Die Adipositas ist ein gravierendes Gesundheitsproblem, das nicht nur die entwickelten Lnder wie Deutschland, sondern neuerdings auch viele Entwicklungslnder angeht. Bei den Erwachsenen hat sie bereits epidemischen Charakter angenommen (WORLD HEALTH ORGANIZATION 2000, JAMES et al. 2001) und wird daher seitens der WHO als eine besonders starke, globale Bedrohung fr die menschliche Gesundheit eingeschtzt. Zur Klassifikation von bergewicht und Adipositas wird gewhnlich der Krpermasse-Index (Body-Mass-Index, BMI) verwendet, da er der beste, international bewhrte, indirekte Indikator fr die Gesamtkrperfettmasse ist. Der BMI errechnet sich aus der Formel: Krpergewicht (in kg) dividiert durch das Quadrat der Krperhhe (in cm); folglich ist seine Einheit kg/m. In bereinstimmung mit den Empfehlungen der WORLD HEALTH ORGANIZATION (2000) lassen sich bei Erwachsenen fnf BMI-Kategorien (Angaben in kg/m) wie folgt unterscheiden: - Untergewicht: BMI < 18,5 - Normalgewicht: 18,5 = BMI < 25 - bergewicht: 25 = BMI < 30 - Adipositas: = 30 BMI < 40 - Extreme Adipositas: BMI = 40 Bei Kindern und Jugendlichen kann die Klassifikation mithilfe geschlechtsspezifischer Altersperzentilen fr den BMI (KROMEYER-HAUSCHILD et al. 2001, WABITSCH UND KUNZE 2001/2006) erfolgen. Neuerdings hat sich gezeigt, dass der Taillenumfang und das Taillen-Hft-Verhltnis ntzliche Alternativen des BMI zur Bestimmung der Adipositas, speziell der vorwiegend abdominalen (viszeralen) Adipositas sind (KESSNER 2005, DEUTSCHE ADIPOSITAS-GESELLSCHAFT (DAG) u.a. 2006, BALKAU et al. 2007, SUN et al. 2008). In den vergangenen Jahrzehnten, vornehmlich seit Mitte der 80er-Jahre stieg die Prvalenz der Adipositas in Europa und weltweit stark an (EHRSAM et al. 2004, HELMERT UND STRUBE 2004, LOBSTEIN et al. 2005), insbesondere in den USA (FLEGAL et al. 1998, 2002, MOKDAD et al. 1999, OGDEN et al. 2006). Bereits bei Kindern und Jugendlichen setzte ein ansteigender Trend ein (KROMEYER-HAUSCHILD et al. 1999, EBBELING et al. 2002, KALIES et al. 2002, KOLETZKO et al. 2002, OGDEN et al. 2002, WANG et al. 2002, FRYE UND HEINRICH 2003, LISSAU et al. 2004). Aus den Untersuchungen von OGDEN et al. (2006), denen Daten des National Health and Nutrition Examination Surveys (NHANES) der USA der Jahre 2003 – 2004 zugrunde lagen, ging hervor, dass 32,2% der Erwachsenen im Alter ab 20 Jahre adips (BMI = 30 kg/m) waren. 17,1% der 2 – 19 Jahre alten Kinder und Jugendlichen waren bergewichtig (= 95. Perzentile des geschlechts- und altersspezifischen BMI). Gegenber den Jahren 1999 – 2000 (FLEGAL et al. 2002) stieg die Prvalenz des bergewichts signifikant von 13,8% auf 16,0% bei den weiblichen und von 14,0% auf 18,2% bei den mnnlichen Kindern und Jugendlichen an. Bei den Mnnern nahm die Prvalenz der Adipositas im gleichen Zeitraum signifikant von 27,5% auf 31,1% zu, wohingegen sie bei den Frauen nicht weiter anstieg (1999 – 2000: 33,4%; 2003 – 2004: 33,2%). Die Prvalenz der extrem ausgeprgten Adipositas (BMI = 40 kg/m) betrug in den Jahren 2003 – 2004 bei den Frauen 6,9% und bei den Mnnern 2,8%. Gem HEALTH SURVEY FOR ENGLAND 2004 (2005) ergab sich zwischen 1993 und 2004 eine stetige Zunahme der Adipositasprvalenz von 16,4% auf 23,8% bei den Frauen und von 13,2% auf 23,6% bei den Mnnern. In Deutschland sind derzeit etwa 50% der Frauen und 70% der Mnner bergewichtig oder adips (MENSINK et al. 2005), die Kinder je nach Alter und Region immerhin schon zu 20% – 33% (MLLER et al. 2006). Die Adipositas stellt eine der zentralen Herausforderungen der modernen Medizin dar (HEBEBRAND et al. 2004). Dies gilt namentlich fr die Geburtsmedizin; denn die ansteigende Prvalenz des bergewichts und der Adipositas betrifft auch die Frauen im gebrfhigen Alter. In den USA verdreifachte sich die