Wir sind so gern in der Natur, weil diese keine Meinung über uns hat. (Friedrich Nietzsche) Natur ist für mich, wenn die Vögel singen, die Sonne scheint, und wenn es ab und zu auch mal regnet, wenn man baden gehen kann, die Bäume schön blühen, wenn überall Nester drauf sind - das stell' ich mir unter Natur eigentlich vor. (Stefan, 7 Jahre) Angesichts der ökologischen Situation und der öffentlichen Diskussion darüber ist es keine Frage mehr, daß der Mensch als Teil der Natur unmittelbar im materiellen, biologisch-ökologischen Sinn mit dem Zustand der Natur verknüpft ist und daß die Zerstörung der Natur auch die konkreten materiellen Lebensbe dingungen der Menschen einschränkt und gefahrdet. Luftverschmutzung, Wasser zustand, Waldsterben, Gifte in Nahrungsmitteln sind hierfür nur Stichwörter. Gerade Kinder leiden daran im auch medizinischen Sinne in besonderer Weise (vgl. Dost 1983,1987, Kramer 1987, Petri 1992, Sternglass/BellI986). Darum geht es in diesem Buch nicht. Es geht vielmehr um die psychische Seite dieses grundlegenden ökologischen Zusammenhangs, und zwar, wie er sich in der Entwicklung von Kindern darstellt. Schon der Naturforscher Alexander von Humboldt wollte "nicht bei den äußeren Erscheinungen allein verweilen", sondern hatte die Vorstellung, die Natur auch in der Weise zu erforschen, "wie sie sich im Inneren der Menschen abspiegelt" (Humboldt, 0. J. ). Daß äußere Natur psychisch wirksam ist, ist nur auf den ersten Blick eine triviale Aussage.

Autorentext

PD Dr. Ulrich Gebhard ist Hochschuldozent an der Universität Hannover, Fachbereich Erziehungswissenschaften, sowie Analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut.



Klappentext

Angesichts der globalen ökologischen Krise kann nicht mehr in Frage gestellt werden, daß der Mensch als Teil der Natur im materiellen, biologisch-ökologischen Sinn an den Zustand der Natur gebunden ist. In diesem Band geht es um die psychische Seite dieses grundlegenden ökologischen Zusammenhangs und wie er sich auf die Entwicklung von Kindern auswirkt. Von zentraler Wichtigkeit ist die Frage, welche Bedeutung "Natur" im Leben und Erleben von Kindern bis etwa zur Pubertät hat. Hierzu werden theoretische Annahmen - vor allem der Psychoanalyse -, Befunde, Beobachtungen und Befragungsergebnisse ausgewertet, und es wird diskutiert, wie die äußere Natur die psychische Entwicklung beeinflußt und wie ein entsprechender Mangel ("unwirtliche Städte", Umweltzerstörung) sich auswirkt.



Inhalt
1 Einleitung.- 2 Die psychische Bedeutung der nichtmenschlichen Umwelt.- 2.1 Das dreidimensionale Persönlichkeitsmodell der Ökologischen Psychologie als Bezugsrahmen.- 2.2 Psychoanalytische Überlegungen zur Bedeutung der nichtmenschlichen Umwelt.- 2.3 Statt einer Zusammenfassung: Zur Entsprechung von innerer und äußerer Natur.- 3 Die Beseelung der Natur.- 3.1 Johann, der Spitzwegerich.- 3.2 Animistisches und anthropomorphes Denken bei Kindern.- 3.3 Abbau der animistischen Denkhaltung durch Erziehung und Schule.- 3.4 Psychoanalytische Betrachtungen: Primärer Narzißmus und Naturbeseelung.- 3.5 Gedanken zum bewußten Umgang mit Anthropomorphismen.- 4 Zur Funktion von Naturerfahrungen in der Kindheit.- 4.1 Brauchen Kinder Natur?.- 4.2 Aspekte des Naturbegriffs.- 4.3 Beobachtungen und Befunde zu Naturerfahrungen in der Kindheit.- 4.4 Angst vor und in der Natur.- 4.5 Brache als Spiel- und Erlebnisraum für Kinder.- 4.6 Zum Zusammenhang von Natur- und Sozialerfahrungen.- 5 Anthropologische und evolutionsbiologische Überlegungen zur Notwendigkeit von Naturerfahrungen.- 6 Kinder und Tiere.- 6.1 Die emotionale Bedeutung von Tieren.- 6.2 Empirische Hinweise.- 6.3 Welche Tiere werden von Kindern besonders geschätzt?.- 6.4 Die besondere Beziehung von Mädchen zu Pferden.- 6.5 Welchen Begriff haben Kinder vom Tier?.- 6.6 Tierquälerei.- 6.7 Therapie mit Tieren.- 6.8 Zum Problem der Anthropomorphisierung von Tieren.- 7 Angst und Ekel vor Tieren.- 7.1 Bei welchen Tieren verspüren Kinder Angst und Ekel?.- 7.2 Angeborene Dispositionen für Angst vor Tieren.- 7.3 Psychoanalytische Erklärungsansätze.- 7.4 Bemerkungen zum Ekel.- 7.5 Zum pädagogischen Umgang mit Angst und Ekel.- 8 Kinder und Pflanzen.- 8.1 Das Interesse von Kindern an Pflanzen.- 8.2 Zur Lebendigkeitvon Pflanzen in der kindlichen Vorstellung.- 8.3 Zur emotionalen Bedeutung von Pflanzen.- 8.4 Anthropomorphes Verständnis von Pflanzen.- 9 Exkurs: Kind und Tod.- 9.1 Tod, Verdrängung und lebendige Natur.- 9.2 Zur Unterscheidung von tot und lebendig.- 9.3 Das kindliche Todesverständnis.- 9.4 Angst vor dem Tod.- 9.5 Formen kindlicher Trauer.- 9.6 Zum pädagogischen Umgang mit dem Thema Tod und Sterben.- 10 Zur Wahrnehmung und psychischen Verarbeitung der Umweltzerstörung bei Kindern.- 10.1 Empirische Hinweise zur Wahrnehmung der Umweltzerstörung bei Kindern.- 10.2 Kinder und Umweltzerstörung vorläufige Betrachtungen.- Literatur.
Titel
Kind und Natur
Untertitel
Die Bedeutung der Natur für die psychische Entwicklung
EAN
9783322996787
Format
E-Book (pdf)
Veröffentlichung
13.03.2013
Digitaler Kopierschutz
Wasserzeichen
Anzahl Seiten
345
Lesemotiv