze, während sein Blick durch das Ankleidezimmer huschte und er sich einprägte, wo die Möbel standen, bevor der Raum ins Dunkel getaucht wurde. Seine einzige Hoffnung war einer der Kleiderschränke. Mit wenigen langen Schritten durchquerte er das Zimmer bis zu dem zwei…
Autorentext
Ruth Axtell wusste schon als Kind, dass sie Schriftstellerin werden wollte. Sie studierte Vergleichende Literaturwissenschaften und wohnte zeitweise in Paris, Miami, den Niederlanden und auf den Kanarischen Inseln. Heute lebt sie zusammen mit ihrem Mann und den drei Kindern in Maine.
Leseprobe
. Kapitel London, April 1813 Noch nie hatte Rees so viele Kostbarkeiten auf einmal gesehen. Perlenschnüre, goldene Ketten, mit Edelsteinen besetzte Tiaras und Armreifen jeglicher Art lagen auf ihren Satinstoffen. Die Schmuckschatulle der Countess of Wexham enthielt genügend Juwelen, um halb London ernähren zu können. Aber ihn interessierte nicht, welche Preise der Schmuck auf dem Markt erzielen würde. Er suchte etwas anderes. Etwas viel Wertvolleres und Belastenderes , wenn es überhaupt zu finden war. Informationen. Rees warf einen schnellen Blick über die Schulter schon den ganzen Abend lang bildete er sich ein, Schritte hinter sich zu hören , bevor er jedes Schmuckstück hochhob, um sich zu vergewissern, dass darunter nichts verborgen war. Dann legte er die Stücke sorgfältig wieder in die Schatulle und bemühte sich dabei, alles so zurückzulassen, wie er es vorgefunden hatte. Ihm war bewusst, wie die Sekunden verstrichen, aber noch immer war er nicht sicher, wonach er suchte. Er wusste nur, dass er es erkennen würde, wenn er es sah. Er ließ den Deckel leise zuklappen und verschloss die Schatulle wieder. Als Nächstes öffnete Rees mit seinem Dietrich die schmale Schublade im unteren Teil des Kastens und zog sie heraus. Reihenweise Ohrringe und Ringe, besetzt mit Amethysten, Topasen, Rubinen und Smaragden, funkelten ihn im Licht seiner Kerze an. Wieder ging er jeden Gegenstand durch und suchte in dem Satin darunter. Nichts Ungewöhnliches für eine Dame aus der modischen Welt der Londoner Gesellschaft. Rees schob die Schublade wieder zu und verschloss sie, während er tief durchatmete. Dann warf er einen Blick auf die Messinguhr neben der Schmuckschatulle. Zehn kostbare Minuten waren verstrichen, seit er das Ankleidezimmer der Countess betreten hatte. Davor hatte er bereits ihr Schlafzimmer durchsucht und nichts gefunden. Seiner Einschätzung nach hatte er noch mindestens eine Stunde Zeit, bevor sie oder ihre Zofe an diesem Abend zurückkam. Nachdenklich betrachtete er das Möbelstück, auf dem die Schmuckschatulle stand eine Mahagonikommode mit geschwungener Front und Schubladen, deren Messinggriffe die Form von Löwenköpfen hatten. Rees zwang sich, mit der unangenehmen Aufgabe weiterzumachen, in anderer Leute Privatangelegenheiten zu schnüffeln, und zog an den obersten beiden Griffen, um die erste Schublade zu öffnen. Stapelweise zu ordentlichen Quadraten gefaltete Taschentücher lagen darin, aus den verschiedensten Stoffen und in Nuancen von Schneeweiß bis Cremeweiß; von spitzenumrandetem feinstem Leinen bis zu schwerer Baumwolle mit einem Monogramm in der Ecke, so schlicht wie das Taschentuch eines Mannes. Das passte nicht recht zu der Besitzerin, einer Dame von äußerster Weiblichkeit. Rees sah jeden Stapel durch und tastete sie nach irgendwelchen Gegenständen ab, irgendetwas Verdächtigem sei es ein gefalteter Zettel, eine Papierrolle, etwas Zylindrisches, in das man ein Dokument schieben könnte. Der Duft von Mahagoni und Lavendel stieg ihm in die Nase. Seine Finger befühlten einige kleine Beutel mit Satinbändern. Auch diese untersuchte er einen nach dem anderen, ertastete mit den Fingerspitzen aber nur die kleinen Lavendelkügelchen. Danach fuhr er über den Schubladenboden, der mit Papier ausgeschlagen war, fühlte in jeder Ecke und schob eine Hand sogar unter das Papier, während er mit der anderen die Taschentücher festhielt. Dasselbe