Adipositasprvalenz bei den Frauen im Alter von 20 – 39 Jahre von 9% in den Jahren 1960 – 1962 auf 28% in den Jahren 1999 – 2000 (FLEGAL et al. 2002). Nach einer auf 36.821 Schwangeren basierenden britischen Studie (HESLEHURST et al. 2007) erhhte sich im Zeitraum von 1990 – 2004 der Anteil der Frauen mit Adipositas zu Beginn der Schwangerschaft signifikant (p < 0,01) von 9,9% auf 16,0% und wird bei anhaltendem Trend im Jahre 2010 auf 22% anwachsen. ber einen hnlichen ansteigenden Trend fr die Prvalenz der maternalen Adipositas wurde neben den USA aus europischen Lndern und Kanada berichtet (CNATTINGIUS et al. 1998, LU et al. 2001, SURKAN et al. 2004, KANAGALINGAM et al. 2005, YEH UND SHELTON 2005, RAATIKAINEN et al. 2006). Die schwangerschaftsassoziierte Adipositas steigert maternale und fetale/neonatale Risiken fr Morbiditt und Mortalitt (GROSS et al. 1980, CASTRO UND AVINA 2002, DIETL 2005, CATALANO UND EHRENBERG 2006, YU et al. 2006). Neben thromboembolischen, respiratorischen und infektisen Komplikationen werden vornehmlich die schwangerschaftsinduzierte Hypertonie (SIH), die Preklampsie/Eklampsie und der Schwangerschaftsdiabetes (GDM), die Kaiserschnittrate, neonatale Anpassungsstrungen, angeborene Fehlbildungen, die Frhgeburtlichkeit und die fetale/neonatale Makrosomie sowie die Totgeburtenrate durch die Adipositas begnstigt bzw. erhht. Darber hinaus ist mit Folgeerkrankungen (chronische Hypertonie, Typ-2-Diabetes, metabolisches Syndrom mit konsekutiven kardio- und zerebrovaskulren Erkrankungen) zu rechnen, die wiederum nachfolgende Schwangerschaften belasten. KUNZE (2008) und VOIGT et al. (2008) waren in Untersuchungen, die auf der Grundlage von Perinataldaten der Jahre 1998 – 2000 aus 8 deutschen Bundeslndern erfolgten, zunchst der Frage nachgegangen, inwiefern es Beziehungen zwischen dem maternalen bergewicht bzw. der Adipositas zu Beginn der Schwangerschaft und schwangerschaftsassoziierten maternalen Erkrankungen gibt. Dabei erwies sich ein hoher BMI als relevanter Risikofaktor fr bestimmte prkonzeptionelle Krankheiten (chronische Hypertonie, Diabetes mellitus) und schwangerschaftsspezifische maternale Erkrankungen (SIH, Preklampsie/Eklampsie, GDM) sowie deren charakteristische Symptome (Hypertonie als Symptom, pathologische Proteinurie und mittelgradige bis schwere deme). Die vorliegende Arbeit hat das Ziel zu klren, ob und inwieweit statistisch gesicherte Zusammenhnge zwischen einer zu Beginn der Schwangerschaft vorliegenden Adipositas (= 30,00 kg/m) und Risiken fr die werdende Mutter und das sich in utero entwickelnde Kind bestehen. Dabei ist auch zu prfen, in welchem Mae sich die maternale Adipositas auf die somatische Neugeborenenklassifikation auswirkt. Darber hinaus ist mithilfe einer zustzlichen Kategorisierung des BMI zu ergrnden, ob die maternalen und fetalen/neonatalen Risiken der Adipositas mit steigendem BMI zunehmen. Weiterhin gilt es abzuschtzen, ob potenzielle maternale Einflussgren fr den BMI, wie Gebralter, Paritt, Ttigkeit (Sozialstatus), Rauchverhalten und Gewichtszunahme in der Schwangerschaft, die Adipositas und damit auch deren Risiken verstrken knnen. Mit einer maternalen Adipositas verbundene Geburtsrisiken sind Gegenstand von detaillierten Untersuchungen im Rahmen einer anderen Arbeit. Fr die retrospektive Studie steht ein ca. 500.000 Schwangere mit einer Einlingsgeburt umfassendes Datengut zur Verfgung, das sich von der in den Jahren 1998 – 2000 durchgefhrten deutschen Perinatalerhebung ableitet.

Titel
Adipositas und Schwangerschaft
Untertitel
Mütterliche und kindliche Risiken
EAN
9783736933200
ISBN
978-3-7369-3320-0
Format
E-Book (pdf)
Herausgeber
Veröffentlichung
27.04.2010
Digitaler Kopierschutz
frei
Dateigrösse
0.62 MB
Anzahl Seiten
92
Jahr
2010
Untertitel
Deutsch