Der Sozialstaat befindet sich in einer Phase nachhaltiger Umbrüche. Dies ist mittlerweile Allgemeingut. Doch wie dieser Wandel, ja diese »Krise« näher zu bestimmen ist darüber herrscht alles andere als Klarheit. Die vorherrschenden Diskurse über die Demontage bzw. den »neoliberalen« Rückzug des Sozialstaats greifen zu kurz. Dieses Buch schlägt dagegen vor, den Wandel vom (ver-)sorgenden zum aktivierenden und investiven Sozialstaat als fundamentale Achsenverschiebung im Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft zu verstehen: als Neuerfindung des Sozialen. Es zeigt die Konturen einer »Aktivgesellschaft«, in der Mobilität, Flexibilität und Produktivität zu politischen Steuerungsformeln individuellen Selbstzwangs verkommen. Nicht länger das Wohlergehen der einzelnen Bürger steht im Vordergrund, sondern vielmehr die Wohlfahrt der »gesellschaftlichen Gemeinschaft«. Damit wird nicht weniger als das Grundversprechen der Moderne aufgegeben: ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Autorentext
Stephan Lessenich, geb. 1965, ist Professor für soziale Entwicklungen und Strukturen am Institut für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität München. Von 2013 bis 2017 war er Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Seine Forschungsschwerpunkte sind Politische Soziologie sozialer Ungleichheit, Wohlfahrtsstaatstheorie, Kapitalismusanalyse und Gesellschaftstransformation sowie die Soziologie des Alter(n)s.
Klappentext
The welfare state finds itself in a phase of sustained upheaval. That is already common knowledge. But how to define this transformation, this crisis, is clouded in obscurity. The prevailing discourses around the dismantling, or the »neoliberal« rolling back of the welfare state fall short of the mark. As a counter to this, this book proposes to understand the transformation from the welfare state that provides (for people) to the activating and investing welfare state, as a fundamental shift of axes in the relation between the individual and society: as a reinvention of the social. It traces the contours of an »active society«, in which mobility, flexibility and productivity degenerate into political formulae guiding individual self-constraint. No longer is the wellbeing of the individual citizen in the foreground, but rather the welfare of the »societal community«. With this, no less than the fundamental promise of modernity is abandoned: the promise of leading a self-determined life.