tat Rees in allen vier Ecken der Lade, links, vorne, hinten und rechts. Schließlich warf er noch einen prüfenden Blick hinein, um sich zu vergewissern, dass alles an seinem Platz war, bevor er die Schublade vorsichtig zurückschob. Wo würde er etwas verstecken, wenn er eine Dame wäre? Mit leicht zusammengekniffenen Augen sah er sich in dem anmutigen Ankleidezimmer um und betrachtete die Einrichtung zwei große Kleiderschränke an einer Wand, die Schubladenkommode, vor der er stand, ein Frisiertisch mit Spiegel und zwei bequeme Sessel rechts und links davon, ein weicher Teppich in Rosa- und Grüntönen, der einen Großteil des Bodens bedeckte. Ein schwacher Parfümduft hing in der Luft, nichts Schweres, sondern ein ganz leichter Hauch, der ihn an ein Dorf in Sussex im Hochsommer erinnerte, wenn die Hecken von Rosenblüten übersät waren, die ihren Duft entfalteten, wenn man sie berührte. Er wandte sich wieder der Kommode zu. Ihm blieb nichts anderes übrig, als systematisch alle Schubladen und jeden Gegenstand darin durchzusehen, so wie er es im Schlafzimmer gemacht hatte. Diesen Aspekt seiner Arbeit hasste er in den privaten Dingen einer Dame herumzuspionieren. Da zog er eine blutige Schlacht auf hoher See mit gekreuzten Schwertern an Deck einer Fregatte vor. Die tickende Uhr erinnerte Rees wieder daran, dass er sich besser an die Arbeit machen sollte, damit er nicht entlarvt wurde, bevor seine erste Arbeitswoche vorüber war. Also stählte er sich für die Aufgabe und zog die nächste Lade heraus. Zum Glück war alles in dem eleganten Stadthaus der Lady Wexham neu und gut gepflegt. Er brauchte keine klebrigen Schubkästen oder knarrenden Scharniere zu fürchten. Aus ihrem Dossier wusste er, dass die Countess erst vor drei Jahren hierhergezogen war, nachdem ihr Mann gestorben war. Verwirrt und etwas verlegen betrachtete er den Inhalt der Schublade. Seidene und leinene Unterwäsche. Gegen seinen Willen tauchte die Dame, der diese Dinge gehörten, vor seinem geistigen Auge auf. Eine schöne Frau mit dunklen Haaren und strahlenden Augen, eleganter und vornehmer als jede andere Frau, die Rees kannte. Und, bis auf Weiteres, seine Arbeitgeberin. Und höchstwahrscheinlich eine Spionin gegen Großbritannien. Seine Aufgabe war es, das herauszufinden. Rees starrte auf die spitzenbesetzten Hemdchen und Seidenstrümpfe, während er die Hände zu Fäusten ballte. Doch dann zwang er sich weiterzumachen. Er wusste, dass jede Minute kostbar war. Er musste seine Suche beenden, so zuwider sie ihm auch war, und das Zimmer verlassen, bevor jemand ihn zufällig sah. Rees konzentrierte sich auf seine Aufgabe und tauchte die Hände in die Schublade, um jeden Gegenstand zu untersuchen, so wie er es bei der vorigen Lade getan hatte. Wieder tastete er den Boden nach etwas ab, das unter dem Papier versteckt sein könnte. Als er die Schublade zur Hälfte durchsucht hatte und bei einem Stapel Korsettstangen und Schnürmieder angekommen war, hörte er, wie die Tür im Nebenzimmer sich mit einem Klicken öffnete. Er erstarrte, denn diesmal trog sein Gehör ihn nicht. Valentine, die Zofe der Countess, konnte es nicht sein. Er hatte gehört, wie sie dem Koch erzählt hatte, sie wolle ausgehen. Was Lady Wexham betraf, so kehrte sie nie vor Mitternacht zurück, und es war noch keine zehn Uhr. Aber das leise Geräusch, das die Schritte von eleganten Damenschuhen auf dem Fußboden verursachte, war untrüglich. Rees löschte seine Kerze, während sein Blick durch das Ankleidezimmer huschte und er sich einprägte, wo die Möbel standen, bevor der Raum ins Dunkel getaucht wurde. Seine einzige Hoffnung war einer der Kleiderschränke. Mit wenigen langen Schritten durchquerte er das Zimmer bis zu dem zwei…
Titel
Maskerade im Mondlicht
Autor
Übersetzer
EAN
9783868277364
Format
E-Book (epub)
Hersteller
Veröffentlichung
31.01.2018
Digitaler Kopierschutz
frei
Dateigrösse
0.93 MB
Anzahl Seiten
368
Auflage
Auflage
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