Russische Revolutionäre sprachen ungewöhnlich oft von »Märtyrern der Revolution«, der »heiligen Sache«, dem kommenden »Reich des Sozialismus« oder gar dem »Allerheiligsten des Terrors«. Auch in ihren Praktiken übernahmen sie ungeachtet ihrer mehrheitlich atheistischen Ausrichtung oftmals bewusst Elemente religiöser Ethiken. Diese Arbeit, die der kulturgeschichtlichen Revolutions- und Terrorismusforschung zugeordnet werden kann, untersucht die religiöse Imprägnierung der Selbstzeugnisse und Praktiken der Revolutionäre und bietet damit einem Beitrag zum besseren Verständnis ihres Denkens und Handelns. Im Zentrum steht die Untersuchung des Verhältnisses von Autonomie- und Authentizitätsvorstellungen und säkularisierten Heilserwartungen. Auf dieser Grundlage wird die Frage nach dem Gewaltpotenzial der Bewegung und der Langlebigkeit ihrer Moralvorstellungen beantwortet. Darüber hinaus werden die Zusammenhänge zwischen dem sogenannten »revolutionärem« und »sowjetischem Selbst« diskutiert.



Autorentext

Dr. Vitalij Fastovskij ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte.



Klappentext

Die kulturgeschichtlich angelegte Studie untersucht anhand der Selbstzeugnisse russländischer Revolutionäre die Geschichte des Terrorismus im Russländischen Reich. Die Arbeit geht von aktuellen Fachdiskussionen zur Genese des Terrorismus und zur Subjektivität im langen 19. Jahrhundert aus. Sie zeigt, wie das moderne Ideal der Selbstbestimmung im Kontext systematischer staatlicher Bevormundung ein terroristisches Gewaltpotenzial generieren konnte. Vor allem aber verdeutlicht sie, wie die spezifischen Selbstverwirklichungspostulate der Revolutionäre in einer hochselektiven Verbindung mit religiösen Konzepten zum Selbsterhalt der terroristischen Bewegung beigetragen haben. Ferner beleuchtet die Arbeit das Nachwirken der revolutionären Ideale von Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung im Stalinismus.

Titel
Terrorismus und das moderne Selbst
Untertitel
Religiöse Semantiken revolutionärer Gewalt im späten Zarenreich (1860-1917)
EAN
9783647370590
Format
E-Book (pdf)
Veröffentlichung
01.10.2018
Digitaler Kopierschutz
frei
Dateigrösse
6.95 MB
Anzahl Seiten
318