Dialog ist heute in aller Munde. Dialogpartner treten jedoch häufig mit unterschiedlichen oder gar gegenteiligen Vorstellungen und Erwartungen in den Dialog ein. Wo keine Einigkeit über das Verständnis von Dialog überhaupt besteht, sind keine brauchbaren Ergebnisse zu erwarten. Dies gilt verschärft, sobald theologische Wahrheitsansprüche im Dialog zur Sprache kommen. Hier offenbart sich die Notwendigkeit einer soliden Theologie des Dialogs. Die vorliegende Studie zeigt Linien in Philosophie und Theologie auf, die zu einem Verständnis von Dialog anregen, in dem Gott selbst zur Sprache kommt. Ausgehend von einer philosophisch aufgezeigten Intersubjektivität und einer dialogischen Hermeneutik Jesu Christi lassen sich Kriterien für ein Gelingen von Dialog gewinnen, die nicht ausschließlich von erzielten Ergebnissen abhängen, sondern von der Beziehung, die aus dem gemeinsamen Hören heraus entsteht.

Dr. Udo Stenz, Jahrgang 1969, studierte zunächst Jura und arbeitete als Rechtsreferent in einer Handwerkskammer, bevor er in München und Rom Theologie studierte. 2006 in Rom zum Priester geweiht, wurde er nach Promotionsstudium und Kaplansjahren im August 2012 Pfarrer in Ludwigshafen am Rhein.

Autorentext

Dr. Udo Stenz, Jahrgang 1969, studierte zunächst Jura und arbeitete als Rechtsreferent in einer Handwerkskammer, bevor er in München und Rom Theologie studierte. 2006 in Rom zum Priester geweiht, wurde er nach Promotionsstudium und Kaplansjahren im August 2012 Pfarrer in Ludwigshafen am Rhein.



Leseprobe
E I N L E I T U N G

Dialog ist heute in aller Munde

Diese Feststellung kann in einem wörtlichen und in einem übertragenen Sinn verstanden werden. Im wörtlichen Sinne bezeichnet sie die Tatsache, dass der Mensch stets in Kommunikationen lebt, die sehr häufig als Dialog bezeichnet werden. Am ehesten denkt man dabei an das Gespräch mit einem oder mehreren anderen Menschen, das unterschiedliche Grade von Alltäglichkeit, Verbindlichkeit und Ernsthaftigkeit haben kann. Es kommt entweder zu einem Konsens oder zu einem Dissens. Doch auch mit technischen Geräten führt man Dialoge, etwa bei der Bedienung von Computerprogrammen, die sich scheinbar immer wieder in Meldungen der Absichten des Anwenders vergewissern und ihn zu Eingaben oder Mausklicks bewegen. Mittlerweile sind Autowerkstätten dazu übergegangen, die Überprüfung von Fahrzeugen und die Fehlerdiagnose als Dialog zu bezeichnen. Sie werden mit Geräten durchgeführt, die einen Impuls an den Bordcomputer des Fahrzeugs senden, welcher darauf antwortet. Auf literarischem Gebiet steht Dialog für eine literarische Gattung. Eine nicht zu übersehende Zahl von Schriftstellern hat sich über die Jahrhunderte hinweg immer wieder einer verschriftlichten Gesprächsform bedient, um ihre Aussageabsichten darzulegen, indem sie sie anhand von Rede und Gegenrede erarbeitete. Dialog ist des Weiteren ein beliebtes rhetorisches Mittel, um in einer gegenüber einem Monolog lockereren und ansprechenderen Form Gedanken zu entwickeln. Dieser kurze Überblick zeigt, dass das Begriffsverständnis von Dialog sehr vielfältig ist: Dialog ist in aller Munde, jeder führt ihn. Das bedeutet nicht, dass jeder darunter dasselbe versteht oder dass die vielen Dialoge gleich aussehen.

Das große Spektrum, Dialog zu verstehen, fließt ein in die weitere Auslegung der eingangs erhobenen These, Dialog sei in aller Munde. Diese besteht in der Einsicht und der Forderung, dass Dialog stattfinden müsse. Der Mensch kann und darf sich dem Dialog nicht entziehen. Dialog zu führen, dialogisch zu leben: das sind Grundforderungen der Verhaltensweise, an denen niemand so leicht vorbeikommt. Dialogfähigkeit ist ein allenthalben als positiv anerkannter Charakterzug eines Menschen. Das gilt z. B. dann, wenn er Leitungsgewalt ausübt und anderen etwas zu sagen hat. Es geht dabei darum, den anderen zu Wort kommen zu lassen und ihn nicht einseitig zu befehligen. Dahinter steht offenkundig die Einsicht, dass der einzelne Mensch fast immer in mannigfaltigen und wechselseitigen Zusammenhängen steht, die er in unterschiedlichem Maß und Gewicht selbst prägt, die aber ihrerseits auch ihn prägen. Und dahinter steckt auch das Verlangen, dass Menschen einander in diesen Zusammenhängen ohne das begegnen, was im weiteren Sinne als Gewalt bezeichnet werden kann 1 . "Dialog" und das Adjektiv "dialogisch" kennzeichnen eine Kultur und eine Geisteshaltung, die die Gemeinschaft, die soziale Offenheit gegenüber einer individuellen Selbstgenügsamkeit hervorhebt.

Es liegt auf der Hand, dass die Forderung nach Dialog genau so vielfältig verstehbar ist, wie der Begriff selbst Bedeutungen hat. Diese Vielfalt zeigt einerseits eine positive Entwicklung an, die mit der zunehmenden Dialogisierung der Gesellschaft und Kultur einhergeht; andererseits bildet sie aber auch den Nährboden für Missverständnisse. Häufig redet man aneinander vorbei; dies ist ein aus dem Alltag hinlänglich bekanntes Grundproblem menschlicher Kommunikation und gilt auch für das Sprechen über das Sprechen, den Dialog. Bisweilen treten Konflikte auf. Soweit diese auf Missverständnissen beruhen, würde ihnen ein gutes Stüc
Titel
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Untertitel
Anregungen für eine Theologie des Dialogs
EAN
9783429047030
ISBN
978-3-429-04703-0
Format
E-Book (pdf)
Hersteller
Herausgeber
Veröffentlichung
26.06.2013
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Anzahl Seiten
290
Jahr
2013
Untertitel
Deutsch
Lesemotiv