'Gott ist dreifaltig' - diese Aussage kann rätselhaft erscheinen. Wie kann es in einem Gott drei Personen geben? Wie können umgekehrt Vater, Sohn und Heiliger Geist ein Gott sein? Entspricht dieses Gottesbild den grundlegenden Aussagen der Bibel? Ist die Entstehung des dreifaltigen Gottesbildes politischen Ereignissen geschuldet? Wie deuten Mystikerinnen oder Mystiker die Dreifaltigkeit? Schließlich: Kann die Rede vom dreifaltigen Gott zeitgenössische Spiritualität inspirieren? Die Suche der Autoren nach möglichen Antworten mündet in einen Dialog, der zeigt: Gerade die Deutungsoffenheit des christlichen Bildes vom dreieinen Gott macht unseren Glauben weit und vertieft unsere Spiritualität. ? Vater, Sohn und Heiliger Geist sind ein Gott

Stefan Hofmann SJ, geboren 1978, Dr. theol., ist Ethiker und arbeitet derzeit als Lehrbeauftragter für theologische Ethik.

Gott ist dreifaltig diese Aussage kann rätselhaft erscheinen. Wie kann es in einem Gott drei Personen geben? Wie können umgekehrt Vater, Sohn und Heiliger Geist ein Gott sein? Entspricht dieses Gottesbild den grundlegenden Aussagen der Bibel? Ist die Entstehung des dreifaltigen Gottesbildes politischen Ereignissen geschuldet? Wie deuten Mystikerinnen oder Mystiker die Dreifaltigkeit? Schließlich: Kann die Rede vom dreifaltigen Gott zeitgenössische Spiritualität inspirieren? Die Suche der Autoren nach möglichen Antworten mündet in einen Dialog, der zeigt: Gerade die Deutungsoffenheit des christlichen Bildes vom dreieinen Gott macht unseren Glauben weit und vertieft unsere Spiritualität. Vater, Sohn und Heiliger Geist sind ein Gott

Autorentext

Stefan Hofmann SJ,
geboren 1978, Dr. theol., ist Ethiker und arbeitet derzeit als Lehrbeauftragter für theologische Ethik.



Leseprobe
I. Biblische Zeugnisse

»Trinität? Wofür soll das Wort stehen?« - so hätte eine überzeugte Christin vor 1800 Jahren vermutlich nachgefragt. Es mag überraschend klingen, aber die Rede von der Dreifaltigkeit hätte im 2. Jh. Stirnrunzeln hervorgerufen. Die Lehre von der Trinität bzw. der Dreieinigkeit nahm erst im Laufe des vierten Jahrhunderts Gestalt an. Die ersten Christinnen und Christen kannten sie nicht. Ist die Lehre von der Dreifaltigkeit also gar nichts ursprünglich Christliches? Eine solche Schlussfolgerung wäre übereilt. Es waren die Erfahrungen der frühen Christen und nicht zuletzt die biblischen Texte selbst, die jene spannenden Fragen aufwarfen, die zum trinitarischen Gottesbild der Christen führten.

Die mit dem Begriff der Trinität bezeichnete Wirklichkeit spielte eine zentrale Rolle für das Leben und das Selbstverständnis der ersten Christen: Obwohl diese Gläubigen nach allem, was wir wissen, vergleichsweise wenig Interesse an philosophischen Spekulationen hegten, waren Vater, Sohn und Heiliger Geist reale Bezugspunkte ihres Lebens und Betens. Bereits die Schriften des Ersten bzw. Alten Testamentes legten die Frage nahe, wie sie das Verhältnis von Gottes Weisheit, von Gottes Geist und Gott selbst am besten verstehen können. Die Kenntnis der historischen Fundamente des Glaubens ist oft sehr erhellend. Deshalb möchten wir den Glauben an den dreifaltigen Gott nicht ohne einen Blick auf die biblischen Quellen und die Geschichte diskutieren. Sie bieten auch heute noch anregende Einsichten.

Der Gott der Bibel ist ein Gott, der sein Volk auf seinem Weg durch die Zeit begleitet und sich auf diesem Weg immer neu zu erkennen gibt. Eine Besonderheit dieses Gottesverständnisses ist es, dass die ersten Phasen dieses gemeinsamen Weges für alle Zeit wertvoll und erhellend bleiben - etwa so wie ein älteres Paar mit Gewinn auf die ersten Jahre der gemeinsamen Beziehung zurückblickt und so die geschenkte Liebe wiederfinden und erneuern kann.

Gott im Alten Testament: erhaben und doch so nah?

Für das Volk Israel war Jahwe primär ein Gott, dessen Wirken das Volk in dem vielen Auf und Ab seiner Geschichte erlebt hatte und mit dem es rechnen konnte: Jahwe wurde erlebt und erinnert als der Gott, der das Volk aus Ägypten herausgeführt hatte (vgl. Ex 20,2), der seinen Namen zu erkennen gegeben hatte und sich als der gezeigt hatte, der da sein wird. Gott antwortete dem Mose auf dem Berg Horeb: »Ich bin der 'Ich-bin-da'.« (Ex 3,14). Das hebräische Tetragramm ____, das im Deutschen als »Jahwe« wiedergegeben wird, kommt vom Verb »hjh« (da sein, leben, existieren, wirksam werden). Martin Buber und Franz Rosenzweig verstanden den geoffenbarten Gottesnamen im Sinne einer Verheißung und übersetzten ihn deshalb als »Ich werde da sein, als der ich da sein werde«. Die Bundeslade, die das Volk mit sich trug, symbolisierte Jahwes bleibende Gegenwart bei seinem Volk, seine Schechinah (hebr. Wohnstatt, Einwohnung). Um der Ehrfurcht vor Gottes Namen und Gegenwart Ausdruck zu verleihen, wurde es bereits zur Zeit Jesu üblich, das Tetragramm nicht mehr auszusprechen. Heute noch ist im Judentum der Gebrauch des Ersatzwortes »Adonai« (mein Herr) verbreitet. Auch die Christinnen und Christen stehen in der Tradition dieser ersten Offenbarungen Gottes an sein Volk Israel. Es lohnt sich, sich in sie zu vertiefen. So, wie wir mit meditierendem Blick auf die eigene Biographie erkennen können, in welchen Lebensphasen oder Lebensstationen wir Gottes Gegenwart besonders erlebt haben, so kann sich auch die Meditation über Gottes Handeln an seinem Volk als fruchtbar erweisen. Als Christen dürfen wir uns selbst als Teil dieser Geschichte Gottes mit den Menschen sehen.

Die frühe Geschichte Israels ist auch in intellektueller Hinsicht anregend. Bereits hier zeichnen sich

Titel
Gott - dreifaltig einer
EAN
9783429065690
Format
E-Book (epub)
Hersteller
Herausgeber
Veröffentlichung
01.04.2022
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Anzahl Seiten
100
Größe
H19mm x B11mm
Features
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet
Lesemotiv